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Formel 1 im Kino: Wie Force-India-Boss Mallya im Exil leidet
Wie Force-India-Boss Vijay Mallya, dessen Pass wegen eines Haftbefehls in Indien ungültig ist, im Exil in Großbritannien die Formel 1 erlebt und wieso er sich nicht stellt
(Motorsport-Total.com) - Vijay Mallya wirkt schlanker, als er durch das Fahrerlager in Silverstone schreitet. Der Anblick ist ungewohnt: Es ist das erste Mal in diesem Jahr, dass der Inder dieses Jahr ein Formel-1-Rennen besucht - und womöglich auch das einzige Mal. Der 60-Jährige konnte sich gerade noch aus dem Staub machen, als die indischen Behörden seinen Diplomatenpass für ungültig erklärten, und von Neu Delhi ins britsche Exil ausreisen.
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Staatsfeind Nummer 1? Mallya versteckt sich in England vor der indischen Justiz Zoom Download
Ihm wird mangelnde Kooperation bei der Rückzahlung der Schulden seiner 2012 Pleite gegangenen Kingfisher-Fluglinie vorgeworfen: Während die Banken 1,2 Milliarden Euro sehen wollen, will er deutlich weniger zahlen. Zuletzt wurde er von der indischen Justiz sogar zum "ausgerufenen Straftäter" erklärt, gegen den ein Haftbefehl besteht. Wenn er sich bis Mitte Juli nicht stellt, werden die Behörden beginnen, Mallyas Besitz zu veräußern.
Mallya, der seit 1992 ein spezielles Dauervisum für das Vereinte Königreich besitzt, das eine Auslieferung kompliziert macht, wehrt sich trotzdem gegen eine Rückkehr nach Indien. "Ich bin bereit, alle Fragen zu beantworten, aber warum in Indien?", beschwert er sich. "Und warum, nachdem man mir den Pass entzogen hat?" Eine Anhörung könne genauso gut als Videokonferenz abgehalten werden, schlägt er vor. Die bohrenden Fragen, ob und wann er sich stellen werde, empfindet er bei der FIA-Pressekonferenz als Provokation und verweist darauf, dass dies hier nicht Thema sei.
Formel 1 im Kinosaal: Mallya direkt mit Kommandostand verbunden
Die Anschuldigungen gegen seine Person hält er sowieso für ungerechtfertigt. Er wehrt sich dagegen, die von den Banken geforderten 1,2 Millionen Euro zu bezahlen, "weil ich anzweifle, dass die Forderungen gerechtfertigt sind. Das Gericht muss jetzt entscheiden, ob mein Angebot gerechtfertig ist." Außerdem hat Mallya Gegenforderungen an die Banken in Höhe von rund 340 Millionen Euro gereicht - auch diesbezüglich steht eine Entscheidung noch aus. "Das scheint aber niemanden zu kümmern", grollt Mallya, der den Medien eine Hexenjagd vorwirft.
Für ihn besonders bitter: Ausgerechnet diese Saison, wo sein Rennstall bereits zwei Podestplätze eingefahren hat, kann sich der Inder nicht an der Rennstrecke feiern lassen. Sergio Perez' dritter Platz beim prestigereichsten Rennen des Jahres in Monaco, wo normalerweise Mallyas 94 Meter lange Jacht Indian Empress vor Anker liegt und luxuriöse Partys geschmissen werden, war für ihn ein Stich ins Herz.
"Es ist frustrierend, dass ich nicht einfach in ein Flugzeug einsteigen und reisen kann", sagt er gegenüber 'Reuters'. Aus diesem Grund hat er sich in seinem luxuriösen Landsitz in England, den er Lewis Hamiltons Vater um 15 Millionen Euro abgekauft hat, ein Kino einrichten lassen, in dem er die Grands Prix verfolgt. Als Nico Hülkenberg kürzlich auf Besuch war, schlug der Emmericher eine Direktverbindung Mallyas zum Kommandostand vor, die inzwischen auch eingebaut wurde.
Mehr Zeit für die Formel 1
Dennoch leidet der Inder an den Formel-1-Wochenenden im Kinosaal. "Ich trage den Motorsportvirus in mir, und mein Herz schlägt für die Formel 1", erklärt er. "Daher gibt es mir so viel mehr, hier in Silverstone zu sein, die Atmosphäre aufzunehmen, Benzinduft zu schnuppern. Ich bin ganz aus dem Häuschen, hier zu sein."
Im Auge von Nico Hülkenberg
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Obwohl er nun nicht mehr bei den Rennen sei, beschäftige er sich intensiver als davor mit seinem Rennstall. "Seit ich in Großbritannien lebe, verbringe ich ein geregelteres, weniger hektisches Leben", nennt er den Grund. "Ich beschäftige mich mit meiner Leidenschaft, und das ist Force India und die Formel 1."
Leben im Exil ohne Auswirkungen auf Geschäft
Als Inder ist Mallya aber auch mit dem Kricket-Virus infiziert. Kürzlich kaufte er einen Klub auf der Insel Barbados, unweit von Venezuela. "Wegen der Zeitdifferenz muss ich also nun von zwei Uhr bis sechs Uhr früh wach sein, wenn ich die Spiele anschauen will", erzählt der Geschäftsmann, der auf Barbados auch Motosport-Potenzial ortet. "Vorerst konzenttiere ich mich aber nur auf Kricket", sagt er.
Mallya ist nicht nur Force-India-Teamboss, sondern vertritt auch seine Heimatnation bei der FIA. Eine groteske Tatsache, da er sich gegen eine Heimreise wehrt. Er selbst sieht dies allerdings nicht als Problem: "Ob ich physisch anwesend bin oder nicht hat keinen Einfluss auf den Beitrag, den ich leiste. Ich habe in den vergangenen 30 Jahren Weltkonzerne geleitet und konnte auch nicht immer in all den Ländern physisch präsent sein, in denen wir auf dem Markt waren. Und dennoch war ich in der Lage, die Richtung vorzugeben und meinen Beitrag zu leisten."
Mallya: Force India nicht in Gefahr
Das will er auch weiterhin bei Force India tun. "Meine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass wir nun den Rückstand auf Williams verkürzen", stellt er klar. Obwohl auch der zweite große Force-India-Eigentümer Subrata Roy, der sich in der Immobilienbranche verspekulierte und im Gefängnis sitzt, Investoren drei Milliarden Euro schulden soll, schließt Mallya Konsequenzen für sein Teams aus.
"Was mit ihm oder mir passiert, ist für das Team, dessen Stabilität und den Betrieb völlig irrelevant", erklärt Mallya. Es gäbe aber keinen Grund für einen Rückzug vom Team. Auch die Tatsache, dass Sahara-Boss Roy beim Höchstgericht um Erlaubnis anfragte, sich von den Teamanteilen zu trennen, um so Geld aufzutreiben, sei kein Grund zur Sorge.
"Das bedeutet doch in keiner Hinsicht, dass ein Deal auf dem Tisch liegt", meint er. "Da wir beide Haupteigentümer sind, kann der eine nicht ohne Erlaubnis des anderen verkaufen. Das ist also kein Thema."