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Streitthema Geisterrennen: Für Hans-Joachim Stuck "absolut nicht" vorstellbar
Sollte die Formel 1 versuchen, die Saison 2020 mit Geisterrennen zu retten? Einige sprechen sich dafür aus, Hans-Joachim Stuck ist allerdings klar gegen diese Idee
(Motorsport-Total.com) - Wird es im Jahr 2020 überhaupt eine Formel-1-Saison geben? Experten sind sich aktuell uneinig. Während man in der Königsklasse selbst noch auf bis zu 19 Rennen hofft, raten die ehemaligen Formel-1-Größen Bernie Ecclestone und Max Mosley, die Saison komplett abzusagen. Eine Option, die Saison noch zu retten, könnten Geisterrennen sein, bei denen keine Zuschauer an der Strecke sind.
Daran hat allerdings nicht jeder Interesse. Unter anderem in Zandvoort erklärte man zuletzt bereits, dass man keine Lust auf einen Grand Prix ohne Zuschauer habe. Auch der langjährige DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck rät der Formel 1 von dieser Idee ab. Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' erklärt er, dass es für ihn "absolut nicht" vorstellbar sei, Rennen ohne Publikum auszutragen.
"Das ist für mich in einer gewissen Weise sogar kontraproduktiv, denn ich könnte mir vorstellen, dass sich dann Leute über Public Viewing oder in Gaststätten, wo es Sky gibt, in großen Mengen treffen", warnt er. Ähnliche Szenen hatte es zum Beispiel zu Beginn der Coronakrise im Fußball gegeben. Dort gab es mehrere Geisterspiele, bei denen sich die Fans dann einfach vor dem Stadion trafen.
Gefahr besteht nicht nur für Zuschauer
Zudem erinnert Stuck, dass nicht nur für Zuschauer eine Gefahr bestünde: "Es müssen [bei einem Grand Prix] ja Streckenposten da sein, es braucht Ärzte und Sanitäter. Und auch das ist ein Risiko, sich anzustecken. Und solange das nicht geregelt ist, macht für mich so eine Veranstaltung keinen Sinn. Da ist es egal, ob es sich um ein Konzert, um Motorsport oder um ein Fußballspiel handelt."
Stuck erklärt im Hinblick auf den Motorsport: "Die Leute sitzen auf engem Raum. Wenn man sich dann noch vorstellt, dass die Leute hinter der Box in den Lkws sitzen, um alles zu überwachen ... Da müssen wir eine Grenze ziehen, denn ob Motorsport, Fußball oder Konzerte: All das ist Vergnügen. Und in der jetzigen Zeit ist Vergnügen in der Prioritätenliste ganz weit hinten angesiedelt."
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"Natürlich spielen diese Dinge auch wirtschaftlich eine Rolle, aber da gibt es andere Bereiche, die jetzt wichtiger sind. Und da muss man vernünftig handeln und das hinten anstellen. Leider, aber das ist halt so", hat der ehemalige Formel-1-Pilot eine klare Meinung. TV-Experte Christian Danner sieht es derweil etwas anders. Für ihn sind Geisterrennen grundsätzlich "eine klare Option", erklärt er gegenüber 'n-tv'.
"Keine Frage, das ist ein Kompromiss. Allerdings ein Kompromiss, den wir hoffentlich eingehen können, damit wir überhaupt stattfinden", findet der Ex-Formel-1-Pilot und erklärt: "Lieber fahren wir ohne einen einzigen Zuschauer und ohne einen einzigen Journalisten, Hauptsache wir fahren. Denn das ist das, wovon der Motorsport profitiert und was das Überleben absichert."
Selbst bei Geisterrennen 1.500 Leute an der Strecke?
Doch wie würde so ein Geisterrennen aussehen? "Da wird man mit 50, 60 Mann [pro Team] über die Runden kommen", erklärt Danner, der das Problem bei Geisterrennen eher woanders sieht: "Im Grunde genommen kommt es ja auch darauf an: Wer macht das Fernsehbild? Wenn die da ohne Zuschauer fahren, merkt es ja keiner, wenn da keine Kamera läuft."
"Ein Fußballstadion ist da kompakter, als eine Rennstrecke mit fünf oder sechs Kilometern", erinnert er und erklärt: "Bei der Formel 1 braucht man viel Logistik. So etwas ist leichter gesagt als getan."Das ganze Drumherum werde dafür sorgen, dass selbst bei einem Geisterrennen mehr als 1.000 Personen zwingend an der Strecke vor Ort sein müssten.
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"Ich glaube schon, dass wir da um die 1.000, 1.500 Leute haben, die sicherstellen, dass das Ding nicht nur ablaufen kann, sondern auch sichtbar wird. Da gehört alles dazu: Von den Stewards, zu den Marshalls, den Ärzten, der Helikopter, da gehört alles dazu, was einen modernen Grand Prix auszeichnet", erinnert Danner, für den "die eigentliche Frage" eine ganz andere sei.
"Wo darf ich hin, wie schauen die Einreisebedingungen aus in den Ländern mit Rennstrecken?", lautet für den RTL-Experten die zentrale Frage. Denn auch die von Danner angesprochenen 1.500 Personen aus dem Paddock müssten erst einmal an eine Strecke kommen, um dort ein Rennen auszutragen. Und diese Herausforderung alleine dürfte bereits groß genug sein - vom Publikum ganz zu schweigen.