Alexander Wurz' roter und blauer Schuh: Stimmt's wirklich?
Auf den Spuren der "Mythbusters" - Ausgabe 16: Trug Alexander Wurz am linken und am rechten Fuß verschiedenfarbige Schuhe, obwohl er nicht abergläubisch ist?
(Motorsport-Total.com) - Seit Jahrzehnten ist das Formel-1-Fahrerlager eine Welt, die voll ist von kleinen Geschichten um skurrile Teamchefs, von Piloten am Rande des Wahnsinns (oder jenseits davon) und irren physikalischen Phänomenen. In unserer Serie "Stimmt's wirklich? Formel-1-Mythen unter der Lupe!" gehen wir Legenden der Szene nach, die sich hartnäckig halten - und erkundigen uns bei denjenigen, die es wissen müssen. Nach Vorbild der US-TV-Doku Mythbusters.
In unserer 16. Ausgabe beschäftigt uns eine von vielen Erzählungen, die sich um Marotten, Rituale und Aberglauben drehen. Es geht darum, ob Ex-Formel-1-Pilot Alexander Wurz wirklich immer am linken und am rechten Fuß verschiedenfarbige Schuhe trug, weil ihm das Glück bringen sollte. Denn der Österreicher ist als Kopfmensch bekannt und hält von guten Omen erklärtermaßen wenig.
Um was geht's?
Schon für Enzo Ferrari machten Farben den Unterschied - und dabei ging es dem "Commendatore" nicht um das Rot seiner Rennwagen, sondern vielmehr um das in Italien als unglücksbringend verschrieene Lila, das noch heute bei der Scuderia nicht gerne gesehen ist. Kurioserweise pflegte der Patron aber das Ritual, Verträge stets mit violetter Tinte zu unterschreiben. Für Jenson Buttons Vater John war Pink die Farbe der Wahl: Ein entsprechendes Hemd sollte seinem Sohn Glück bringen.
Was ist der Mythos?
Während seiner Zeit bei Benetton war Alexander Wurz immer mit jeweils einem roten und einem blauen Rennstiefel an den Füßen zu sehen, ehe er diese Marotte bei McLaren aufgab und während seiner Sportwagen-Karriere wieder einführte. Es heißt, das Ganze sei ein Glückbringer im Cockpit gewesen, obwohl er selbst gar nicht abergläubisch ist.
Und, stimmt's nun wirklich?
Alexander Wurz sagt: "Ja, es ist in Neuseeland in der Formel Ford entstanden. Ich habe einen roten und einen blauen Schuh angezogen und das Rennen gewonnen. Dann hat Walter Lechner gesagt, ich soll das beibehalten." Denn sein Teamchef war im Gegensatz zu ihm abergläubisch. Wurz hingegen betrachtete die Sache mit Kalkül: "Ich habe nur gesehen, dass da ein enormes Medieninteresse war, und Medieninteresse erhöht die Wahrscheinlichkeit, Sponsorgelder zu bekommen."
Fotostrecke: Alex Wurz: Eine bewegte Karriere
Alex Wurz hat seinen Rücktritt vom aktiven Motorsport bekanntgegeben. Wir lassen die bewegte Karriere des Österreichers Revue passieren, der sich vom BMX-Weltmeister zur Formel-1-Sensation hinaufarbeitete - und so nebenbei zwei Mal die 24 Stunden von Le Mans gewann. Fotostrecke
Als er in der Formel 1 für McLaren ins Lenkrad griff, musste er das Markenzeichen jedoch ad acta legen. "Das war von vornherein klar, weil zwei schwarze Schuhe dort standen. Und mir war es auch egal, weil ich eben nicht abergläubisch bin. Bei Ron Dennis (damaliger McLaren-Boss; Anm. d. Red.) habe ich mir die Verhandlungstaktik lieber für das Gehalt aufgehoben", meint Wurz.
Als er später in die Sportwagen-Szene wechselte, ließ er die Sache mit den Schuhen als Peugeot-Werkspilot aber wieder aufleben. "Meine Kinder haben alte Fotos gesehen und gesagt, das wäre lustig. Das war zufällig 2009, als ich die 24 Stunden von Le Mans gewonnen habe", meint Wurz. "Da musste ich selbst lachen, denn an diesem Punkt wurde ich selbst auch ein bisschen abergläubisch."
Wer hat uns aufgeklärt?
Alexander Wurz war von 1997 bis 2007 mit Unterbrechungen in der Formel 1 aktiv. Für Benetton, McLaren und Williams bestritt er 69 Grands Prix. Bereits vor seiner Laufbahn in der Königsklasse gewann er als jüngster Pilot überhaupt die 24 Stunden von Le Mans. Er kehrte 2008 in die Sportwagen-Szene zurück und gewann mit Peugeot erneut an der Sarthe, ehe er seine Laufbahn bei Toyota Ende 2015 zum Abschluss brachte. Heute ist der 42-Jährige Vorsitzender der Fahrer-Gewerkschaft GPDA, Fernsehexperte beim ORF und hat sich als Experte für Verkehrssicherheit etabliert.
Wie geht's weiter?
Gibt es irgendeine Geschichte, von der du schon immer mal wissen wolltest, ob sie wirklich wahr ist? Wir begeben uns auf die Spuren der Mythbusters und haken für euch nach. Einfach deinen Mythos via Kontaktformular oder auf Twitter an unsere Formel-1-Spezialisten Christian Nimmervoll und Dominik Sharaf schicken! Die nächsten Folgen sind schon in Planung.
Bisherige Folgen von "Stimmt's wirklich?"
01: Dürfen McLaren-Mitarbeiter im Büro wirklich keine Frühstücksbrote essen?
02: Bestimmte Jean Todt den Ausgang der Rallye Paris-Dakar mit einem Münzwurf?
03: Sah Jacques Villeneuve per Computerspiel die Zukunft der Formel 1 voraus?
04: War Formel-1-Boss Bernie Ecclestone beim großen Postzugraub dabei?
05: Gewann Porsche den Sportwagen-WM-Titel mit Zange und Panzerband?
06: Designte Jacques Villeneuve seinen bunten Helm nach dem Vorbild eines Kleides seiner Mutter?
07: Werden die Gymkhana-YouTube-Videos von Ken Block in einem Take gefilmt?
08: Hatte der Schumacher-Benetton von 1994 eine verbotene Traktionskontrolle eingebaut?
09: Ist es im Privatflieger des McLaren-Bosses Ron Dennis nicht erlaubt, Schuhe zu tragen?
10: Fährt ein Formel-1-Auto mit Sprit von der Tankstelle?
11: Kassierte Eddie Irvine einen Bonus für Schumacher-Titel?
12: Versetzte Patrick Head aus Geldnot seinen privaten Helikopter?
13: War früher im Funk nur das Motorengeräusch zu hören?
14: Wählte Jackie Stewart sein Helmdesign als Hommage an die Punkmode?
15: Räumte Hans-Joachim Stuck immer sein Hotelzimmer auf, falls er stirbt?