Zu viel "dummes Zeug": Macht Norris zu viele Fehler für den WM-Titel?

Lando Norris ärgert sich über viele verpasste Chancen in den vergangenen Wochen - Seine Fehler kann sich der McLaren-Pilot teilweise selbst nicht erklären

(Motorsport-Total.com) - Auf dem Papier ist Lando Norris als engster WM-Verfolger von Max Verstappen in die Formel-1-Sommerpause gegangen. Der Brite liegt aktuell 78 Zähler hinter dem Weltmeister. Doch ist Norris auf der Strecke aktuell auch der zweitbeste Fahrer?

Lando Norris hat seiner Meinung nach zuletzt zu viele Punkte verschenkt

Daran hat unter anderem Red Bulls Helmut Marko seine Zweifel. Bereits vor dem Rennen in Spa am vergangenen Sonntag prophezeite der Österreicher bei Sky: "Lando Norris kann das Rennen nicht voll am Limit durchfahren."

"Entweder überfordert er die Reifen, macht einen Fehler, und im Zweikampf passiert es ihm manchmal, dass er sich so wie in Österreich im Sprintrennen so positioniert, dass er sich selbst ins Aus schickt", kritisierte Marko - und sollte recht behalten.

Denn tatsächlich machte Norris gleich beim Start einen Fehler, der mehrere Positionen kostete. So beendete er das letzte Rennen vor der Pause schließlich einen Rang hinter Verstappen, obwohl er von P4 gestartet war und der Niederländer lediglich von P11.

"Ich habe in den letzten drei, vier Rennen eine Menge Punkte verschenkt, weil ich dummes Zeug gemacht habe, Fehler gemacht habe und schlecht gestartet bin", ärgert sich Norris selbst. Denn Spa war nicht das erste Missgeschick, das dem Briten zuletzt unterlief.

Norris ratlos: Fehler "sind nicht einmal schwierige Dinge"

So war keines der vergangenen vier Rennen seit dem Österreich-Grand-Prix fehlerfrei. In Spielberg kollidierte Norris mit Verstappen, woran ihm einige Experten zumindest eine Mitschuld gaben, in Silverstone entschied er sich im letzten Stint für die falsche Reifenmischung.

In Budapest startete er von der Pole, verlor die Führung und damit den Sieg aber gleich beim Start an seinen Teamkollegen Oscar Piastri, und in Spa folgte eben erneut ein schlechter Start. Fakt ist daher, dass der Rückstand in der WM auf Verstappen deutlich geringer sein könnte.

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Und Norris selbst gesteht, dass die Sommerpause nun vielleicht zu einem guten Zeitpunkt komme. Einerseits betont er zwar: "Die Pace ist gut, das Team macht einen tollen Job, also bin ich zufrieden. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich keine Pause machen will. Ich will einfach weitermachen, weil wir in guter Form sind."

Auf der anderen Seite brauche er aber einen "Reset", weil er zuletzt einfach zu viele Fehler gemacht habe, die er sich vor allem selbst nicht erklären könne. "Es sind nicht einmal schwierige Dinge", betont Norris. In Spa habe er zum Beispiel einfach nur versucht, sich in Kurve 1 aus Ärger herauszuhalten.

Letztendlich war er dann zu vorsichtig und kam leicht von der Strecke ab. "Meine Starts waren offensichtlich nicht besonders gut", blickt er auf die erste Saisonhälfte zurück und erklärt, er habe zusammengerechnet gleich auf den ersten Metern "eine gute Menge an Punkten" verloren.

Sommerpause: Norris will erst einmal abschalten

In Spa hätte er mit einem besseren Start laut eigener Aussage "auf das Podium" fahren "oder sogar mehr" erreichen können. Stattdessen beendete er das Rennen nur auf Rang fünf. Letztendlich habe er "vielleicht ein bisschen zu viel versucht und den Preis dafür bezahlt", grübelt Norris.

Der Brite verrät, dass er in dieser Woche noch einige Meetings habe, danach aber erst einmal abschalten wolle. "Wir haben das Zeug dazu, [an der Spitze] zu kämpfen", betont er und erklärt, es liege an ihm selbst, in Zukunft weniger Fehler zu machen.

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"Also gehe ich meine Sachen durch", kündigt er an und erklärt, er werde dann erst einmal Urlaub machen und dann hoffentlich "gestärkt" zurückkehren. McLaren-Teamchef Andrea Stella nimmt seinen Fahrer derweil gegen zu harte Kritik in Schutz.

Häufig seien die Fehler von Norris "sehr, sehr marginal", sodass man zwar für die Zukunft "kleine Anpassungen hier und da" vornehmen müsse. Es gebe allerdings keinen Grund, jetzt alles über den Haufen zu werfen, stellt Stella klar.

"Aber es gibt uns auf jeden Fall einige Anhaltspunkte, um zu analysieren, wie sich einige dieser verpassten Chancen manifestieren", so Stella, der ebenfalls beobachtet hat, dass Norris "statistisch" vor allem sehr früh in den Rennen, also meistens beim Start, öfter Probleme hat.

Viele Fehler: Ist Piastri "mental stärker" als Norris?

"Wir müssen also prüfen, ob es einen Grund [dafür] gibt oder ob es sich um einen Zufall handelt", so Stella, der allerdings auch betont: "Die Realität ist, dass niemand ein perfektes Rennen hat, es ist einfach unmöglich." Daher dürfe man nicht zu kritisch sein.

"Ich denke, wir sind mit dem Grad an Konsistenz und Robustheit, den wir als Team haben, eigentlich ganz zufrieden", stellt er klar und erinnert daran, dass McLaren das einzige Team ist, das bislang an allen 14 Rennwochenenden mit beiden Fahrern gepunktet hat.

Zudem sei die Zuverlässigkeit "mega" gewesen und man habe bei den vergangenen zehn Rennen immer auf dem Podest gestanden, erinnert Stella. Man könne daher die Dinge häufig noch besser machen können, aber das "Gesamtbild" bei McLaren sei "sehr stark", betont er.

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Fakt ist allerdings auch, dass Norris intern bei drei der vergangenen vier Rennen hinter seinem Teamkollegen ins Ziel gekommen ist. Seit Spielberg holte Piastri drei Podestplätze, darunter den Sieg in Ungarn, während Norris lediglich zweimal auf dem Treppchen stand.

Helmut Marko erklärt bei ServusTV angesichts solcher Zahlen: "Es sieht ganz so aus, dass Piastri der mental stärkere [Fahrer] ist und im Laufe dieser Saison sukzessive aufgeschlossen hat auf Lando, beziehungsweise teilweise sogar schneller ist."

Nach der Sommerpause hat Norris es selbst in der Hand, diese These zu widerlegen.