Alpine geht Risiko: Piloten stellen sich auf schwierigen Saisonstart ein
Alpine möchte mit einem neuen Konzept langfristig besser dastehen, doch den Piloten ist bewusst, dass der Anfang zunächst schwierig werden könnte
(Motorsport-Total.com) - Muss Alpine zu Saisonbeginn kleinere Brötchen backen? Pierre Gasly und Esteban Ocon sind darauf eingestellt, dass ihr Team am Anfang etwas im Hintertreffen sein könnte, weil der A524 ein komplett neues Konzept besitzt im Vergleich zum Vorgänger. "Das ist ein mögliches Szenario", muss Ocon im Rahmen der Präsentation des Autos einräumen.
Alpine ist sich sicher, dass das bisherige Konzept im Grunde zu Ende entwickelt ist. Für das neue Konzept erwartet das Team deutlich mehr Potenzial, was aber erst einmal freigesetzt werden muss. Daher könnte der Rennstall die Saison auf einem etwas niedrigeren Niveau beginnen.
"Wir haben ein neues Konzept, das Auto ist völlig neu und wenn man so etwas macht, macht man normalerweise einen Schritt zurück", weiß Ocon. "Ich sage nicht, dass das der Fall sein wird, denn wir haben das Auto noch nicht auf die Strecke gebracht. Aber der Plan ist, es im Laufe des Jahres zu verbessern und mehr Fortschritte zu machen, je mehr Runden wir drehen."
Er betont: "Es wird entscheidend sein, sofort ein gutes Feedback zu bekommen, um zu wissen, wo wir uns verbessern müssen, und um zu sehen, ob die Konzeptentscheidungen, die wir getroffen haben, die richtigen sind. Es ist nicht unbedingt entscheidend, wo wir anfangen, aber es wird entscheidend sein, wo wir zur Mitte der Saison stehen."
Auch Pierre Gasly sagt, dass er das Gefühl hatte, dass Alpine 2023 etwas auf der Stelle getreten war und nicht mehr Potenzial freisetzen konnte. Daher musste man sich entscheiden, einen neuen Weg zu gehen - einen "mutigen", einen "aggressiven", wie er meint. Aber es soll einer sein, der sich am Ende lohnt.
"Matt (Harman, Technikchef; Anm. d. Red.) hat schon gesagt, dass nur das Lenkrad vom vergangenen Jahr übriggeblieben ist", meint der Franzose. "Und wenn man mit einem weißen Blatt Papier beginnt, dann bedeutet das immer ein höheres Risiko. Aber man muss manchmal Risiken eingehen, um eine größere Belohnung zu bekommen. Und das ist unsere Strategie."
Gasly weiß: Geduld ist gefragt
Allerdings weiß er, dass die Fahrer zunächst "ein bisschen Geduld" brauchen. Doch die Verbesserungen von Aston Martin und McLaren 2023 hätten gezeigt, dass ein großes Comeback möglich ist. "Natürlich hängt es davon ab, mit welcher Art von Leistung man in das Jahr startet", sagt er, "also bin ich auf jeden Fall hoffnungsvoll."
"Ich kann die Mentalität im Team sehen. Ich sehe den Geist, ich sehe die Einstellung. Ich sehe, wohin wir uns als Rennteam entwickeln. Wir machen die richtigen Schritte", sagt er weiter. "Natürlich ist es in der Formel 1 nicht so einfach, wenn man mit einem völlig neuen Konzept ankommt, denn es kann sein, dass es nicht von Anfang an den gewünschten Erfolg bringt."
Fotostrecke: Formel 1 2024: Der Alpine A524 von Gasly und Ocon
Alpine hat in London den neuen A524 für die Formel-1-Saison 2024 vorgestellt. Es handelt sich um den diesjährigen Dienstwagen von Pierre Gasly und Esteban Ocon. Fotostrecke
"Man muss da einfach offen sein. Aber wenn man sich die anderen anschaut, lassen wir uns davon inspirieren, was sie tun. Es gibt definitiv ein paar Geschichten aus der letzten Saison, die dem gesamten Team Hoffnung und Motivation geben", so Gasly.
Der Zeitpunkt ist für die Fahrer aber richtig gewählt. 2026 steht ein komplett neues Reglement ins Haus, sodass Alpine jetzt noch zwei Jahre hat, um das neue Konzept zu entwickeln. 2025 damit zu beginnen, das wäre laut Ocon etwas spät gewesen. "Aber so ist es das richtige Timing. Es war definitiv das Jahr, um das zu machen", sagt er.
Alpine im Niemandsland
Ohnehin hat Alpine im Grunde kaum etwas zu verlieren, denn abgesehen von Red Bull ganz vorne war keine Position unter den Teams so zementiert wie der sechste Platz der Franzosen: 160 Punkte Rückstand hatte man nach vorne auf Aston Martin, aber 92 Punkte Puffer nach hinten auf Williams - man war also quasi im Niemandsland.
Das war allerdings nicht Alpines Ambition, nachdem man 2022 noch Platz vier belegt hatte und eigentlich die Top 3 angreifen wollte.
"Es stimmt, dass wir nicht die Ergebnisse geholt haben, die wir uns vorgestellt haben", sagt Ocon. "2022 waren wir auf dem richtigen Weg, aber das vergangene Jahr war ein Schritt in die falsche Richtung."
"Aber ich kann versichern, dass alle hier wissen, wo wir uns verbessern müssen, und dass Maßnahmen getroffen wurden", meint er weiter. "Man wird sehen, dass alle Dinge, über die wir im vergangenen Jahr gesprochen haben, besser geworden sind. Das wird man sehen können."
Technikchef: Haben "eine Menge Potenzial"
Die Arbeiten am neuen Konzept haben laut Technikchef Matt Harman schon Ende 2022 begonnen, doch nachdem der Saisonstart 2023 nicht wie gewünscht lief, wurden die Bemühungen weiter intensiviert. "Wir haben uns für einen sehr mutigen Ansatz entschieden", sagt er. "Es ist von vorne bis hinten ein brandneues Auto." Nur eben das Lenkrad sei nicht neu.
Revolution: Micks Hypercar & Alpines Attacke auf die F1 2024
Alpine hat beim Car-Launch in Enstone den A524 für die neue Saison präsentiert. Und dabei in Sachen Technik keinen Stein auf dem anderen gelassen. Weitere Formel-1-Videos
"Wir haben wirklich versucht, auf jedes einzelne Detail des Autos zu schauen, um sicherzustellen, dass wir keinen Stein auf dem anderen lassen und uns ein Auto geben, das während des Jahres Potenzial hat", so Harman, der von einem "sehr aggressiven Ansatz" spricht.
"Ich denke, wir werden sehen, wo wir stehen, wenn wir zum Test nach Bahrain fahren. Aber wir werden das Auto unablässig verbessern, und wir haben eine Menge Potenzial, das wir ausschöpfen können, und das haben wir noch lange nicht ausgeschöpft. Ich freue mich darauf."