Ferrari fordert Mercedes heraus: "Müssen 2016 vor ihnen sein"
In Brasilien hat Ferrari den Rückstand auf Mercedes deutlich verkleinert: Blufft Mercedes oder setzt Sebastian Vettel 2016 tatsächlich zum Überholmanöver an?
(Motorsport-Total.com) - Kann Ferrari 2016 für Mercedes zur ernsthaften Gefahr werden? Diese Frage beschäftigt dieser Tage das Fahrerlager, denn abgesehen von den Roten aus Maranello hat sich dieses Jahr kein ernsthafter Herausforderer für die Silberpfeile aufgedrängt: Williams machte im Vergleich zum Vorjahr keine Fortschritte, Red Bull leidet unter der Motorenkrise und McLaren-Honda ist sowieso völlig von der Rolle.
Also muss Ferrari in die Bresche springen. Das nach dem enttäuschenden Vorjahr durchaus ambitionierte Saisonziel von drei Grand-Prix-Siegen hat man erfüllt, doch gelingt der Scuderia noch einmal so ein Sprung wie von 2014 auf 2015? "Ich rechne nächstes Jahr damit, dass sie ein harter Herausforderer sein werden", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Sie haben ein paar clevere Schachzüge gemacht und auf jeden Fall aufgeholt. Sie werden ein wichtiger und ein sehr willkommener Herausforderer sein."
Geht es nach Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene, dann wird sich Wolffs Meinung in der kommenden Saison ändern. "Wir wollen ehrlich gesagt nicht den Rückstand aufgeholt haben, sondern dann vor ihnen sein. Das sage ich in aller Demut: Wir haben schon aufgeholt. Nächstes Jahr müssen wir vor ihnen sein."
Brasilien: Vettel auch ohne außergewöhnliche Umstände schnell
In Brasilien gab es schon mal einen Vorgeschmack für die Silberpfeile: Am Ende lag Sebastian Vettel nur 6,448 Sekunden hinter dem zweitplatzierten Lewis Hamilton. Und das in einem Rennen, das nicht von außergewöhnlichen Umständen geprägt wurde. "Die Zahlen lügen nicht", sagt Arrivabene. "Es gab kein Safety-Car oder ähnliches. Und am Ende waren nur wir in der gleichen Runden wie sie."
Fotostrecke: GP Brasilien, Highlights 2015
"Bei Lewis ist die Luft ein bisschen draußen. Wenn du Weltmeister bist, sind die Rennen danach nicht mehr ganz so wichtig", fürchtet Mercedes-Sportchef Toto Wolff vor dem Grand Prix von Brasilien - und behält mit seiner Prognose recht: Nico Rosberg gewinnt nach Mexiko das zweite Rennen hintereinander, feiert seinen 13. Sieg insgesamt in der Formel 1. Damit überholt er in der ewigen Bestenliste die Weltmeister Mario Andretti und Alan Jones und zieht mit Alberto Ascari gleich. Fotostrecke
Auch Vettel fällt auf: "Wir waren viel näher dran. Und selbst in Mexiko, als mein Rennen nicht so gut lief, war das Tempo stark." Vor allem im Vergleich zum Saisonauftakt in Melbourne habe man aber enorme Fortschritte gemacht.
Ferrari-Antrieb auf Mercedes-Niveau?
Das fällt auch dem Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzenden Niki Lauda auf. Der Österreicher meinte in Brasilien, Ferrari habe Mercedes bei der Motorleistung inzwischen eingeholt. Eine taktische Aussage, da die Rivalen Mercedes wegen des Antriebsreglements bereits als uneinholbar bezeichneten und technische Änderungen forderten?
"Wenn Niki das gesagt, dann ist das verdächtig", grinst Arrivabene. "Aber wenn ich mir die Daten ansehe, dann sind wir auf Augenhöhe." Der Italiener rechnet damit, dass Ferrari 2016 auch beim Chassis deutlich Boden gutmachen wird. "Es gibt andere Teile des Autos, an denen wir arbeiten müssen. Während der Saison konnten wir aber nicht viel ändern, wir sind also gespannt auf das nächste Jahr."
Vettel stimmt ihm zu, dass man während der Saison abgesehen von Updates nicht viel verbessern kann: "Nächstes Jahr sollten wir aber die Chance haben, ein paar Dinge zu erneuern und zu verbessern. Dann sind wir hoffentlich in einer besseren Position."
Ferrari: Mercedes hat nicht geblufft
Kimi Räikkönen besteht währenddessen darauf, dass Ferrari nicht nur beim Motor, sondern auch beim Auto deutlich aufgeholt hat. "Es gibt keinen Bereich, in dem wir uns mehr verbessert haben als in einem anderen", meint der Finne. "Das gesamte Paket hat sich verbessert. Wir können nächstes Jahr einen weiteren Schritt machen."
Kann es gar sein, dass Mercedes derzeit blufft und Ferrari so in die Falle lockt? Arrivabene vermutet, dass dies nicht der Fall ist. "Sie haben gepusht", verweist er auf Brasilien. "Manchmal sogar sehr hart. Abgesehen von den letzten drei, vier Runden war das glaube ich immer der Fall. Am Ende wissen sie es nur selbst, aber laut unseren Daten haben sie gepusht."