"Stillos", "frech": Timo Scheider poltert gegen Ferrari
Timo Scheider solidarisiert sich mit Sebastian Vettel und poltert gegen Ferrari: "Empfinde nur noch Frust, wie mit Rennfahrern und Menschen so umgegangen wird"
(Motorsport-Total.com) - Schwierige Zeiten für Ferrari in der Formel 1: Nach der ernüchternden Performance des SF1000 beim Saisonauftakt 2020 in Österreich steht die Scuderia weiterhin im Kreuzfeuer der Kritik. Weniger wegen des enttäuschenden ersten Rennwochenendes, sondern vielmehr wegen der Art und Weise, wie die Trennung von Sebastian Vettel kommuniziert wurde.
© Timo Scheider (Instagram)
Timo Scheider kann gut nachvollziehen, was Sebastian Vettel gerade durchmacht Zoom Download
Nachdem schon am vergangenen Wochenende Experten wie Jenson Button in Zusammenhang mit der Erklärung von Teamchef Mattia Binotto von einer "billigen Ausrede" gesprochen hatten, hat nun auch der ehemalige DTM-Pilot Timo Scheider auf seinem Instagram-Account zu einer emotionalen Wutrede in Richtung Maranello ausgeholt.
"Ich frage mich: Wo ist der Respekt geblieben? Vor Menschen, vor Kollegen, vor Freunden", poltert Scheider. "Was auch immer da passiert ist, da draußen, was auch immer zwischen den Parteien passiert: Dieser Respekt, offen und ehrlich, in guten wie in schlechten Zeiten, miteinander umzugehen, wo ist der geblieben? Ich verstehe es leider nicht mehr."
"Es macht mich echt wütend, dass es da draußen nur noch um eins geht: Business, Fakten und Zahlen. Natürlich ist es im Sport und generell im Leben wichtig, dass unterm Strich die Leistung passen muss. Aber selbst wenn die mal nicht mehr passt, ist es stillos und in meinen Augen einfach nur frech, wenn man dann den Respekt verliert und die Historie vergisst von den Menschen."
"Schwache Nummer": Scheider findet klare Worte
"Fakt ist: Am Telefon kündigt man keinen Vertrag in meinen Augen. Am Telefon zu sagen, es geht nicht weiter, ist eine schwache Nummer", kritisiert Scheider. "Der Meinung bleibe ich, da ich selber die Erfahrung gemacht habe und weiß, wie weh das tut."
Dazu muss man wissen: Scheider, einem breiteren Motorsport-Publikum bekannt durch seine unrühmliche Rolle in der "Schieb-ihn-raus"-Affäre in Spielberg 2015, als er Pascal Wehrlein auf Kommando des damaligen Audi-Sportchefs Wolfgang Ullrich aus dem Rennen befördert hat, weiß aus eigener Erfahrung genau, was Vettel gerade durchmacht.
Der heute 41-Jährige, 2008 und 2009 auf Audi DTM-Champion, wurde von Audi Ende 2016 kurz vor dem Saisonfinale in Hockenheim überraschend gekündigt - ebenfalls telefonisch. Ein Vorgehen, für das Audi damals scharf kritisiert wurde. Timo Glock sprach etwa davon, dass es "menschlich unter der Gürtellinie" gewesen sei, wie Audi Scheider abserviert hat.
"Wer mich kennt, der weiß, dass ich gerade bei dem Thema sehr sensibel bin. Weil es mich selbst genauso betroffen hat", erklärt Scheider in dem emotionalen Video. "Da wird behauptet, er hat einen Vertrag vorliegen gehabt. Es gab nie einen Vertrag, es gab nie ein Angebot! Das wird aber gesagt. Er war die 'erste Wahl' immer, obwohl man schon mit Sainz verhandelt hat."
Scheider findet: Fahrer haben mehr Respekt verdient
Selbst wenn man in Bezug auf Vettel "geteilter Meinung" sein könne: "Der braucht sich keine Sorgen mehr machen, der ist finanziell abgesichert. Aber darum geht's überhaupt nicht. Ist völlig scheißegal! Sorry, dass ich das sage. Fakt ist, dass es sich einfach nicht gehört. Ich empfinde einfach nur noch Frust, wie mit Sportlern, Rennfahrern und Menschen so umgegangen wird."
Nach Spielberg: Sebastian Vettel ist "schwer zu verteidigen"
"Das, was ich zumindest in meinem Umkreis mitbekomme, gehört sich nicht", sagt Scheider und bezieht sich damit vermutlich auch auf die umstrittene Entlassung von Formel-E-Fahrer Daniel Abt durch Audi, wegen eines missglückten Gag-Versuchs in der virtuellen Formel E, die vor einigen Wochen hohe Wellen geschlagen hat.
"Liebe Hersteller: Es tut mir furchtbar leid", übt Scheider scharfe Kritik an den großen Motorsport-Werken wie Ferrari, Audi & Co. "Meine Sache ist lange her, und danach haben wir es mehrfach mitbekommen bei anderen Fahrerkollegen, wo es sehr, sehr unter der Gürtellinie und in meinen Augen enttäuschend gelaufen ist."