Pirelli verwundert: Teams stimmen gegen neuen Intermediate
Pirelli möchte noch 2023 einen Intermediate ohne Heizdecken einführen und bekam positives Feedback, trotzdem stimmen die Teams gegen die neuen Pneus
(Motorsport-Total.com) - Bei Reifenhersteller Pirelli ist man verwundert, wieso die Formel-1-Teams die Einführung von Intermediates, die ohne Heizdecken auskommen, für die Saison 2023 abgelehnt haben. Die Italiener wollten einen solchen ab dem Grand Prix von Singapur im September bringen, scheiterten damit aber an der Zustimmung der Teams.
Für 2024 arbeitet man bereits an Slicks ohne Heizdecken und wollte als vorgreifenden Zwischenschritt entsprechende Intermediates einführen, nachdem man schon vor Imola neue Regenreifen eingeführt hatte, die nicht mehr vorgeheizt werden.
Zwar fiel das Rennen aufgrund der Hochwasserkatastrophe in der Region Emilia-Romagna aus, dennoch nutzten einige Fahrer die Reifen im Rennen von Monaco und im Training von Kanada.
In Singapur sollten nun neue Intermediates dazukommen. Dafür hätte Pirelli die Zustimmung von mindestens acht Teams benötigt, doch bei einem Voting in Monaco wurde die Einführung abgelehnt, weil die notwendige Mehrheit nicht zustande kam.
"Ich habe mit der FIA gesprochen und die Intermediates für Singapur angeboten, und dann haben sie nein gesagt", verrät Pirelli-Manager Mario Isola gegenüber der globalen Sprachausgabe von 'Motorsport.com'. "Die Teams haben nicht zugestimmt. Leider waren mehr als zwei Teams dagegen, und wir hätten acht gebraucht, die dafür sind."
Warum der Vorschlag abgelehnt wurde, weiß er aber auch nicht: "Gute Frage. Darauf habe ich keine Antwort."
Pirelli verwundert
Die Ablehnung wundert Isola, der das Saisonende eigentlich als "gute Möglichkeit" für einen Test gesehen hat, weil es bei einigen Rennen häufig regnet. Ihn aber als zusätzlichen Prototyp-Reifen mitzuschicken und dabei zu testen, sei schwierig, weil der Logistikaufwand bei den Übersee-Rennen am Saisonende ohnehin hoch ist.
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Allerdings waren im Vorfeld nicht alle Teams in die Tests der neuen Intermediates involviert, sodass sich Isola vorstellen könnte, dass die anderen Teams die neuen Reifen gerne ausprobieren würden, bevor sie ihre Zustimmung geben, sie auch am Rennwochenende zu nutzen. Doch er weiß auch, dass ein solcher Test mit allen Teams schwierig ist.
"Das gab es noch nie, dass wir einen vollen Test mit allen Teams haben, weil man das einfach nicht organisieren kann", sagt er.
Alpine lobt neuen Intermediate
Zuletzt hatte Alpine im vergangenen Monat die Intermediates in Le Castellet getestet und laut Isola ein positives Feedback gegeben: "Esteban [Ocon] war sehr zufrieden mit dem neuen Intermediate, der Schritt ist ein guter Schritt", sagt er. "Ohne Decken haben sie gut funktioniert, das Warm-up war gut."
"Und wir haben auch in anderen Sessions mit unterschiedlichen Bedingungen und so weiter getestet. In all diesen Sessions wurden sie also positiv beurteilt, aber manchmal ist es, wie es ist."
Das positive Feedback bestätigt auch Alpine-Sportdirektor Alan Permane: "Wir haben die Intermediates ohne Heizdecken getestet und sie waren wirklich sehr gut", sagt er. "Pirelli hat einen hervorragenden Job gemacht. Und wir haben sie mit den Standard-Intermediates verglichen, die mit einer Heizdecke liefen."
"Sie waren in jeder Hinsicht besser, sie waren besser in der Aufwärmphase, sie hatten einen besseren Grip, sie waren viel angenehmer für die Jungs zu fahren. Und ich rief Mario an und sagte, dass diese Reifen wirklich beeindruckend sind", sagt Permane.
Der Alpine-Mann betont auch, dass die neuen Regenreifen im Training von Kanada gut ankamen: "Ich habe von keinem der Fahrer einen Pieps über irgendwelche Schwierigkeiten oder Probleme gehört. Es war sicherlich nicht warm, und es gab sicherlich reichlich Wasser. Das neue Inter ist so, es war sehr, sehr beeindruckend."
Vowles hätte gerne mehr Informationen
Williams-Teamchef James Vowles sagt, dass die Teams bereits waren, den neuen Regenreifen basierend auf den vorliegenden Testdaten zu akzeptieren. Beim neuen Intermediate wollte man jedoch erst abwarten, wie der neue Regenreifen performt - und das ist eben erst in Monaco und jetzt Kanada möglich gewesen.
"Bei den Regenreifen gab es einige wirklich gute Beweise dafür, dass sie richtig funktionieren, da sie unter ausreichend gemischten Bedingungen gefahren wurden, obwohl nicht alle Teams sie bei den Tests eingesetzt hatten", sagt Vowles gegenüber 'Motorsport.com'.
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In der Geschichte der Formel 1 engagierten sich neun verschiedene Reifenhersteller: Zwei davon hatten oder haben ihren Ursprung in Großbritannien, zwei in den USA und jeweils einer in Deutschland, Japan, Belgien, Frankreich und Italien. Hochzeiten des später als "Reifenkrieg" bezeichneten Szenarios mit mehreren Zulieferern zum gleichen Zeitpunkt sind die Jahre 1954 und 1958, als sechs verschiedene Firmen ihre Produkte ins Rollen bringen. 1950 beginnt alles mit vier Marken... Fotostrecke
"Bevor wir aber für die Intermediates entscheiden mussten, hat außer den Teams, die getestet haben, niemand die extremen Regenreifen eingesetzt. In Monaco wurden sie zum ersten Mal während des Rennens eingesetzt. Und es war nicht perfekt, es ist in gewisser Hinsicht eine Strecke mit wenig Energie, aber es war nicht perfekt", meint er weiter.
"Und der Grund, warum die Teams vorsichtig abgestimmt haben, ist, weil wir erst einige Ergebnisse mit dem existierenden Produkt erzielen und sicherstellen wollen, dass es definitiv keine negativen Auswirkungen hat, die wir nicht aus einigen spezifischen Tests geschlossen haben."
Änderung muss auch dem Sport helfen
Vowles sagt, dass die Teams mehr Informationen über den neuen Intermediate wollen, auch wenn er gut zu funktionieren scheint: "Ich würde auch sagen, dass es einige Bedingungen gibt, bei denen wir die Regenreifen noch nicht gesehen haben. Das ist meine größte Sorge - zum Beispiel abtrocknende Bedingungen, um zu sehen, wie der Druckanstieg ist. Das möchte ich noch sehen."
"Das Problem ohne Heizdecken ist: Wie kontrolliert man die Drücke, und wie ist der Übergang zwischen Extreme Wet und einem Inter?", fragt sich der Teamchef.
"Um es klar zu sagen: Es ist nicht so, dass Pirelli keine gute Arbeit geleistet hätte. Für mich steht der Sport über allem und ich möchte sicherstellen, dass die Entscheidungen, die wir treffen, nicht nur dazu dienen, 4,50 Pfund an Strom zu sparen, sondern auch dem Sport helfen."