Toto Wolff: Alex Wurz beendete meine Rennfahrerkarriere
Vom Rennfahrer zum Investor: Wie Toto Wolff an Alexander Wurz verzweifelte und sich ins Business begab - Finanzieller Erfolg mit simplen Prinzipien
(Motorsport-Total.com) - Er kam nahezu aus dem Nichts, heute ist er einer der erfolgreichsten Investoren in der Formel 1: Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff hat sich mit einem kometenhaften Aufstieg in der Formel-1-Welt unverzichtbar gemacht. Dabei war die Geschäftswelt ursprünglich gar nicht sein Ziel. Toto Wolff wollte Rennfahrer werden und tat dies auch zunächst. Doch schnell musste er feststellen, dass es nichts werden würde. Daraus entwickelte er Prinzipien, die ihm zu seinem Erfolg als Investor verholfen haben.
Wolff war ein guter Rennfahrer, aber eben kein herausragender. Der Moment der Erleuchtung kam schon früh in den 1990er-Jahren, wie er gegenüber 'Formula1.com' erklärt: "Wir fuhren auf dem alten Österreichring Formel Ford. Ich fuhr hinter Alex Wurz durch die alte Bosch-Kurve, eine schnelle Kurve, die bergab geht. Meines Erachtens fuhr ich ziemlich gut. Aber als ich sah, was Alex mit dem Auto dort angestellt hat, wusste ich schlagartig: 'Das kann ich nicht.' Es war schwierig, zugeben zu müssen, dass man niemals diese Topfahrer wird schlagen kann!"
Doch Wolff schluckte die bittere Pille: "Ich denke, es ist eine meiner Stärken, dass ich brutal ehrlich zu mir bin, was ich kann und was nicht. Und so habe ich meinen Weg gefunden, den Rennsport und die Geschäftswelt unter einen Hut zu bringen." Er gründete 1998 seine eigene Investment-Firma, die sich zunächst auf Internet- und Technologieunternehmen konzentrierte. Erst 2006 stieg er beim Mercedes-DTM-Team ein. Mit dem verdienten Geld konnte er sich sogar wieder einige Renneinsätze im GT-Sport leisten. 2009 beendete er seine fahrerischen Aktivitäten endgültig mit dem Nordschleifenrekord inklusive Horrorcrash.
Erfolgreich mit Glück und Vorsicht
Im selben Jahr tauchte er dann erstmals in der Formel 1 auf, als er bei Williams als Investor einstieg. "Ich war Teameigner in der DTM und der WRC, da war die Formel 1 der logische Schritt", erinnert er sich zurück. Er gibt zu, dass er ein wenig Glück hatte: "Wenn jemand erzählt, dass in seiner Erfolgsgeschichte der Faktor Glück keine Rolle gespielt hat, dann lügt er. Es war ein Faktor, als ich in der Formel 1 angefangen habe. Zum Beispiel, dass ich auf derselben Wellenlänge mit Frank Williams war. Oder 2012 ein Rennen mit 'Mad Pastor' zu gewinnen und dadurch das Interesse von Mercedes auf mich zu ziehen. Das war eine Verkettung der richtigen Ereignisse zur richtigen Zeit."
Mercedes: So entging man dem Ferrari-Drama
Die Strategie der Silberpfeile ging beim Grand Prix von Großbritannien einwandfrei bis hin zum Doppelsieg auf Weitere Formel-1-Videos
Seine Investitionen tätigt Wolff immer nach denselben Prinzipien, die ihn schon zu Formel-Ford-Zeiten den richtigen Riecher hat haben lassen: "Einer meiner wichtigsten Werte ist, niemals zu lügen. Wenn man lügt und es aufgedeckt wird, geht deine ganze Glaubwürdigkeit den Bach herunter. Leider war dies eine alte Mentalität in der Formel 1, die noch aus einer Welt stammt, die nicht transparent ist. Das ist heutzutage vorbei. Wer heute lügt, fliegt auf. Und seine Glaubwürdigkeit ist zerstört."
Ein weiteres zentrales Merkmal seiner Geschäfte: Niemals zum Spieler werden. "Ich bin das komplette Gegenteil eines Spielers. Ja, manche Leute sind mit Zocken erfolgreich geworden, aber die sind die Ausnahme. So etwas ist nicht nachhaltig. Ich gehe nur Geschäfte ein, in denen ich selbst im schlechtesten denkbaren Falle noch leben kann. Alsodass selbst das Worst-Case-Szenario mit ausreichend Raum zum Atmen geben würde. Ich gehe weder in Casinos, noch Wetten ein. Oh, manchmal wette ich mit Niki um zehn Euro, da kann ich definitiv mit dem Worst-Case-Szenario leben!"
Das Beste aus zwei Welten in einem Mann
Mittlerweile gehört Torger Christian Wolff zu den 100 reichsten Menschen Österreichs und liegt sogar vor Niki Lauda. "Ich würde die Liste lieber lesen, ohne meinen Namen darin zu finden", gibt er sich bescheiden. Wichtiger sind ihm ohnehin die menschlichen Verbindungen. "Niki und ich haben ein riesiges gegenseitiges Vertrauen in den vergangenen Jahren aufgebaut. Als Teilhaber bei MGP (Mercedes Grand Prix; Anm. d. Red.) haben wir die gleichen Interessen. Aber mittlerweile geht das noch weiter: Wir reden nicht mehr nur über das Geschäft, sondern auch darüber, ob wir zu Hause gut oder schlecht behandelt werden", lacht er.
Mit 45 Jahren sieht er sich gut verwirklicht: "Es ist eine perfekte Symbiose: Auf der einen Seite steht meine alte Liebe - der Motorsport, auf der anderen Seite meine Business-Interessen. Es ist wunderschön, beide Seiten unter einen Hut zu bringen. Was in der Formel 1 härter ist: Man ist immer nur so gut wie im letzten Rennen. Man wird 20 Mal im Jahr evaluiert. Innerhalb von zwei Wochen kann man vom 'Hero' zur 'Zero' werden und umgekehrt. Aktiengesellschaften müssen nur viermal im Jahr Rapport erstatten. Aber verglichen mit der Geschäftswelt sind Formel-1-Teams nur mittelgroße Unternehmen."
Wie es in Zukunft weitergeht, will Toto Wolff nicht sagen. Im schnelllebigen Formel-1-Business ist nur wenig garantiert: "Man kann ein bisschen voraus blicken, zum Beispiel ein genaues Auge auf die Entwicklung der Regularien haben und sich darauf konzentrieren." Dass er gerne noch weitermachen würde, liegt auf der Hand. Schließlich kombiniert er für ihn das Beste aus zwei Welten: "Im Motorsport geht es darum, etwas Unkontrollierbares zu kontrollieren. Darin liegt der Reiz. Ein Ritt auf der Kanonenkugel gegen die Gesetze der Physik. Und das steht in der Tat völlig im Gegensatz zu meinem vorsichtigen Geschäftsgebaren."