"Zu häufig und zu heftig": Günther Steiner hat die Nase voll von Unfällen
Haas-Teamchef Günther Steiner hat Mick Schumacher nach seinem Unfall im dritten Training kritisiert und langsam genug von den Abflügen - Kein Grund für Risiko in FT3
(Motorsport-Total.com) - Haas-Teamchef Günther Steiner hat genug von den andauernden Unfällen seiner Piloten und hat vor allem Mick Schumacher für seinen erneuten Abflug im Freien Training von Ungarn kritisiert. Der Deutsche hatte seinen Boliden kurz vor Ende der Session so nachhaltig beschädigt, dass er nicht am Qualifying teilnehmen konnte - wie auch schon in Monaco.
"Natürlich kalkuliert man Unfälle ein, vor allem bei Rookies", sagt Steiner. "Aber wir haben jetzt einen Punkt erreicht, an dem wir daran arbeiten müssen, den Rest der Saison weniger Unfälle zu haben. Mick hatte in den vergangenen fünf Rennen einige große Dinger. Dreher oder Ähnliches passieren, aber diese Unfälle wiegen ziemlich schwer."
Während zu Saisonbeginn vor allem Nikita Masepin häufig im Zentrum der Kritik stand, war es in den vergangenen Rennen vor allem Schumacher, der das Auto immer wieder weggeworfen hatte. In Monaco crashte der Deutsche gleich zweimal und verpasste das Qualifying, in Le Castellet konnte er nach einem Crash in Q1 nicht weiter teilnehmen, und jetzt in Ungarn das nächste Malheur.
"Ich weiß, was das bedeutet", haderte Mick Schumacher nach seinem erneuten Abflug am Hungaroring. Er wusste, dass es mit dem Qualifying eng werden würde. Und so kam es auch. "Wie ich die Wand getroffen habe, hat die Reparatur sehr schwierig gemacht", sagt er. "Uns fehlten am Ende aber vielleicht fünf bis zehn Minuten. Eine rote Flagge hätte gereicht und wir hätten zumindest eine Runde fahren können."
Der Unfall selbst sei einfach eine Folge der Windanfälligkeit des Autos und überhitzten Reifen gewesen. "Es sieht so aus, als hätte beides etwas zugenommen im Vergleich zum Versuch davor - auch weil die Streckentemperatur so hoch war", sagt Schumacher. "Kurve 11 war davor nie ein Problem für mich. Das hat mich auf dem falschen Fuß erwischt."
Steiner: "Es geht um eine Menge Geld für nichts"
Für Haas bedeutete das nicht nur einen sportlichen Rückschlag, auch finanziell könnte sich Steiner etwas Besseres vorstellen: "Da geht es um eine Menge Geld - und das für nichts", ärgert sich der Teamchef. "Wir können noch damit umgehen, aber wir spüren es trotzdem. Aber bald müssen wir andere Wege finden, um das auszugleichen. Es wird etwas zu häufig und zu heftig."
Zwar ist Steiner bewusst, dass er zwei Rookies im Auto hat, bei denen Fehler häufiger auftreten als bei routinierten Piloten, doch nach einem halben Jahr sollten sie die groben Unfälle in dieser Häufigkeit abstellen, findet er.
Für ihn geht es dabei um ein gesundes Maß an Risikoeinschätzung: "Ist es das wert oder nicht?", so Steiner. Das bläut der Teamchef seinen beiden Piloten immer wieder ein. "Man muss sich vielleicht noch einmal mit ihnen hinsetzen und ihnen das große Gesamtbild erklären", meint er.
Keine Möglichkeit, kein Risiko
"Manchmal muss man Risiken eingehen. Aber das geht man ein, wenn es eine Möglichkeit gibt. Wenn es keine gibt, dann gehe ich auch kein Risiko ein, weil es nichts zu gewinnen gibt", so der Teamchef.
Für Haas selbst gibt es in diesem Jahr eigentlich kaum etwas zu gewinnen. Der kaum entwickelte Bolide ist mittlerweile deutlich schlechter als Williams, sodass die Piloten meist gegen sich selbst kämpfen. Im Sprint von Silverstone war es dabei auch zur teaminternen Kollision zwischen Schumacher und Masepin gekommen.
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"Ich sage immer, dass ich nicht dagegen bin, dass sie gegeneinander racen - wie zuletzt in Großbritannien", betont Steiner. "Aber sie sollen das Risiko von Schaden minimieren, der niemandem hilft."
Ein gutes Beispiel wäre für ihn das dritte Freie Training gestern: "Wir wissen, dass man dort nichts gewinnen kann. Von daher sollten wir dieses Risiko nicht eingehen."
Schumacher will Nachteile vom Auto ausgleichen
Dieses Credo hat sich Masepin mittlerweile hinter die Ohren geschrieben: "Es ist wichtig, nicht zu früh zu viel vom Auto zu verlangen, vor allem da es ihm im Vergleich zur Konkurrenz an Abtrieb fehlt", sagt der Russe. "Ich bin froh, dass ich nicht zu übermütig war, da mein Team nicht so reich ist, dass es sich kaputte Teile leisten kann. Und ich möchte als Rookie keine Streckenzeit verlieren."
Schumachers Ansatz ist hingegen ein anderer: "Ich möchte immer mein Bestes geben. Und weil uns natürlich etwas zu den anderen fehlt, muss ich versuchen, hier und da ein kleines Bisschen zu finden, um bereit für die Qualifikation zu sein, um dort noch einen Schritt zu machen", sagt er. "Leider war der Schritt heute zu groß, und wir haben es verloren."
Der Ärger beim Teamchef war danach aber groß. Nach Fortschritten seiner Fahrer gefragt, winkt Steiner ab: "Vielleicht ist es gerade nicht der beste Zeitpunkt, um Leute zu evaluieren", sagt er. "Mit der Performance haben wir keine Probleme, aber wir machen zu viele Fehler. Das ist das Problem."
"Aber zur Verteidigung von Nikita sollte ich vielleicht nicht den Plural benutzen, denn er hat sich in den vergangenen Rennen sehr gut verhalten und nichts kaputt gemacht", richtet Steiner seine Kritik ganz klar in Richtung Schumacher. "Mick hatte hingegen einige Unfälle. Da müssen wir besser werden."
Jenson Button: Vielleicht liegt es ja am Auto ...
Unterstützung bekommt der Rookie jedoch sogar von einem Ex-Weltmeister: "Ich stimme Günther zu und vielleicht liegt es an den Fahrern", schreibt Jenson Button, "aber hat er jemals daran gedacht, dass es auch daran liegen könnte, dass das Auto schwierig zu fahren ist?"
"Diese Autos sind so viel komplizierter zu fahren", bestätigt Masepin und bezieht sich auf die Formel 2 als Vergleich. "Man kann viel einfacher Fehler machen. Nicht nur, weil die Geschwindigkeiten höher sind, sondern auch, weil sie viel leichter von Wind und mangelndem Grip überrascht werden können, wenn man die Reifen überhitzt. Die Autos verzeihen nichts", so der Russe.
Gerade Rookies hätten damit noch Schwierigkeiten, und es gebe keine Garantie, dass Mick Schumacher oder Yuki Tsunoda keine Fehler machen - beide hatten in Ungarn jeweils einen Unfall. "Und es gibt auch keine Garantie dafür, dass ich nicht auch bald einen Fehler mache", so Masepin.
"Wir fahren mit der schnellsten Geschwindigkeit, die diese Autos aushalten können, oder versuchen es zumindest, aber manchmal passieren Fehler", sagt er weiter. "Gerade unter solchen Umständen kann jeder Fehler machen. Das ist normal. Wir sind nicht perfekt."