Sergio Perez reicht's: "Rede nicht mehr über meine Zukunft!"
Helmut Marko ist not amused: Sergio Perez fällt in Spa vom zweiten auf den achten Platz zurück - gehen ihm nun die Argumente für den Krisengipfel am Montag aus?
(Motorsport-Total.com) - War's das schon für Sergio Perez bei Red Bull? Am Montag muss der Mexikaner in der Teamfabrik in Milton Keynes bei seinen Bossen zum Rapport antanzen. Nach dem Großen Preis von Belgien am Sonntag ist klar: Die Gespräche über seine Zukunft bleiben ein Krisengipfel!
Vom zweiten Startplatz aus kommt Perez in Spa nur als Achter, und damit Letzter unter den Fahrern der vier Top-Teams, ins Ziel - wenngleich er durch die Disqualifikation von Sieger George Russell nachträglich auf Rang sieben aufrückt. Zum Vergleich: Teamkollege Max Verstappen fährt am Sonntag lediglich als Elfter los, wird aber als Fünfter abgewunken und Vierter gewertet.
Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko scheint nach der nächsten enttäuschenden Leistung von Perez mit seinem Latein am Ende: "Sergio hat die Gelegenheit gehabt, von Platz zwei ein gutes Ergebnis einzufahren. Das ist leider nicht der Fall gewesen. Vor allem im letzten Stint ist er komplett eingebrochen, da ist er 1:48er-Zeiten gefahren", stellt Marko bei ServusTV ernüchtert fest.
"Das, was im Qualifying so positiv ausgeschaut hat, hat sich leider im Rennen nicht bewahrheitet", sagt der Österreicher. Doch was heißt das konkret für den anstehenden Gipfel am Montag? "Bei uns ist die Situation so, dass wir die Gesamtsituation auch für 2025 durchgehen werden. Wir haben ja einige Fahrer, und dass man da ein Konzept hat", deutet Marko bereits an, dass sich Red Bull nun nach Alternativen umschaut.
Mit Blick auf Perez, und den großen Druck, unter dem der Mexikaner steht, fügt er hinzu: "Aber natürlich ist für Sergio jedes Ergebnis (wichtig), und der achte Platz von Startplatz zwei ist sicher nicht das, was wir uns erwartet haben."
Perez: "Energie nicht auf Spekulationen verschwenden"
Perez selbst ist nach dem Zieleinlauf entsprechend bedient: "Es war ein sehr enttäuschendes Rennen. Es ging gut los, aber ich hatte große Probleme auf den Geraden, keine Ahnung, was da los war", sagt der Mexikaner, der sich auch während des Rennens am Funk mehrfach über den mangelnden Topspeed des Autos beschwert: "Ich musste schon sehr früh Batterie sparen und war einfach sehr schwach auf den Geraden."
Man habe die Schwierigkeiten dann aber in den Griff bekommen und mit Hamilton und Leclerc mithalten können, so Perez, "aber der zweite Stint, nach dem Wechsel auf die Medium-Reifen, und mit all dem Verkehr, hat es einfach sehr schwer gemacht". Das Team habe den Stint dann verkürzt, "dadurch waren wir aber aus dem Rhythmus", beklagt der 34-Jährige: "Wir waren heute einfach nicht gut mit den Reifen, die Balance war auch nicht da. Also viel zu analysieren."
So gesehen begrüßt Perez auch das Timing der Sommerpause, denn es gäbe viel aufzuarbeiten, auch in Bezug auf die zuletzt schwächere Performance Red Bulls: "Mercedes' Pace war sehr beeindruckend, mit Ferrari konnten wir auch nicht mithalten, es gibt also viel zu verstehen." Dass er auch nach der Pause noch im Auto sitzt, davon geht Perez aus: "Korrekt", sagt der Mexikaner auf diese Frage.
Weiter will er aber nicht auf die Gerüchte über seine Zukunft eingehen: "Ich habe es bereits zuvor gesagt: Gestern hatte ich ein gutes Qualifying, einen guten Tag. Es ändert nichts. Ich denke, wir haben zu viel, was im Team gerade vor sich geht, und worauf wir uns fokussieren müssen. Da können wir unsere Energie nicht auf diese ganzen Spekulationen verschwenden", versucht Perez den Lärm um seine Person wegzuwischen.
Und stellt unmissverständlich klar: "Das ist das letzte Mal, dass ich über die Zukunft spreche, nur um das für alle klarzumachen: Ich werde darüber nicht mehr reden, und keine Fragen mehr zur Zukunft beantworten."
Allein: Vielleicht muss Perez das auch gar nicht mehr, könnte aus seiner Ansage doch schon zeitnah bittere Realität werden - nämlich dann, wenn ihn die Red-Bull-Bosse am Montag tatsächlich absägen sollten ...
Horner stellt sich weiter hinter kriselnden Perez
Teamchef Christian Horner, der als Perez-Befürworter gilt und sich nach wie vor für den mehr als angezählten Mexikaner stark macht, will den Gesprächen am Montag dennoch nicht vorweggreifen. Dabei wiederholt Horner nach dem Rennen, was er schon seit Wochen sagt: "Die Priorität ist, Checo zu unterstützen, und zu sehen, was er braucht. Wir wollen, dass er es rumreißt und wieder abliefert."
In Bezug auf ein mögliches Aus für seinen Schützling stellt Horner gegenüber Pressevertretern klar: "Niemand will diese Entscheidung treffen, nur ihr redet jeden Tag davon." Dennoch muss auch der Teamchef am Sonntag einräumen, dass Perez die gesteckten Ziele abermals verfehlt hat:
Vor dem Rennen in Spa habe Red Bull mit den Plätzen drei und fünf kalkuliert, verrät Horner, ohne zu spezifizieren welcher Fahrer dabei für welche Position vorgesehen war. Nun müsse man sich anschauen, wo die Pace hin sei, erklärt der Teamchef, der Perez immerhin eine nicht gerade ideale Strategie attestiert, und seinen Fahrer damit etwas in Schutz nimmt.
Dennoch seien die Schwankungen in Perez' Performance, sowohl in Bezug auf den starken Saisonbeginn und den krassen Einbruch danach, als auch auf einzelne Rennwochenenden wie etwa in Spa, mit dem guten Qualifying und dem schwachen Rennen, weiter ein Rätsel für Red Bull: "Immerhin haben wir jetzt die Zeit, um das zu analysieren und mit ihm zu arbeiten", sagt Horner.
Dabei laufe die Evaluierung von Perez' Leistungen natürlich schon länger: "Wir analysieren konstant, schauen uns immer Dinge an. Morgen haben wir ein Meeting, aber dabei geht es nicht nur um Checo. Wir haben auch andere Punkte auf der Agenda, bevor es in die Sommerpause geht", sagt Horner.
Nachdem man in der Konstrukteurs-WM immer weiter unter Druck gerate, sei mit Blick nach vorne aber klar, "dass wir das nach der Pause in Zandvoort rumdrehen müssen". Ob Perez dafür noch der richtige Pilot ist, müssten die Gespräche nun ergeben, wobei Horner auch die Dynamik im Team zwischen Verstappen und Perez ins Feld führt.
Diese spiele keine unwesentliche Rolle: "Zwischen beiden war es bisher eine großartige Partnerschaft, und Checo ist ein super Teamplayer. Deswegen haben wir ihn Ende 2020 auch neben Max verpflichtet. Er hat sechs oder sieben Rennen für uns gewonnen", meint Horner. Tatsächlich waren es fünf, wobei der letzte Erfolg bereits über ein Jahr zurückliegt - trotz des so dominanten RB19 im Jahr 2023.
Rettet Perez die Tatsache, dass sich niemand aufdrängt?
Dennoch findet Horner: "Es war die erfolgreichste Fahrerpaarung, die wir jemals hatten. Aber es ist für alle frustrierend, dass Checo solche Probleme hat, denn niemand will das. Alle wollen, dass er Erfolg hat, denn es tut weh, ihn in dieser Situation zu sehen." Trotzdem stellt der Brite klar: "Das Team war und steht hinter ihm."
Was Horner zwar nicht sagt, allerdings genauso zur Wahrheit gehört: Dass sich keiner der Ersatzkandidaten für Perez in den letzten Wochen explizit aufdrängen konnte. Daniel Ricciardo haderte in den letzten Rennen mehrmals mit der Strategie und konnte seine verbesserte Performance zuletzt nur schwer in Zählbares ummünzen.
Bei Yuki Tsunoda scheint seit seiner Vertragsverlängerung bei den Racing Bulls, die defacto mit einem Nein zu einem Aufstieg zu Red Bull gleichbedeutend war, etwas die Luft raus. Liam Lawson durfte zwar für Red Bull testen, dem Neuseeländer fehlen als Ersatzfahrer und Youngster aber natürlich die Kilometer ...
Gleiches gilt für Isack Hadjar, der in der Formel 2 zuletzt mit guten Leistungen auf sich aufmerksam machte - die auch Weltmeister Max Verstappen nicht verborgen geblieben sind: "Ich sehe ihn hier und da mit dem Team, er ist das Auto ein paar Mal gefahren, und er macht einen super Job, nachdem er zu Saisonbeginn etwas Pech hatte", lobt der Niederländer: "Jetzt liegt es natürlich am Management, zu sehen, was sie mit ihm machen."
Verstappen: "Unser Hauptproblem ist das Auto"
Seinen Bossen bei Red Bull will Verstappen am Sonntag aber keinen Rat für die schwierige Entscheidung über die Besetzung des Cockpits neben sich geben - von den Störgeräuschen um Perez zeigt er sich eher genervt: "Ich glaube, unser Hauptproblem ist das Auto, darauf sollten wir uns hauptsächlich fokussieren", winkt der Niederländer in Bezug auf die Diskussion ab.
Nur, um dann doch zu sagen: "Wenn wir uns Checos Wochenende anschauen, war es doch sehr positiv, würde ich sagen. Natürlich, das Rennen ... aber das zeigt nur, dass wir Schwierigkeiten mit den Reifen und ihrer Lebensdauer haben", nimmt er seinen Teamkollegen in Schutz: "Darauf sollten wir unser Augenmerk legen."
Fraglich aber, ob Marko, Horner und Co. das auch so sehen - wenn nicht, könnte es für Sergio Perez wohl oder übel die längste Sommerpause aller Zeiten werden ...