Geld, Digitalisierung, USA: Liberty-Wunschzettel der Teams
Nachdem die Fahrer bereits ihre Wünsche an Liberty geschickt haben, sagen nun die Teamvertreter, was sie wollen: Das hat wie immer vornehmlich mit Geld zu tun
(Motorsport-Total.com) - Nach dem Verkauf der Formel 1 an Liberty Media herrscht große Hoffnung im Fahrerlager, dass die Zukunft der Königsklasse positiv gestaltet werden kann. Der Vorwurf an den bisherigen Inhaber CVC Capital Partners war meist, dass sie einfach nur bestrebt waren, den größtmöglichen Profit aus der Formel 1 zu holen. Medienunternehmen Liberty Media soll hingegen großes Interesse besitzen, die Formel 1 attraktiver zu machen, wie aus diversen Vorschlägen seitens des neuen Vorsitzenden Chase Carey zu hören ist.
Bei den Teams stößt man damit auf offene Ohren. Sie sind überzeugt, dass der Einstieg von Liberty der Königsklasse helfen kann. "Ich kann nicht glauben, dass ein Unternehmen wie Liberty die Formel 1 zu solch einem Wert kaufen würde, wenn sie nicht einen langfristigen Plan hätten", begrüßt Red-Bull-Teamchef Christian Horner den neuen Eigentümer mit offenen Armen. "Hoffentlich werden sie einige Bereiche angehen, in denen wir bislang schwach waren."
Heute Morgen wurde bereits der Wunschzettel der Fahrer an den neuen Besitzer veröffentlicht, jetzt geben die Teamverantwortlichen preis, was sie sich von Liberty und Mogul John Malone erhoffen. Doch das dreht sich zunächst um ein altbekanntes Thema: Geld, Geld, Geld. "Wir wollen mehr Geld für die Teams, geringere Preise und eine größere Verteilung des Geldes an alle", legt Horner offen dar.
Geld mal wieder als zentrales Thema
"Wir sind in diesem Geschäft ziemlich stur und fragen immer nach demselben", nickt Haas-Teamchef Günther Steiner. Geld ist in der Formel 1 das zentrale Thema. Die mit wenig Geld wollen natürlich mehr, und die Teams mit den großen Budget, die wollen trotzdem mehr. Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn geht das aber nicht weit genug: "Für uns ist wichtig, dass sie das Produkt von innen anschauen und für einen ausgeglichenen Wettbewerb sorgen", so die Österreicherin. "Das bedeutet nicht nur mehr Geld oder eine Umverteilung des Geldes, sie sollen auch auf die Kosten schauen", meint Kaltenborn weiter und drängt weiter auf eine günstigere Formel 1.
"Das wird vermutlich nicht bald passieren", wirft Horner ein, und auch Steiner glaubt nicht, dass das Thema Geld demnächst auf der Agenda stehen wird. Das muss es laut dem Südtiroler aber auch gar nicht: "Ich denke, wir sollten auf ihre Pläne warten, denn vielleicht haben sie ja ein paar Ideen, an die wir noch gar nicht gedacht haben", so der Haas-Teamchef. "Vielleicht haben sie einige großartige Ideen, und wir können ihnen dabei helfen."
Im Zuge des Einstiegs von Liberty wird vor allem immer auf neue Wege der digitalen Vermarktung hingewiesen, die bei Bernie Ecclestone bislang immer vernachlässigt wurden. Weil der neue Eigentümer als Medienunternehmen ein Spezialist auf diesem Gebiet ist, hoffen die Beteiligten der Königsklasse, dass die Erfahrung genutzt wird und die Formel 1 bald auch diese Pfade ergründen wird.
Und sonst? Digital, autonom, amerikanisch
"Liberty wird uns dabei helfen, vielleicht neue Einnahmequellen - digitale Einnahmequellen - anzuzapfen", glaubt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff und sieht die Serie ansonsten aber schon auf einem guten Weg: "Sie müssen das Rad nicht neu erfinden, denn der Sport gehört schon zu den erfolgreichsten globalen Sportarten", sagt er und findet Zustimmung bei Horner: "Digitale und soziale Plattformen könnten sehr interessant sein", so der Red-Bull-Teamchef.
Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene wünscht sich neben Kostenreduzierung vor allem "Spektakularisierung", wie er es ausdrückt, und Renault-Sportchef Cyril Abiteboul sieht Liberty vor allem bei neuen Entwicklungen der Automobilindustrie, wie dem autonomen Fahren, gefragt. "Das ist eine wichtige Herausforderung, aber auch eine fantastische Möglichkeit, bei denen uns die Junge hoffentlich helfen werden", sagt der Franzose.
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#10: Der österreichische Designer Gustav Brunner hat schon zweimal für Ferrari gearbeitet, aber so viel Geld wie zwischen 2001 und 2005 bei Toyota hat er nie zuvor verdient. Bevor er das Toyota-Angebot annimmt, empfindet er dieses finanziell zwar als gut, aber nicht überragend - bis er merkt, dass die vereinbarte Gage jährlich gedacht ist und nicht wie irrtümlich angenommen für die komplette Vertragslaufzeit. Fotostrecke
Ein weiteres Kerngebiet von Liberty ist natürlich Amerika, was ebenfalls auf dem langfristigen Wunschzettel steht. "Es gibt großes Potenzial in den USA", meint Günther Steiner, "von daher hoffen wir als amerikanisches Team, dass das genutzt wird und dass wir davon alle profitieren können. Wir wären mehr als glücklich, wenn wir ihnen dabei helfen können." Doch selbst Chase Carey hat gesagt, dass zuerst die Festigung des Kernlandes Europa auf der Agenda steht.
Überhaupt müssen sich die neuen Eigentümer erst einmal ein Bild von der ganzen Lage machen, bevor sie ihre Ideen umsetzen können. Das sehen auch die Teams so: "Wenn man etwas kauft, dann hört man normalerweise erst einmal zu, lernt, teilt und handelt dann", nimmt Arrivabene den Druck raus. Und auch Horner sieht es so: "Wir warten ab, wie ihre Pläne im Detail aussehen. Aber alles, was wir bislang gehört haben, klang positiv."