Toto Wolff: Baku-Kapitel geschlossen
Der Mercedes-Teamchef will nach der FIA-Entscheidung nicht mehr gegen Sebastian Vettel nachkarten - Volle Konzentration gilt dem vierten Sieg in Folge in Spielberg
(Motorsport-Total.com) - Kapitel neun im packenden WM-Duell zwischen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel steht an: Beim Großen Preis von Österreich auf dem Red-Bull-Ring in Spielberg geht der Kampf zwischen Mercedes und Ferrari in die nächste Runde. Und das mit besten Voraussetzungen: Nur 14 Punkte beträgt der Vorsprung von WM-Leader Vettel auf den Briten, der alles daran setzen wird, den Rückstand vor seinem Heimspiel eine Woche später in Silverstone zu verkleinern. Außerdem ist die Atmosphäre zwischen den Protagonisten seit Baku mächtig aufgeheizt.
Hamilton will bei seinem Rivalen bereits Schwächen erkannt haben und glaubt, dass Vettels Rammstoß in Aserbaidschan das Resultat wachsenden Drucks sei. Groß nachkarten will man bei den Silberpfeilen nach der FIA-Entscheidung Anfang der Woche aber nicht mehr. Teamchef Toto Wolff akzeptiert, dass der Deutsche ohne weitere signifikante Bestrafung davonkommt und sagt: "Dieses Kapitel ist jetzt geschlossen und wir haben den Moment hinter uns gelassen. Die Anhörung am Montag war zwischen der FIA und Sebastian, und sie kam zu dem Ergebnis, das wir alle gesehen haben."
Viel lieber konzentriert man sich bei Mercedes im WM-Kampf wieder auf sich selbst - denn auch das in den vergangenen Jahren so erfolgsverwöhnte Team hat in dieser Saison bereits viele Punkte liegen gelassen. Etwa in Monaco, als man nicht auf die richtige Abstimmung kam, oder zuletzt in Baku, als Hamilton von der lockeren Cockpitumrandung seines W08 um den Rennsieg gebracht wurde. "Unser Hauptaugenmerk lag seit Baku auf unseren eigenen Schwächen. Wir haben sowohl das Design als auch die Abläufe rund um unsere Cockpitumrandung genau analysiert", bestätigt Wolff.
Wolff gibt zu: Abstimmung noch immer schwierig
"Mercedes first" heißt also das Motto bei den Silbernen, die sich von Scharmützeln nicht ablenken lassen wollen. Trotz großer Verbesserungen in den letzten Rennen, als man wieder das dominierende Team war, traut Wolff seinem etwas zickigen Boliden noch immer nicht ganz: "Es ist immer noch schwierig, es auf den Punkt hinzubekommen. Aber es gelingt uns regelmäßiger. Ganz offenbar sind wir nicht das einzige Team, das Zeit gebraucht hat, um das Zusammenspiel der neuen Regeln und Reifen besser zu verstehen. Aber wir machen Schritt für Schritt Fortschritte", zeigt er sich zufrieden, fordert von seiner Truppe aber, dies nun an jedem Rennwochenende hinzubekommen.
Was helfen sollte: Der Red-Bull-Ring ist seit seinem Formel-1-Comeback 2013 stets Mercedes-Terrain. Power und Antriebsleistung sorgten dafür, dass zweimal in Folge Nico Rosberg und im vergangenen Jahr Hamilton triumphieren konnten. "Aber wir dürfen uns nicht auf unsere Erfolgsbilanz in Spielberg verlassen, denn das Reglement ist brandneu", hebt Wolff warnend den Zeigefinger." Nur ungern lässt sich der Teamchef die Favoritenrolle zuschieben und singt dagegen das Loblied auf den neu entflammten Zweikampf mit Ferrari.
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"Die neuen Besitzer hätten sich kaum einen besseren Start in die neue Ära wünschen können als dieses epische Duell zwischen Mercedes und Ferrari. Hinzu kommt ein Red-Bull-Team, das ebenfalls siegfähig ist, und schon ist die Formel 1 ein großartiges Spektakel", so der 45-Jährige, der deshalb auch die Zuspitzung zwischen Vettel und seinem Nummer-eins-Piloten gelassen sieht. "Es ging ruhig los, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis die Rivalität härter und umstrittener werden würde. In Baku war es dann soweit und wir erlebten das Ergebnis dieser Anspannung auf der Strecke."
Schon zu Beginn des Rennwochenendes in Österreich darf man gespannt sein, wie der Brite und der Deutsche bei ihrem ersten Zusammentreffen nach Baku miteinander umgehen werden. Nicht nur deshalb freut sich Wolff auf den Grand Prix in seinem Heimatland. "Es ist immer etwas Besonderes, nach Spielberg zurückzukehren, wo meine Wurzeln im Rennsport liegen. Als junger Rennfahrer bin ich meine ersten Runden auf dem alten Österreichring gefahren. Entsprechend wird mir diese Strecke immer am Herzen liegen." Wahrscheinlich wird sie es noch etwas mehr, sollte Hamilton am Sonntag der vierte Mercedes-Sieg in Folge auf dem Red-Bull-Ring gelingen.