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Jonathan Wheatley: Sauber-Teamchef hätte auch Ingenieur werden können
Jonathan Wheatley hat seine Rolle als Teamchef bei Sauber aufgenommen und gibt einen Einblick in seine ersten Tage - Brite möchte auch Deutsch lernen
(Motorsport-Total.com) - Der Japan-Grand-Prix war für Jonathan Wheatley ein ganz besonderer, denn es war sein erster Grand Prix als Teamchef eines Formel-1-Teams. Der 57-Jährige hatte seine neue Rolle bei Sauber am 1. April aufgenommen - also gerade einmal drei Tage vor Beginn der ersten Session in Suzuka.
"Ich hatte nicht wirklich die Gelegenheit, mich direkt vollständig einzuarbeiten", sagt der Brite, dem hektische Tage bevorstehen. Denn Wheatleys Einstand bei den Schweizern geht gleich einmal mit einem Tripleheader los. Doch gerade so kann er die Zeit mit dem Team intensiv begleiten und gleich tief in das Geschehen eintauchen.
"Gerade bei so einer Abfolge von Rennen erkennt man, wie ein Team arbeitet, wie es auf Unfälle reagiert, wie es mit Erschöpfung umgeht. Am Ende dieser Phase bekommt man ein gutes Bild davon, wie das Team funktioniert", so Wheatley.
Aktuell versucht er aber noch keine voreiligen Schlüsse zu ziehen: "Ich mache viele Notizen - sehr viel Tinte auf Papier - und versuche, diese in ein System zu bringen", erklärt er.
"Was ich bisher sagen kann: Ich bin sehr ermutigt durch die Offenheit, die Lernbereitschaft und die positive Energie im Team. Am Ende ist das ein People-Business. Ohne diese kreative Energie, ohne diesen Antrieb, kommst du nicht weiter."
Bei Sauber "am richtigen Ort"
Bei Sauber erlebt Wheatley derzeit einen frischen Start, nachdem er zuvor 19 Jahre bei Red Bull gearbeitet hatte und dort zuletzt die Rolle als Sportchef ausgeführt hatte. Er selbst sagt, dass er "energiegeladen" ist und mit Aufregung in seine neue Aufgabe geht, die auch den Übergang von Sauber zum Audi-Werksteam vorsieht.
"Ich habe das Gefühl, absolut am richtigen Ort zu sein", betont er. "Meine Familie und ich sind in die Schweiz gezogen, dieses großartige Land, durch das ich zwar schon oft gefahren bin, in dem ich aber nie länger geblieben bin. Und ehrlich gesagt: Wir bauen uns dort ein Zuhause auf, und ich fühle mich bei Sauber sehr heimisch."
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Für Wheatley ist das aber auch ein kleiner Kulturschock, denn er kommt aus einem Topteam aus dem britischen Motorsportvalley und ist nun bei einem Rennteam gelandet, das seit 30 Jahren isoliert aus der Schweiz heraus operiert und bald zu einem deutschen Werksrennstall werden soll.
Doch das stört den 57-Jährigen überhaupt nicht. Im Gegenteil: "Es ist Teil der Herausforderung - aber auch Teil des Reizes und der Begeisterung, die ich für diese neue Rolle empfinde."
Deutsch lernen als Teil der Sauber-Erfahrung
Wheatley möchte auch versuchen, Deutsch zu lernen, auch wenn er betont, dass er in nächster Zeit lieber nicht damit getestet werden möchte. Auch das sei Teil seiner Rolle - aber: "Ich sehe derzeit keine Probleme in Sachen Sprache oder im Umgang miteinander. Im Team herrscht eine große Offenheit zum Lernen", sagt er.
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"Das Team ist klein und befindet sich in einer Übergangsphase hin zu einem vollwertigen Formel-1-Werksteam. Es gibt unzählige Projekte, die wir richtig aufsetzen müssen", betont er.
Und eines davon sei, die Menschen zusammenzubringen. "Als Team müssen wir lernen, uns in unbequemen Situationen wohlzufühlen, denn der Wandel kommt - und wir müssen an der Spitze dieses Wandels stehen", so Wheatley. "Wir brauchen eine klare Roadmap für unseren Weg. Und ich glaube, wir sind derzeit genau auf dieser Route."
Wheatley hätte auch Ingenieur werden können
Mit dieser Aufgabe fühlt sich der Brite aber wohl, auch wenn für ihn in gewisser Weise alles Neuland ist. Doch als Teamchef ist er nun in einer Rolle, in der er seine Stärken ausspielen kann, glaubt er. Denn eigentlich hätte er auch Ingenieur werden können und stand irgendwann einmal am Scheideweg.
"Für alle, die es nicht wissen: Ich habe 1991 als Mechaniker in der Formel 1 angefangen und seitdem meinen eigenen Weg eingeschlagen", erzählt er. Damals war er bei Benetton angestellt und arbeitete sich dann bei Renault zum Chefmechaniker hoch.
"Irgendwann stand ich an einem Punkt, an dem ich mich entscheiden musste, ob ich den technischen Weg einschlage - also eher Richtung Chefingenieur - oder ob ich ins Management gehe", so Wheatley. Die Entscheidung fiel ihm nicht schwer: "Ich bin ein Mensch, der gerne mit Menschen arbeitet. Es ist das Arbeiten im Team und das Formen eines Teams, das mich begeistert."
"Ich habe im Laufe der Zeit meine eigenen Techniken dafür entwickelt. Jeder, der Teamchef ist, macht es auf seine eigene Art, aber ich denke, auf meinem Level versteht jeder, was ein Team ausmacht", sagt er.
Etwas von Christian Horner abgeschaut?
2006 wechselte Wheatley von Enstone nach Milton Keynes zu Red Bull und arbeitete dort 19 Jahre lang unter einem der erfolgreichsten Teamchefs der Formel-1-Geschichte: Christian Horner. Danach gefragt, was er von ihm mitgenommen habe, gibt sich der neue Sauber-Teamchef diplomatisch.
"Ich habe von jedem Menschen gelernt, mit dem ich in den letzten 34 Jahren in diesem Geschäft zu tun hatte", sagt er. "Ich würde mich da nicht auf eine einzelne Person konzentrieren."
"In diesem Job lernst du jeden Tag - und ich war immer offen dafür, habe zugehört, beobachtet, wie Leute reagieren. Besonders von den Menschen, die man respektiert und mit denen man lange zusammengearbeitet hat", so Wheatley.
Wheatley macht es auf seine Art
Zwar war er 19 Jahre lang unter Red Bull einen gewissen Führungsstil gewohnt, doch er betont, dass er sein eigener Teamchef sein möchte. "Ich möchte das Team gemeinsam mit Mattia [Binotto] auf meine eigene Art führen", sagt er.
"Ich war immer ziemlich klar in meinen Gedanken und Vorstellungen. Ich habe einen Plan, wie wir diesen Veränderungsprozess angehen können und wie wir das Momentum mitnehmen. Und auf diesen Plan werde ich mich weiterhin beziehen. Es geht um die Menschen im Team - sie stehen für mich im Mittelpunkt."
Im Moment will er in Hinwil aber erst einmal so viele Informationen wie möglich aufnehmen. "Ich habe einen Plan, auf den ich mich immer wieder beziehe, um nicht zu vergessen, mit welchen Gedanken ich hierhergekommen bin", sagt er. "Aber grundsätzlich bin ich heute einfach begeistert von der Energie und der Aufbruchsstimmung in der Organisation."