James Vowles: Erster Kontakt mit Sainz schon 2023 in Abu Dhabi

Williams hat Carlos Sainz bereits für das Ende der Formel-1-Saison 2023 in Abu Dhabi ins Auge gefasst - Es gab sogar geheime Treffen, wie James Vowles verrät

von Andre Wiegold · 31.07.2024 11:40

(Motorsport-Total.com) - In Abu Dhabi habe ich zum ersten Mal Zeit mit seiner Familie verbracht", sagt Williams-Teamchef James Vowles, der Carlos Sainz für die Formel-1-Saison 2025 verpflichtet hat. Die geheimen Treffen waren der erste Kontakt zwischen Williams und dem Spanier, der sich nach dem Wechsel von Lewis Hamilton zu Ferrari um ein neues Cockpit bemühen musste. Das sind die Hintergründe von Sainz' Wechsel zu Williams.

Carlos Sainz geht zu Williams: So kam es dzau

"Wir mussten sie hinten reinschleusen, damit sie zu mir ins Büro kommen konnten", so Vowles weiter. "Dann habe ich zum ersten Mal mit allen gesprochen. Es war unsere erste persönliche Begegnung. Wir haben uns auf Anhieb verstanden, weil sie sehr ähnliche Familienwerte haben wie ich auch".

"Es geht um Ehrlichkeit, um Leistung auf der Rennstrecke ohne Politik und darum, mit den vorhandenen Mitteln das Bestmögliche zu erreichen. Das passt auf beiden Seiten", freut sich der Teamchef, der Sainz schließlich vom Projekt Williams überzeugen konnte.

"Niemand wusste, was mit Carlos passieren würde", erinnert sich Vowles an die Zeit nach der Hamilton-Verpflichtung durch Ferrari. "Aber ich wollte sicher sein, dass sie wissen, dass wir es ernst meinen. Dann kam die Nachricht von Lewis und hat mich genauso überrascht wie Carlos. Und dann habe ich den normalen Verhandlungsprozess eingeleitet."

"Mehr lange Nächte in Hotelzimmern, als mir lieb war. Viele Telefonate. Er hatte viel Zeit zum Nachdenken", sagt der Teamchef über die Verhandlungen mit dem Spanier, der alle Optionen abwägte, bevor er eine Entscheidung traf. "Hätte man mich mit der Kamera begleitet, hätte man die emotionale Achterbahnfahrt der letzten Monate gesehen."

"Es gab Momente, da war es so gut wie sicher", sagt Vowles. "Dann gab es Momente, in denen wir nicht stark genug waren, um es zu schaffen. Aber in den vergangenen Wochen, vielleicht im vorigen Monat, haben er und ich eine wirklich enge Beziehung aufgebaut. Er versteht, was wir tun und wie wir es tun."

Williams ging all-in!

Williams hat sogar öffentlich sein Interesse an Sainz bekundet und damit seinem Vorhaben Nachdruck verliehen. "Da kann man wie der Held oder wie der Depp dastehen", erklärt Vowles. "Das war mir immer klar. Aber ich wollte ihn wissen lassen, wie sehr ich glaube, dass er ein Teil der Zukunft von Williams ist. Und das kann man, wenn man sein Herz auf der Zunge trägt und es der Welt zeigt."

Doch auch ein Scheitern der Verhandlungen wäre für Williams kein Beinbruch gewesen, schließlich wollte das Team damals einen Top-Fahrer für die Königsklasse verpflichten. "Wenn es anders ausgegangen wäre, hätte ich nichts zu bedauern gehabt", so der Teamchef. "Man muss alles tun, um die richtigen Leute ins Team zu holen. Schwer zu sagen, was die Alternative gewesen wäre, wenn es nicht geklappt hätte. Aber es war es wert."

Ehrlichkeit war laut Vowles der Schlüssel zum Erfolg, denn er zeigte Sainz sowohl die positiven als auch die negativen Seiten eines Engagements bei Williams auf. Das Team schafft es hin und wieder in die Punkte, aber zu den Top-Teams gehört der Rennstall derzeit nicht. "Das sind wir, da investieren wir, deshalb glauben wir daran und so wird es eines Tages aussehen", waren Vowles Argumente.

Williams wollte einen Leader

"Ich glaube an dieses Projekt. Ich habe meine Komfortzone bei Mercedes verlassen und bin aus gutem Grund hierher gekommen", so der Teamchef weiter. "Wir haben eine Geschichte als zweitbestes Team im Feld. Wir haben Investoren, die es ernst meinen. Wir wollen erfolgreich sein."

"Und all das kann man nicht in gleichem Maße und in gleicher Weise über [andere Teams] im Fahrerlager sagen", stellt Vowles klar. "Und wenn das niemand als Zeichen nimmt, dass sich bei Williams etwas geändert hat, dann hilft das auch nichts."

Warum aber wollte Vowles unbedingt Sainz? Darauf hat er eine klare Antwort: "Ich brauchte eine Führungspersönlichkeit. Jemanden, der nicht nur schnell im Auto ist. Ich will, dass alles um den Fahrer herum passt, damit daraus Leistung entsteht."

"Carlos bringt diese Fähigkeiten mit", sagt Vowles. "Man muss sich nur die Teams anschauen, für die er bisher gefahren ist: Wo standen sie am Anfang, wo am Ende seiner Zeit dort? Man sieht: Am Ende standen die Teams immer besser da als am Anfang." Lange hat Vowles nicht daran geglaubt, dass er Sainz trotz der schwierigen sportlichen Situation von Williams an Land ziehen kann, doch sein Projekt und seine Kommunikation haben wohl ein kleines Wunder bewirkt.