Christian Horner: Hätte mir gewünscht, dass es mit Daniel Ricciardo klappt
Red-Bull-Teamchef Christian Horner bedauert Daniel Ricciardos F1-Aus: In welcher Rolle er den Australier in Zukunft sieht und wie dieser auch Max Verstappen half
(Motorsport-Total.com) - Gut fünf Wochen ist es her, da gab Red Bull Daniel Ricciardo endgültig den Laufpass, nahm den Australier im Anschluss an den Großen Preis von Singapur aus dem Auto, und ersetzte ihn bei den Racing Bulls durch Liam Lawson.
Wenngleich der Neuseeländer bei seinem ersten Einsatz anno 2024 in Austin auf Anhieb überzeugen konnte, trauert Red-Bull-Teamchef Christian Horner Ricciardo trotzdem hinterher - vor allem auf menschlicher Ebene:
"Daniel ist einfach eine strahlende Persönlichkeit, ein strahlender Mensch. Er erleuchtet einen Raum, wenn er hereinkommt, und er hat dieses ansteckende Lächeln. Obwohl wir es nie geschafft haben mit ihm eine Werbung für Zahnpasta zu machen", lacht Horner im Podcast F1 Nation in Bezug auf seinen langjährigen Schützling.
Horner über Ricciardo: "Es sollte nicht sein"
Dass dieser sportlich keine Zukunft mehr im Red-Bull-Kosmos hat, bedauert der Brite, sagt über Ricciardos nun abgelaufene Zeit bei den Racing Bulls: "Ich hätte es sehr gerne gesehen, dass er es für einen Sprung nützt. Ein Sprungbrett zurück dahin, wo er die Story hätte vollenden können. Aber es sollte nicht sein."
Doch Horner weiß: "Daniel ist da auch sehr ehrlich mit, und er weiß in seinem Herzen, dass er sein Bestes gegeben hat. Er hatte eine großartige Karriere, einen großartigen Lauf. Aber leider sollte das nächste Kapitel nicht sein." Wie es für Ricciardo nach der aktiven Formel-1-Karriere nun weitergeht, steht noch in den Sternen - sein Ex-Boss hätte jedenfalls ein paar Ideen, und würde ihn bekanntlich auch gerne in der Red-Bull-Familie halten.
"Ich hoffe, dass er im Umfeld des Sports erhalten bleibt. Und wir haben es ja auch ganz klargemacht, dass wir ihn in einer Botschafterrolle gerne weiter beim Team hätten", sagt Horner, der dem Australier in diesem Zuge sogar die sportliche Hintertür einen Spalt weit offen lässt: "Außerdem weiß man natürlich nie: Wenn Liam den Job nicht hinkriegt, oder Checo den Job nicht hinkriegt, dann wissen wir um Daniels Fähigkeiten."
Red-Bull-Teamchef: "Das war die widerlichste Sache"
Großartig sind die aber auch "vor der Kamera", wie Horner mit Blick auf eine mögliche zweite Karriere Ricciardos erklärt: "Er ist ein geborener Entertainer und Showman. Ich bin mir sicher, er wird zu einem gewissen Zeitpunkt vor der Kamera landen. Und ich bin überzeugt, es wird eine Doku geben oder so etwas, und das wird faszinierend", sagt der Brite.
Denn lustige Anekdoten gäbe es aus Ricciardos Laufbahn schließlich genügend zu erzählen: "Die widerlichste Sache war, Champagner aus seinem verschwitzten Stiefel zu trinken, aber er hat es sich zueigen gemacht, und er hat einige unglaubliche Leute dazu gebracht aus seinem verschwitzten Schuh zu trinken", lacht der Red-Bull-Teamchef.
Eine andere Szene, die Horner extrem im Gedächtnis geblieben ist: "Als er dem Kameramann die Kamera abgenommen hat, um damit in die Mercedes-Garage zu laufen. So ein Verhalten gab es vorher nie. Ich meine, ich bin überrascht, dass Toto ihn nicht sofort rausgeworfen hat, nachdem er auf ihre Bremsschächte gezoomt hat, und all die Dinge, an denen wir interessiert waren."
Der gute Humor Ricciardos, von dem hätten alle im Team profitiert, nicht zuletzt auch Red Bulls heutige Nummer eins, Max Verstappen: "Ich denke, Max hat tatsächlich auch recht viel von ihm gelernt, denn als Max ins Team kam, war er der absolute Youngster, quasi ein Welpe. Und ich glaube, dass er ein großartiger Einfluss für Max war, um das Leben nicht zu ernst zu nehmen, und auch den Moment zu genießen."
Erinnerung an große Siege und Ricciardos Markenzeichen
Denn das habe Ricciardo immer gut hinbekommen: "Er hat einfach geliebt, was er getan hat, und es war eine große Ehre für ihn ein Grand-Prix-Fahrer zu sein", sagt Horner, der den Australier aber auch für die ein oder andere sportliche Heldentat in seinen Blütejahren würdigen will: "Er ist einige brillante Rennen für uns gefahren."
"Ich denke an Monaco (2018), als der gute alte Renault-Motor seine MGU-K verloren hat, und er damit rund 30 Prozent seiner Leistung verloren hat. Er hatte nur noch den Verbrennungsmotor, um Sebastian Vettel hinter sich zu halten. Und nachdem er das Rennen paar Jahre zuvor verloren hatte, nachdem wir es versaut hatten und beim Stopp die Reifen nicht parat waren, war das ein unglaublicher Moment."
Der Brite voller Ehrfurcht: "Dass er diesen Sieg geholt hat, hat sich so angefühlt, als wolle das Universum da noch was geraderücken." Horner erinnert sich aber auch gerne an Ricciardos erste Red-Bull-Saison 2014: "Als er zu uns kam, war unser größtes Bedenken, dass wir zwar wussten, dass er schnell ist - aber wir hatten ihn noch nie jemanden überholen sehen, also wussten wir nicht wie gut er als Racer ist. Doch sobald er in unserem Auto saß, hat er gar nicht mehr damit aufgehört Leute zu überholen."
Horner lobt: "Er war so spät auf der Bremse... wenn man sich nur mal das Rennen 2014 in Ungarn anschaut, oder sein erster Sieg in Montreal (im gleichen Jahr), oder der in China 2018." Die Divebombs waren damals Ricciardos Markenzeichen, "er war darin einfach herausragend", sagt der Teamchef: "Als sein Selbstvertrauen so himmelhochjauchzend war, da war er für mich 2014 der beste Fahrer im Feld. Das war sein Höhepunkt."