Gemeinsames Interview: Hamilton/Wolff lachen über Medienberichte
Lewis Hamilton, darauf deutet immer mehr hin, wird auch nach 2020 Formel 1 für Mercedes fahren - Wechsel zu Ferrari wäre nur "eine kurzfristige Geschichte"
(Motorsport-Total.com) - "Solange wir ein schnelles Auto haben", hat Toto Wolff kürzlich gegenüber 'auto motor und sport' erklärt, "werden wir immer vor der Situation stehen, dass wir uns aussuchen können, wer diese Autos fährt." Und nach einem Kurzzeit-Flirt seines Superstars mit Ferrari im vergangenen Jahr deutet nun alles darauf hin, dass Lewis Hamilton doch bei Mercedes verlängern wird.
Der Vertrag des sechsmaligen Weltmeisters läuft Ende 2020 aus, und nach zwei Treffen mit Ferrari-Präsident John Elkann wurde Ende 2019 heftig darüber spekuliert, ob Hamilton ab 2021 eventuell zur Scuderia wechseln könnte. Doch die hat inzwischen mit Charles Leclerc (bis Ende 2024) verlängert und den neuen Vertrag für Sebastian Vettel öffentlich zur Priorität erklärt.
Mutmaßlich, weil Hamilton signalisiert hat, dass er doch nicht kommen möchte. Obwohl ihn Ferrari, das gibt er in einem gemeinsamen Interview mit Wolff bei 'Sky'-Host Martin Brundle zu, durchaus reizen würde. Aber: Zu Ferrari zu wechseln, das wäre "eine kurzfristige Geschichte", sagt der 35-Jährige - und meint damit vermutlich: kurzfristig gedacht.
Lieber ein Leben lang Mercedes als zwei Jahre Ferrari?
Der Reiz ist da: "All die Fahrer, die schon für Ferrari gefahren sind! Es ist ein unglaubliches Team, und das Rot der Autos ist wunderschön. Ich habe auch Rot auf meinem Helm. Rot ist die Farbe der Leidenschaft oder der Liebe, oder wie auch immer man das formulieren möchte."
Dass er für zwei, drei Jahre bei Ferrari ein ganzes (gut bezahltes) Leben als Mercedes-Markenbotschafter aufs Spiel setzen würde, ist unwahrscheinlich. Hamilton selbst sagt: "Sogar Sir Stirling Moss ist noch Teil des Teams. Mercedes würdigt so etwas. Man wird Teil eines Vermächtnisses, ein lebenslanger Partner. Das finde ich extrem attraktiv."
Das Interview mit 'Sky' ist insofern sehr spannend, als neben dem Gesagten auch die Dynamik zwischen Hamilton und Wolff, die sich an einem Tisch gegenübersitzen, schön beobachtet werden kann. Dabei gewinnt man den Eindruck: Hier sitzen zwei Männer, die einander vertrauen - und auch wenn es noch keine Unterschrift gibt längst wissen, wie es weitergehen wird.
Hamilton hat keinen Grund zu gehen. Mercedes hat mit dem F1 W11 EQ Performance nach Expertenmeinungen wieder das beste Auto der Formel 1 gebaut. Der Mercedes-Motor hat über den Winter an PS zugelegt, und mit dem DAS-System ist den Silberpfeilen ein echter Technik-Coup gelungen, der weltweit Schlagzeilen gemacht hat.
Sportlich ist alles angerichtet, um 2020 den siebten WM-Titel zu gewinnen und den alten Rekord von Michael Schumacher einzustellen.
Aber auch menschlich passt es zwischen Hamilton und Wolff. Die beiden erzählen mit einem Grinsen im Gesicht, wie sie 2018 ihre bisher letzte Vertragsverlängerung ausgehandelt haben: in Hamiltons Wohnung in Monaco, keine Rechtsanwälte, zehn Stunden lang, mit Pizza zum Mittagessen.
Wolff: Keine Überraschungen zu erwarten
Dieses Gespräch steht jetzt erst bevor. "Es geht darum, einen Tag zu finden, an dem wir ein paar Stunden gemeinsam verbringen können", sagt Wolff. "So haben wir das auch in der Vergangenheit immer gemacht." Und: Man kenne einander so gut, dass dabei nicht mit Überraschungen zu rechnen sei.
Auch nicht beim Thema Geld? "Wir haben einander im Groben schon gesagt, was unsere Ziele sind, wie wir uns weiter engagieren wollen. Ich sehe daher keinen Grund, irgendwas zu überstürzen", winkt Hamilton ab.
Wolff nickt: Medienberichte, wonach Hamilton exorbitante, nicht zu erfüllende Gagenforderungen gestellt habe, sind frei erfunden.
"Ich habe Lewis vor ein paar Tagen eine Textnachricht geschrieben und ihn gefragt: 'Sag mal, ich lese in der Presse all diese Kommentare über unsere Verhandlungen, dass du so viel Geld haben willst.' Dabei haben wir noch nicht einmal darüber gesprochen! Das ist alles frei erfunden", sagt der 48-jährige Österreicher.
Hamilton bestätigt: "Wir haben uns noch nicht hingesetzt und geredet. Es ist verrückt, denn in den Medien kursieren all diese Berichte. Ich gehe an solche Dinge normalerweise ganz entspannt heran. Ich vertraue Toto. Ich finde, wir haben eine gute Vertrauensbasis zwischen uns."
Manchmal, erzählt der Brite, melde sich Wolff per WhatsApp bei ihm, um nachzufragen, ob alles okay sei. Und momentan gibt es keinen Grund zur Annahme, dass der silberne Superstar davonlaufen wird ...