"Mini-DRS"-Verdacht bei den Testfahrten: Was heißt das für die Saison?
Trotz strengerer FIA-Vorgaben würden einige Teams in Bahrain mit flexiblen Flügeln gesichtet, doch das muss für die Saison noch nichts heißen
(Motorsport-Total.com) - Sind Flexiflügel schon bei den Wintertestfahrten zum Thema geworden? Die FIA möchte den flexiblen Flügeln in der neuen Saison mit stärkeren Belastungstests und strengeren Vorgaben Einhalt gebieten, doch in Bahrain schienen einige Team mit einer Art "Mini-DRS" unterwegs gewesen zu sein, so die Vermutung einiger Konkurrenten.
Videoaufnahmen tauchten in den sozialen Netzwerken auf, die zeigten, wie sich der Heckflügel von Mercedes bei hoher Geschwindigkeit nach hinten neigt.
Andere Videos deuteten darauf hin, dass sich der äußere Spalt des McLaren-Heckflügels bei hoher Geschwindigkeit erweiterte und sich in der Bremszone wieder schloss. Auch Ferrari wurde verdächtigt, in Bahrain eine solche Mini-DRS-Technik eingesetzt zu haben.
Trotz der Verdachtsmomente ist die Beweislage bestenfalls indirekt. Im Fall des McLaren-Heckflügels wäre es äußerst schwierig, das mutmaßliche "Mini-DRS" ohne gezielte Hinweise zu erkennen.
Der kippende Heckflügel von Mercedes ist etwas deutlicher sichtbar und entspricht eher dem klassischen Konzept eines flexiblen Flügels, da die Hinterkante auf der Geraden nach hinten geneigt erscheint.
Ob sich die Teams über die neuen Heckflügel ihrer Konkurrenten Sorgen machen oder nicht, ist aktuell irrelevant, da die strengeren Flexibilitätstests erst ab dem Großen Preis von Australien in Kraft treten.
Was die Regeln sagen
Zunächst ist es wichtig, die Rahmenbedingungen der Wintertests zu verstehen. Sie unterliegen weitgehend denselben Vorschriften wie das Freie Training an einem Grand-Prix-Wochenende: Die Fahrzeuge müssen vollständig homologiert sein, unterliegen aber nicht zwingend den Legalitätsprüfungen, die für das Qualifying und das Rennen gelten.
Beispielsweise sind während der Tests aerodynamische Messgitter erlaubt - diese wären in offiziellen Grand-Prix-Sessions außerhalb des Trainings verboten. Zudem gibt es während der Testfahrten keine technische Abnahme durch die Rennleitung.
Theoretisch könnten die Teams daher Aero-Komponenten einsetzen, die in regulären Rennsessions nicht legal wären, solange die Crashelemente von der FIA homologiert wurden.
Angesichts der begrenzten Kapazität von Testfahrten wäre dies zwar wenig sinnvoll, jedoch könnte ein Team gezielt verschiedene Spezifikationen im A/B-Vergleich testen, wenn sich über den Winter Änderungen im Regelwerk ergeben haben.
Ein weiterer relevanter Punkt sind die neuen Vorschriften zur Flexibilität von Flügeln und zur Größe der Spaltmaße. Demnach darf die Hauptebene des Heckflügels unter Last nicht mehr als sechs Millimeter nachgeben, der oberste Flap nicht mehr als sieben Millimeter bei horizontaler Belastung. Die Hinterkante unterliegt noch strengeren Vorgaben und darf sich maximal um drei Millimeter verbiegen.
Auch der Mindestabstand zwischen den Elementen des Front- und Heckflügels wurde angepasst: Statt 10-15 Millimeter beträgt dieser nun 9,4-13 Millimeter. Mit aktiviertem DRS bleibt die obere Grenze bei 85 Millimeter.
Die Regeln schreiben vor, dass es nur zwei definierte "Modi" geben darf: Ein geschlossener DRS-Modus mit einem Spaltmaß von 9,4-13 Millimeter und ein geöffneter DRS-Modus mit einem maximalen Spaltmaß von 85 Millimeter.
Fotostrecke: Formel-1-Technik: Innovationen beim Wintertest 2025 in Bahrain
Red Bull hat in Bahrain zwei unterschiedliche Nasenkonstruktionen für den RB21 getestet: Einmal setzte die Nase schon auf dem vordersten Flügelprofil an (oben), in der anderen Version erst auf dem zweiten Element (unten). Fotostrecke
Artikel 3.10.10 des Technischen Reglements 2025 legt zudem fest: "Außer im Falle eines DRS-Defekts oder beim Übergang von einer Position zur anderen darf das DRS-Bodywork nur zwei Positionen haben. Das bedeutet, dass das DRS-Bodywork vor und nach jeder Aktivierung in derselben Position verbleiben muss. Die Übergangszeit zwischen den beiden Positionen darf 400 Millisekunden nicht überschreiten."
Darüber hinaus besagt eine Ergänzung in Artikel 3.15.17, dass der Abstand zwischen den Profilen des Heckflügels und dem nicht von DRS betroffenen Spitzenbereich des oberen Elementes "um nicht mehr als zwei Millimeter variieren" darf, wenn zwei nach unten gerichtete Kräfte von jeweils 750 Newton gleichzeitig auf den vorderen Abschnitt des Heckflügelprofils einwirken.
Das macht es zwar erheblich schwieriger, einen "Mini-DRS"-Effekt zu erzielen - aber nicht unmöglich.
Was bedeutet das für Australien?
Zum jetzigen Zeitpunkt bedeutet all das nichts - bei den Testfahrten können die Teams tun, was sie wollen, und alle bisherigen Verdachtsmomente basieren auf Spekulationen. Das heißt nicht, dass sich daraus nichts Weiteres entwickeln wird, doch aktuell sind die Beschwerden der Konkurrenz nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas.
Erst die Flexibilitätstests in Australien werden zeigen, was als Nächstes passiert. Sollten alle Flügel die Tests bestehen, kann die FIA kaum weitergehende Maßnahmen ergreifen - sie hat die Grenzen definiert und die Bedingungen festgelegt, unter denen diese überprüft werden.
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Falls es einem Team gelingt, einen "Mini-DRS"-Effekt innerhalb dieser Grenzen zu erzeugen, sollte dies eher als geschickte Ingenieursleistung gewürdigt werden.
Natürlich werden die Konkurrenzteams das nicht so sehen - sie werden stattdessen mit umfangreichen Dossiers bei den Rennkommissaren vorstellig werden, in der Hoffnung, dass ihre Beweise ausreichen, um Sanktionen zu erwirken. Und das ist auch ihr gutes Recht.
Letztlich bleibt die Diskussion um "Mini-DRS" und flexible Flügel vorerst ein Sturm im Wasserglas - zumindest bis die Saison beginnt.