Grosjean in der Krise: Situation war 2012 noch schwieriger
Haas-Pilot Romain Grosjean erzählt, wie es ihm im Vergleich zu seiner "Crashkid"-Saison 2012 derzeit ergeht - Teamkollege Kevin Magnussen stärkt ihm den Rücken
(Motorsport-Total.com) - "Zumindest habe ich all mein Pech für die nächsten vier Jahre aufgebraucht", hofft der Pechvogel der ersten Saisonhälfte. Romain Grosjean konnte seinen Haas VF-18 in acht Saisonrennen bislang kein einziges Mal in die Top 10 stellen. Der Franzose stolperte über technische Pannen und eigenes Unvermögen. Schon der Saisonbeginn in Melbourne war ein Vorbote für all die Pleiten, die folgen sollten. Ein verkorkster Boxenstopp bremste beide Haas-Piloten aus, der sicher geglaubte Punkterang war verloren. Und so zerronnen Chance um Chance, zuletzt in Frankreich kam er dem ersehnten erste WM-Punkt mit Rang elf bereits sehr nahe. Dennoch betont der Franzose, dass seine aktuelle Situation nicht so schlimm sei wie in der Saison 2012 - damals wurde er nach dem Startunfall in Belgien für ein Rennen gesperrt.
"Die Situation 2012 war härter. Ich wurde hart kritisiert von anderen Fahrern, die ich respektiere. Ich habe große Probleme verursacht, das ging es um Sicherheitsbedenken. Manche waren total mein Fehler, manche waren ein bisschen an der Grenze", erinnert sich der ehemalige Lotus-Pilot. In seiner Anfangsphase beim Renault-Team und später bei Lotus war Grosjean als "Crashkid" verschrien, schließlich gipfelte seine Rowdy-Attitüde in einem Massencrash in Kurve 1 in Spa-Francorchamps.
Diese wilden Zeiten sind aber vorbei: "Es war eine härtere Zeit als jetzt." Nachdem der Franzose für den Grand Prix in Italien ein Startverbot erhielt, suchte er sich auch mentale Hilfe. Der Imagewandel gelang, und schon bald sollte Grosjean zum Anwärter auf ein Topcockpit werden. Doch den Sprung hat er auch mit 32 Jahren noch nicht geschafft. Bei Haas war er noch im Vorjahr allerdings der Punktehamster, 2018 hat sich das Momentun zugunsten von Kevin Magnussen deutlich verschoben.
"Hätten schon viel öfter Punkte holen sollen"
27:0 - so lautet die interne WM-Wertung bei Haas. Grosjean konnte noch keinen einzigen WM-Punkt zum Teamkonto beitragen. "Es ist auch derzeit nicht einfach und natürlich möchte ich mehr für das Team, aber wenn man sich alle Rennen ansieht, dann hätte ich bei manchen besser abliefern können und bei manchen waren einfach äußere Umstände schuld", begründet Grosjean seine Durststrecke.
Fotostrecke: Startunfall Belgien-Grand-Prix
Der Start: Romain Grosjean (Lotus) zieht nach rechts und fährt Lewis Hamilton (McLaren) vors Vorderrad. Fotostrecke
"Darauf will man sich nicht fokussieren, aber offensichtlich ist das jetzt schon eine längere Durststrecke. Wenn man sich nur die Performance des Autos ansieht, dann hätten wir Punkte schon viel öfter holen sollen. Das schmerzt, aber es wird kommen", stimmt er Durchhalteparolen an. Ein Boxenstopp-Fauxpas in Australien, beinahe Kollision mit Magnussen in Bahrain, Opfer einer Teamregie in China, Crash hinter dem Safety-Car in Aserbaidschan, Startcrash in Spanien, Formtief in Monaco, ein Motorschaden und Murmeltier-Vorfall in Kanada und zuletzt in Frankreich Platz elf - die Bilanz der Saison stimmt Grosjean dennoch nicht traurig.
Für das Ergebnis in Frankreich zuletzt hat er eine simple Erklärung: "Ich war mit Q3 nicht zufrieden. Wir haben einen kleinen Fehler gemacht. Ich bin in Q3 rausgefahren, hatte aber nicht die richtige Balance eingestellt. Ich habe mich gedreht, was uns Platz sieben gekostet hat. Diesen Platz hätten wir einfahren müssen, dann wäre das alles anders ausgegangen." Dennoch schöpft er Hoffnung aus der Leistung von Teamkollege Magnussen, der Däne konnte in Le Castellet bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr Sechster werden.
Magnussen: "Grosjean ist schnell, ein intelligenter Pilot"
"Das Auto ist schnell. Es ist schon eine Weile sehr schnell. Wenn man Monaco ausnimmt, wo wir nicht so stark waren, konnten wir sonst immer überall ein schnelles Tempo gehen. Es gibt also keinen Grund zur Annahme, dass das hier (Österreich; Anm. d. Red.) oder in Silverstone nicht so sein wird. Wir werden außerdem Updates in Deutschland bekommen", verrät Grosjean. "Das Auto hat eine sehr starke Basisabstimmung, wenn wir also die Reifen ins Temperaturfenster bekommen und darauf aufbauen, sollten wir ein paar gute Resultate bis zu Saisonende einfahren."
Grosjean verspricht jedenfalls für das Wochenende in Spielberg, dass er keinen Dreher in Q3 einbauen werde. Viele Konkurrenten, wie etwa die Renault-Fahrer sehen das Ferrari-Kundenteam im Mittelfeld als große Konkurrenz auf dem 4,3 Kilometer langen Kurs an. Vor allem die langen Geraden und die Asphaltbeschaffenheit könnten Haas entgegenkommen. "Ich werde so fahren, wie ich immer gefahren bin", versichert er. Und Teamkollege Magnussen gibt Schützenhilfe: "Er hatte bislang eine echt harte Saison, aber er ist sehr schnell, ein intelligenter Pilot. Und daher bin ich mir ganz sicher, dass er sich zurückkämpfen wird."