• 16. Juni 2023 · 15:53 Uhr

Verstappen zweifelt an 2026er-Reglement: F1 kaum leichter zu machen

F1-Autos werden seit Jahren immer schwerer - Ein Gegentrend soll 2026 eingeläutet werden, aber geht das überhaupt? - Und wovon hängt gutes Racing wirklich ab?

(Motorsport-Total.com) - Hybridtechnik, größere Räder, Halo, größere Abmessungen: Die Formel-1-Autos haben in den vergangenen zwei Jahren in einem nie dagewesenen Tempo an Gewicht zugelegt. Mit aktuell 798 Kilogramm sind die Boliden schwer wie nie. 2026 soll die Trendwende eingeleitet werden. Doch ist das überhaupt möglich?

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Die Größe und das Gewicht der F1-Boliden schlagen sich zunehmend auf das Racing nieder Zoom Download

Titelverteidiger Max Verstappen zweifelt. "Ehrlich gesagt ist das ein bisschen unrealistisch, sonst wären wir gar nicht erst so schwer geworden", antwortet er auf die Frage, was er von dem Plan hält. "Außerdem werden wir 2026 mit einer größeren Batterie deutlich mehr wiegen, daher bin ich mir nicht sicher, ob das in die richtige Richtung geht."

"Ich bin immer ein Freund von leichteren Autos gewesen, denn schon das 2021er Auto hat mir besser gefallen als das jetzige, weil es so wendig war. Jetzt ist das Auto bei niedrigen Geschwindigkeiten ein bisschen wie ein Boot.

Der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso sieht das Problem woanders: bei den Dimensionen. 2017 ist die Breite der Boliden auf zwei Meter angewachsen. Das gab es allerdings schon in der Vergangenheit bis 1997.

Uneinigkeit über Abmessungen

Doch seit dem Nachtankverbot 2010 wurden die Autos immer länger, weil die Aerodynamiker eine schlanke Linie bevorzugen. Dann kamen die Hybridkomponenten hinzu und ab 2022 der neue Unterboden.

"Ich glaube, es ist mehr die Größe als das Gewicht der Autos, das die Dinge schwieriger macht", sagt der Aston-Martin-Pilot. "In den ersten Kurven des Rennens war es schwierig, das Auto zu positionieren - einfach wegen der Größe, nicht wegen des Gewichts."

"Ja, ich denke auch, dass es schwierig sein wird, das Gewicht der Autos deutlich zu reduzieren, da die Hybridmotoren immer schwerer sein werden als die herkömmlichen Motoren und die Sicherheit bei diesen Autos auch viel höher ist."

"Ich weiß, dass es ein gewisses Interesse gibt, in diese Richtung zu gehen. Wir werden sehen, was sie tun können. Es wird immer willkommen sein und leichte Autos zu fahren, wird immer mehr Spaß machen. Aber letzten Endes glaube ich, dass es eher die Größe ist, die das Racing schwieriger macht."

Das sehen nicht alle Fahrer so. "Ich finde die Dimensionen ziemlich gut", sagt Rekordweltmeister Lewis Hamilton. Ich mag die Größe der Autos. Aber ich denke, das Gewicht ist definitiv zu hoch geworden. Unsere Räder haben in diesem Jahr ein geradezu absurdes Gewicht. Das ist einfach nicht nötig."

Sergio Perez hingegen stimmt hingegen Alonso zu: "Ich denke, dass die Größe des Autos an Orten wie Monaco einen Einfluss hat, wo es einfach schwieriger ist, Rennen zu fahren. Abgesehen davon denke ich, dass die Reifen und das Auto an sich etwas zu groß sind."

"Wir können etwas besser folgen, aber es scheint einfacher geworden zu sein, seine Position zu verteidigen. Ich würde mir ein leichteres Auto wünschen, aber ich glaube nicht, dass das das Hauptproblem ist. Es ist die Größe des Autos, die das Racing beeinträchtigt."

Langsame Kurven plötzlich ein Problem

Nico Hülkenberg zieht den Vergleich zu seinem Debütjahr 2010, als die Fahrzeuge mit dem Mini-Heckflügel ausgestattet und lediglich 1,80 Meter breit waren: "Die Autos sind natürlich breiter, länger und viel größer als zu meiner Anfangszeit. Das Auto von 2010 war viel leichter, aber es hatte bei hoher Geschwindigkeit nicht den Abtrieb, den wir jetzt haben."

"Diese Ground-Effect-Autos erzeugen bei hohen Geschwindigkeiten wahnsinnig viel Abtrieb. Das ist unglaublich, sehr faszinierend und sehr schnell. Aber bei niedriger Geschwindigkeit kann das Gewicht natürlich nicht kompensiert werden, das Problem wird also in dieser Hinsicht ein wenig verlagert."


Fotos: F1: Grand Prix von Kanada (Montreal) 2023


Ein Problem, das bei Erstellung des 2022er-Reglement möglicherweise übersehen wurde. Die "Dirty Air" ist zwar nicht mehr so das Thema wie in der Vergangenheit, dafür kommen die Autos jetzt bei langsamen Geschwindigkeiten nicht mehr so gut hinterher wie zuvor. Das Problem: Rennstrecken wurden nun über Jahrzehnte so gestaltet, dass langsame Kurven auf lange Geraden folgen. Das war über Jahrzehnte die einzige Möglichkeit, Überholmöglichkeiten zu schaffen.

"Ein Problem ist auch, wie steif diese Autos sind", sagt Hülkenberg. "Es ist oftmals schwierig, überhaupt eine andere Linie [als der Vordermann] zu fahren, oder einen Randstein zu nehmen und einen anderen Winkel zu schaffen. Denn diese Autos springen auf den Randsteinen und es funktioniert nicht. Oftmals verliert man dabei sogar noch mehr."

Enges Feld = schlechteres Racing?

Nyck de Vries, der aus der Formel E kommt, sieht "einen kleinen Trend, dass das Racing im vergangenen Jahr besser geworden ist". Doch das könnte eine Momentaufnahme sein: "Die Teams sitzen nie still und versuchen natürlich immer, mehr Abtrieb und Leistung zu finden. Und das geht leider auf Kosten des Hinterherfahrens, des Racings und des Überholens."

Er sieht das Problem eher in zu geringen Geschwindigkeitsunterschieden. Als Beispiel nennt er die Reifen, die wieder in Richtung "Holzreifen" gehen, nachdem Pirelli ab 2011 die berüchtigten - und ebenfalls umstrittenen - "Bröselreifen" geliefert hatte: "Abgesehen von Barcelona und Bahrain waren alle Rennen in diesem Jahr Einstopp-Rennen."

"Und selbst wenn wir von Abbau sprechen, meinen wir oft nicht einmal den tatsächlichen Verschleiß, sondern nur den sogenannten thermischen Verschleiß, alsodass die Reifen zu heiß werden und dadurch an Performance verlieren."

"In der Vergangenheit ergaben sich Überholmöglichkeiten oft dann, wenn es einen großen Unterschied zwischen den Reifen gab." Damit wolle er nicht sagen, dass die Reifen geändert werden sollten. "So habe ich das nicht gemeint. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass viele verschiedene Faktoren eine Rolle spielen, um ein Rennen interessant und spannend zu machen."

Den Schlüssel sieht er in großen Geschwindigkeitsunterschieden, wie sie gerade durch den unterschiedlichen Reifenabbau in der jüngeren Vergangenheit entstanden sind: "Wenn man sich das [aktuelle] Mittelfeld anschaut, liegen alle sehr eng beieinander. Und die Tatsache, dass alle dicht beieinander liegen, führt nicht unbedingt zu besseren Rennen."

"Letztendlich entstehen gute Rennen durch Unterschiede. Und Unterschiede muss man irgendwo machen. Und natürlich muss man in der Lage sein, [einander] zu folgen, sonst wird es nie funktionieren".

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