Norbert Haug: E-Fuels sind der richtige Weg für die Formel 1
"Um die E-Fuel-Entwicklung voranzutreiben, ist der Motorsport geradezu ideal", sagt Nobert Haug und sieht die Formel 1 in der Pflicht, eine Vorreiterrolle zu übernehmen
(Motorsport-Total.com) - Mit der Einführung einer neuen Motorengeneration in der Formel 1 ab 2025 will die Königsklasse auch auf 100 Prozent synthetischen Kraftstoff umsatteln. Ursprünglich war dieser Wechsel früh angedacht. Weil die Anpassung mit den aktuellen Motoren aber zu komplex und teuer ist, wurde er verschoben.
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Noch lässt die Einführung eines komplett synthetischen Kraftstoffs auf sich warten Zoom Download
Für eine schnellere Einführung spricht sich Norbert Haug aus. "Ich glaube, man muss ganz dringend dieses Nachhaltigkeitssignal jetzt absolut präsentieren in der Formel 1, und zwar mit synthetischem Kraftstoff", sagt der langjährige Motorsportchef von Mercedes im Gespräch mit 'Sport1'.
"Mit synthetischem Kraftstoff sind 1.000-PS-Motoren absolut klimaneutral zu betreiben. Elektro-Mobilität, so gern wir sie haben, ist nicht klimaneutral", weiß der 68-Jährige. "Auf lange Sicht nicht, und in Deutschland schon gar nicht, solange über 50 Prozent des Stroms nicht regenerativ sind."
E-Fuels als Klimakonzept der Zukunft
"Es ist ja bekannt, dass wir zurückgehende Windkraft hatten im letzten Jahr, weil der Wind halt nicht immer weht, weil der Strom flüchtig ist und nicht lange Zeit gehalten werden kann. Die Klimaneutralität wäre darstellbar mit den E-Fuels."
Allerdings räumt Haug ein, dass es auch "ein relativ kompliziertes Vorgehen" sei, die E-Fuels zu produzieren. "Aber ich denke, die Formel 1 sollte sich das leisten und zeigen, dass Verbrenner-Motoren absolut klimaneutral zu betreiben sind."
"Zur Produktion von E-Fuels braucht man sehr viel Strom. Dieser Strom sollte dort generiert werden, wo die Sonne immer scheint, wo der Wind weht, und dann geht es zu ganz günstigen Preisen. Nicht zu 30 Cent pro Kilowattstunde, wie bei uns, sondern zu 0,3 Cent auf Sicht. Dann wird da ein Schuh draus."
Motorsport als Wegbereiter für Innovation
"Und ich denke, auch bei der Batterieelektrik, bei der Unterstützung der Batterieelektrik, muss man diesen Weg Richtung E-Fuels/synthetische Kraftstoffe/Biokraftstoffe unbedingt mit Vehemenz gehen", findet Haug und fordert, dass den Nachhaltigkeitsversprechen endlich auch Taten folgen sollte.
Die Formel 1 und generell der Motorsport könnte dabei eine Vorreiterrolle übernehmen. "Der Motorsport war immer ein technischer Wegbereiter in der Vergangenheit. Das war vielleicht die letzten 20 Jahre nicht so im Vordergrund, aber es gibt ganz viele Beispiele dafür", betont der Deutsche und nennt eines.
"Wenn Sie in der Versuchskammer einen Motorschaden haben, dann gibt es eine Mittagspause anschließend. Wenn Sie auf der Rennstrecke einen Motorschaden haben, dann gibt es keine Mittagspause. Dann werden ganz dringend und ganz schnell neue Lösungen gefunden. Und am Ende hält der Motor."
Die Formel 1 ist auf dem richtigen Weg
"Genauso ist es jetzt mit E-Fuels. Wenn es irgendwo beschleunigt gezeigt werden kann, dass das geht, im Wettbewerbstempo, dann in der Formel 1. Da kann man Vorreiter sein und die Beweisführung für einen klimaneutralen Verbrennungsmotor antreten. Sehr gerne neben der batterie-elektrischen Lösung für Serienautos. Aber wir werden beides brauchen", betont der Motorsport-Experte.
Die E-Fuel-Entwicklung voranzutreiben, dazu sei der Motorsport geradezu ideal. "Porsche ist ein Vorreiter, wird das mit dem Porsche-Supercup machen. Und die Formel 1 ist auf dem Weg dazu. Ich würde mir wünschen, dass es das dort schon ein paar Jahre gibt. Aber ich verstehe auch, dass es da Verzögerungen gibt."
Trotzdem führe kein Weg daran vorbei. Doch Haug sieht die richtigen Ansätze. "Insgesamt muss die Rennerei auf gar keinen Fall in Sack und Asche gehen, was die Umwelt betrifft. Da ist man auf einem sehr nachhaltigen Weg", findet der 68-Jährige.
Gleichzeitig müsse man immer die Gesamtbilanz sehen. "Man darf nicht nur einseitig beurteilen", so Haug. "Ich glaube, eine Formel 1 verbraucht im ganzen Jahr so viel Treibstoff wie ein Flug nach Japan. Also ich bin sehr für Balance und sehr für Klimaneutralität. Aber man muss sehen, wo der Startpunkt ist. Und da kann sich die Rennerei durchaus sehen lassen und ist weiterhin steigerungsfähig."