Fast täglich beim Team: Sirotkin arbeitet bis zur Erschöpfung
Kein Fahrer ist häufiger in der Fabrik, lobt Chefin Claire Williams - Formel-1-Rookie Sergei Sirotkin kämpft an allen Fronten gegen den schwachen Saisonstart
(Motorsport-Total.com) - Nein, einfach ist die Debütsaison in der Formel 1 für Rookie Sergei Sirotkin bislang wahrlich nicht. Der junge Russe ist neben Haas-Pilot Romain Grosjean der einzige Fahrer, der noch keinen WM-Punkt sammelte. Mit dem hoffnungslos unterlegenen Williams FW41 fährt er ständig hinterher - zuletzt musste er beim Grand Prix in Barcelona am Freitag erst für Testfahrer Robert Kubica passen, im Rennen wurde er dann abgeschlagener Letzter und plagte sich mit Schmerzen, die Probleme mit seinem Sitz seit Saisonbeginn verursachen.
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Sergei Sirotkin ist fast rund um die Uhr bei Williams, will den Umschwung schaffen Zoom Download
Als ob das nicht genug wäre, prasselt auch von außen unaufhörlich Kritik auf die Williams-Fahrer ein. Zu jung, zu schlecht, zu unerfahren - reine Paydriver, so der Ruf von Sirotkin und Teamkollege Lance Stroll bei vielen Beobachtern. "Für 2018 wurde die Entscheidung getroffen, vorrangig auf Geld zu setzen. Das reicht halt nicht aus, um eine erfolgreiche Saison zu haben", ätzte zuletzt sogar Ex-Pilot Felipe Massa unverhohlen gegen seine Nachfolger beim englischen Traditionsrennstall.
Sirotkin aber hat seinen eigenen Ansatz, um mit den Problemen fertig zu werden - eigenen Angaben zufolge arbeitet er Tag und Nacht zeitweise bis zur Erschöpfung mit dem Team. Fast täglich ist er in der Fabrik in Grove und versucht sich einzubringen. "Ja, ich mache mir das Leben schon schwerer damit. Es ist wirklich hart und manchmal bin ich echt fertig, aber es ist meine eigene Entscheidung. Wenn ich wollte, könnte ich dreimal weniger Zeit in der Fabrik verbringen und immer noch all meine Aufgaben erledigen, die ich tun müsste. Aber ich will helfen, wo ich kann", beschreibt er im Interview mit 'Motorsport-Total.com' sein Arbeitspensum.
Teamchefin Claire Williams bestätigt dies und sagt, sie habe noch keine Fahrer kennengelernt, der mehr Zeit beim Team verbringe: "Er ist fast jeden Tag da. Das darf man nicht unterschätzen. Es ist nicht nur die Arbeit, die er im Simulator erledigt. Er läuft durch die ganze Fabrik und unterhält sich auch mal mit den Angestellten im Fanshop." Die Tochter von Sir Frank Williams beeindruckt so viel Einsatz. "Das ist schon eine Leistung, wenn du neu im Team bist und 500 oder 600 Leute kennen lernen willst."
Ihren Piloten nimmt sie deshalb aus der Schusslinie und verteidigt ihn gegen die Kritik von außen. "Wir haben ihm doch nicht das Material gegeben, mit dem er sein Talent zeigen kann. Jeder neue Fahrer will zeigen, was er drauf hat, aber trotz allem hat er seine Moral behalten und steckt jede Menge Arbeit rein. Wir sind wirklich beeindruckt von seiner Haltung und Herangehensweise", sagt die 41-Jährige.
Sirotkin habe auch schon auf der Strecke gute Arbeit abgeliefert - doch fehlender Abtrieb am Unterboden und am Diffusor bis hin zum Strömungsabriss mache den FW41 zeitweise unfahrbar, offenbarte in Barcelona Williams-Berater Alexander Wurz. "Das ist wirklich, wirklich hart", seufzt der 22-jährige Russe. "Es hilft natürlich nicht, wenn man sich als Rookie gleich mit so vielen Problemen konfrontiert sieht." Im nächsten Atemzug gibt er sich aber schon wieder kämpferisch: "Wenn ich es schaffe, diese Herausforderungen zu meistern, mit dem Team gemeinsam diese schwierige Zeit durchstehe, dann werden wir bald sehr stolz auf uns sein."