Das Wunder Frank Williams: Wie ihn die Formel 1 am Leben hält
"Rollstuhl-General" Frank Williams kommt auch mit 71 nicht von der Formel 1 los: Was sein letzter Wunsch ist, wie er die Rennen erlebt und vor wem er den Hut zieht
(Motorsport-Total.com) - Frank Williams ist 71 Jahre alt. Seit einem Autounfall 1986, bei dem der fünfte und der sechste Nackenwirbel brachen, ist der Brite querschnittgelähmt und an den Rollstuhl gefesselt. Er kann seine Arme nur noch über die Schultern bewegen, benötigt rund um die Uhr Betreuung. Dennoch hat er es geschafft, sein Team danach mit eisernem Willen zu großen Erfolgen in der Formel 1 zu führen: In den 1990er-Jahren war das Team aus Grove die treibende Kraft in der Königsklasse des Motorsports.
© Williams
Trotz seiner Behinderung ist Williams die Leidenschaft für die Formel 1 anzusehen Zoom Download
Seit dem Ausstieg von BMW vor etwas weniger als einem Jahrzehnt muss Williams zusehen, wie sein Rennstall immer weiter zurückfällt. Doch der Brite kämpft gegen das Schicksal an, leitet auch im pensionsreifen Alter immer noch die Geschicke seines Teams. Unterstützung erhält er von seiner Tochter Claire Williams, die sich als stellvertretende Teamchefin um die wirtschaftliche Seite kümmert.
Im Vorjahr sah es so aus, als hätte Williams die Kurve gekriegt - mit Pastor Maldonado feierte man einen sensationellen Sieg in Barcelona. Doch dieses Jahr ist das Team wieder in die Niederungen des Starterfelds zurückgekehrt - derzeit hat man nur einen WM-Punkt auf dem Konto, die erfolgloseste Saison in der Teamgeschichte droht.
Williams' letzter Wunsch
Williams gibt aber nicht auf, kämpft wie ein Löwe darum, das Team vor seinem Tod auf sichere Beine zu stellen. Er will etwas wiederholen, was ihm Ende der 1970er-Jahre gelungen ist: mit Hilfe von Geldgebern aus dem Nahen Osten für ein erfolgsversprechendes Fundament zu sorgen und eine neue Erfolgsära einzuleiten. "Mein letzter großer Wunsch ist es, unsere Partnerschaft mit Katar zu einem Abschluss zu bringen", bestätigt der "Rollstuhlgeneral" gegenüber 'auto motor und sport'.
Was Williams seine "kleine Filiale" nennt, ist in Wahrheit ein Technikzentrum in Doha, der Hauptstadt des arabischen Emirats Katar, das neben dem Formel-1-Team und Williams Hybrid Power (WHP) im britischen Grove eines von drei Standbeinen des Rennstalls ist. "Es ist nicht unsere Lebensader, aber es ist wichtig. Es ist das dritte Bein eines Barhockers. Auf zwei sitzt es sich schlechter", sagt er.
Warum Williams einige Überseerennen auslassen muss
Das Geld, das man in Katar einnimmt, fließt direkt in das Formel-1-Team. Sein Plan: das Interesse reicher Araber zu wecken, die dann in den Standort Doha investieren und dem Rennstall langfristig zu Wohlstand zu verhelfen. Für viele grenzt es ohnehin an ein Wunder, mit wie viel Herzblut Williams trotz seiner Behinderung für sein Team kämpft, sich völlig dafür aufopfert, nur um noch einmal mitzuerleben, dass seine Firma längerfristig auf die Siegerstraße zurückkehrt. Seit 27 Jahren geht er auf bewundernswerte Art und Weise mit seiner Behinderung um.
Williams nimmt es mit Humor: "Ich hätte mir eben nicht den Hals brechen dürfen. Mein alter Partner Patrick Head hat mich immer mit dem Spruch aufgezogen: Du hättest besser korrigieren sollen, als das Auto damals übersteuert hat." Selbst wenn Williams nicht vor Ort ist, wird er von seinem Team über die Geschehnisse an der Strecke detailliert auf dem Laufenden gehalten. " Wenn mein Vater nicht da ist, telefoniere ich jeden Tag mit ihm", sagt Claire Williams gegenüber 'auto motor und sport'. "Das tun aber unser Teammanager Dickie Stanford, unser Technikchef oder die Fahrer auch."
Firma hält Williams am Leben
Am Rennwochenende ist Williams in der Fabrik und verfolgt das Geschehen: "Ich sitze mit den Ingenieuren im so genannten Communications-Room und habe alle Daten aus der Boxengarage und dem Technik-Truck zur Verfügung. Ich kann auch beim Debrief zuhören, so als wäre ich an der Strecke."
Williams selbst kennt nur einen: "Es gibt da einen Schweizer, dem ist das gleiche zwei oder drei Jahre vor mir passiert. Er hat vielleicht ein Prozent mehr Beweglichkeit als ich. Und er lebt immer noch. Ein toller Bursche. Der Typ hat nach seinem Unfall eine Firma gegründet. Eine Firma, die Rollstühle herstellt. Noch im Krankenhaus hat er gesagt: Ich kann bessere Rollstühle bauen als dieser Mist, den wir hier im Krankenhaus haben. Da ziehe ich meinen Hut vor. Er hat sein Geschäft trotz der Behinderung von null aufgebaut."