"Lächerliche" Geldstrafen: So viel verdienen manche Fahrer gar nicht!
Reaktion auf die Erhöhung von möglichen Geldstrafen: Die Formel-1-Fahrer zeigen sich in Austin verwundert und werfen der FIA fehlende Transparenz vor
(Motorsport-Total.com) - Der Automobil-Weltverband FIA hat mit einer am Donnerstag abgesegneten Änderung der maximalen Höhe einer Geldstrafe für einen Formel-1-Wettbewerber, sei es Fahrer oder Team, auf sich aufmerksam gemacht. Konnten die Stewards bisher Geldstrafen bis zu 250.000 Euro verhängen ist nun bis zu einer kompletten Million möglich, mit der Begründung, dass sich der Sport finanziell stark entwickelt hat, weshalb eine Anpassung vonnöten war.
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Die Formel-1-Piloten reagieren in der Austin-Pressekonferenz auf die Regeländerung der FIA Zoom Download
Angesprochen in der Pressekonferenz am Mediendonnerstag reagierten die Fahrer mit Spott auf die Änderung der FIA, da bisherige Geldstrafen schon aus dem Ruder gelaufen seien wie zuletzt Lewis Hamiltons Strafe von 50.000 Euro für das Überqueren der Strecke in Katar oder Max Verstappens Anfassen des Mercedes Heckflügels in Brasilien 2021, was ebenfalls mit 50.000 Euro sanktioniert wurde.
"Wenn das Berühren des Heckflügels 50.000 Euro kostet, dann würde ich gerne wissen, was man für eine Million machen muss", sagt Verstappen auf die Änderung angesprochen. "Dann können wir vielleicht auch die Weinflaschen sponsern. Ich werde mich vorbereiten", scherz er.
Ferrari-Pilot Charles Leclerc fügt hinzu: "Ich meine, das ist eine riesige Summe Geld. Ich habe keine Ahnung, was eine 1-Million-Dollar-Strafe verdient, aber es ist mehr als ... Ich meine, einige Fahrer verdienen weniger als das. Es ist also eine Menge Geld."
Hamilton: FIA sendet falsche Botschaft
Auch die anderen Fahrer in der Pressekonferenz können es nicht glauben: "Ich weiß nicht, welches Vergehen es ist, eine Million wert zu sein. Aber das klingt lächerlich", sagt Haas-Fahrer Kevin Magnussen. "Ich meine, Charles kann seine Uhr geben. Aber ich würde verschwinden und nie wieder gefunden werden."
"Beängstigend", ist das Wort wie Daniel Ricciardo das neue Strafmaß beschreibt, während Lewis Hamilton etwas weiter ausholt: "Ich bin mir nicht ganz sicher, worauf sich das genau bezieht. Aber wenn es um Dinge wie diese geht, müssen wir wirklich darüber nachdenken, welche Botschaft das an die Zuschauer sendet", so der Mercedes-Pilot.
"Und wenn schon eine Million als Strafe verhängt wird, sollten wir sicherstellen, dass 100 Prozent davon einem guten Zweck zugeführt werden. Es geht um viel Geld in dieser ganzen Branche, und wir müssen noch viel mehr tun, um den Zugang zu diesem Sport zu verbessern, die Vielfalt zu erhöhen und mehr Möglichkeiten für Menschen zu schaffen, die normalerweise keine Chance hätten, an einem Sport wie diesem teilzunehmen. Es gibt so viele Gründe auf der ganzen Welt. Und das ist der einzige Weg, wie sie die Million von mir bekommen können."
Fernando Alonso von Aston Martin stimmt zu: "Das klingt nicht angemessen. Aber wir befinden uns in einer Sportart, die bereits als sehr elitär und sehr geschlossen gilt. Wir bringen einige Themen wie Nachhaltigkeit und Umwelt zur Sprache. Wir versuchen, unseren Teil dazu beizutragen, dass der Sport zugänglicher wird, dass er ein Sport für alle ist und so weiter. Wenn man also diese großen Zahlen oder so etwas in den Raum stellt, scheint das nicht richtig zu sein."
Russell: Habe bei Williams nicht einmal 100.000 verdient
George Russell, Vorsitzender der Fahrergemeinschaft GPDA, will den Kontakt mit der FIA infolge der Regeländerung suchen und zieht dabei einen Vergleich zu seiner Anfangszeit bei Williams, als er finanziell noch nicht auf Rosen gebettet war.
"Ich finde es ziemlich lächerlich, dass ein Fahrer mit einer Geldstrafe von 1.000.000 Euro belegt werden kann", so Russell. "In meinem ersten Jahr in der Formel 1 hatte ich ein fünfstelliges Gehalt und hatte in diesem ersten Jahr mehr als einen sechsstelligen Betrag an Kosten, weil ich meinen Trainer, meine Flüge und einen Assistenten bezahlen musste."
"Und das ist wahrscheinlich auch bei 25 Prozent des Fahrerfeldes der Fall. Wir tun das, was wir lieben. Also beschweren wir uns nicht darüber. Aber wenn man ein Jahr lang einen Fahrer nimmt, der am Ende des Jahres wahrscheinlich über 100.000 verloren hat, weil er es in seine Karriere investieren muss, und man gibt ihm dann noch eine Strafe von einer Million ... Was wird dann passieren?"
Russell: FIA sollte uns sagen, was mit dem Geld passiert
"Aber wir haben schon früher von der FIA verlangt zu erfahren, wohin diese Geldstrafen fließen, für welche Zwecke sie verwendet werden. Es muss wieder in die Basis investiert werden. Aber bisher haben wir keine Antwort darauf bekommen, wohin das geht."
"Wir würden also gerne etwas Klarheit und Transparenz bekommen. Und wenn sie wirklich glauben, dass die 1.000.000 Euro Strafe es wert sind und in den Sport reinvestiert werden, dann ist vielleicht einer der Fahrer, der viel Geld bekommt, bereit, diese Strafe zu zahlen. Aber es scheint obszön zu sein."
Auf die Frage, ob man die neuen Geldstrafen im Fahrerbriefing am Freitag diskutieren wird, meint Russell: "Ganz sicher. Daran gibt es keinen Zweifel. Wir wollen Transparenz und Verständnis. Ich denke, dass die Geldstrafen bereits außer Kontrolle geraten sind."
"Verstappen wird mit 50.000 Euro bestraft, weil er ein Auto berührt hat. Lewis wird mit 50.000 Euro bestraft. Ich habe das Gefühl, dass diese Zahlen aus der Luft gegriffen sind. Wenn es so viele große globale Probleme gibt und so viel Armut auf der Welt, wie kann ein Verband da einfach solche Geldstrafen erfinden? Sechsstellige, siebenstellige Geldbußen."