Daniel Ricciardo bekennt: Red Bull hat Entwicklung verpasst
Die Stärke Abtrieb ist im Winter flöten gegangen, dafür tanzt das Schwesterteam Red Bull auf der Nase herum: "Müssen deutlich schneller sein als sie", fordert Ricciardo
(Motorsport-Total.com) - Der Sündenbock für das Red-Bull-Debakel in der Saison 2015 war schneller gefunden als einem Formel-1-Boliden Flügel hätten wachsen können: Zwischen Renault und den Österreichern krachte und kracht es. Nach fünf Grands Prix mit Fernglas-Abstand zur Spitze und unzähligen Defekten rudern im Vorfeld des Monaco-Wochenendes die Piloten selbst zurück, wenn es um die Schelte der Franzosen geht: "Ich will nicht zu kritisch sein, aber es gibt nicht diese eine große Ausrede", sagt Daniel Ricciardo.
Der Australier meint, dass intern längst auch weitere Probleme diskutiert worden sein, wenn es zum Beispiel um das von Motorsport-Berater Helmut Marko so hoch gelobte Chassis des RB11 geht. "Jeder ist sich darüber im Klaren - schon vor Spanien -, dass es nicht nur am Antrieb liegt", stellt Ricciardo klar und erkennt, dass sich Mitarbeiter ihrer Verantwortung stellen. "Dafür steht jeder ein. Es bekennt sich jeder dazu, dass wir nicht dort stehen, wo wir stehen wollen."
Daniil Kwjat schüttet weiter Salz in die Wunde, wenn er unterstreicht: "Wir müssen ebenfalls das Tempo in den Kurven verbessern. Auch daran mangelt es uns. Wir wollen allgemein für mehr Grip sorgen, damit wir schneller sind." Schließlich war diese Tugend jahrelang die, die PS-schwache Red-Bull-Boliden neben ihrer Fahrbarkeit auszeichnete und zu Weltmeister-Autos machte. Dank des Aushängeschilds Abtriebs war gegen das Team in Hochgeschwindigkeits-Kurven fast nie ein Kraut gewachsen.
Ricciardo ohne Ausstiegsklausel - und trotzdem optimistisch
Ricciardo weiß, dass die Gesetze der Vergangenheit angehören: "Dieses Jahr sind wir dort nicht besser, sondern wohl langsamer als die Besten. Wir haben - warum auch immer - keine Fortschritte gemacht, andere schon. Sie haben mehr gefunden als wir." Die Regeländerungen im Winter will er nicht als Entschuldigung durchgehen lassen, weil alle Teams betroffen waren. Statt Verbesserungen wittert Ricciardo Stillstand und damit Rückschritt: "Alle Schwächen aus dem Vorjahr wollten wir ausbügeln, aber das Auto ist noch das gleiche, während andere Nachteile ausgemerzt haben."
Das gilt sogar für Toro Rosso. Das Schwesterteam scheint im Qualifying seit Barcelona über das bessere Auto zu verfügen, nachdem in der Vergangenheit noch Abstände von über zwei Sekunden das Bild bestimmten - und das nicht zugunsten der Juniormannschaft aus Faenza. "Das können wir auch nicht mehr erwarten, aber trotzdem sollte es ein ordentliches Stück sein", moniert Ricciardo und erwähnt, dass bei Toro Rosso zuletzt in Infrastruktur investiert wurde. "Als ich zu Red Bull kam, war die Fabrik größer, die Anlagen neuer und besser, es gab mehr Leute."
Trotzdem fordert er, dass das Duell der Brausetruppen wieder einen klaren Sieger hat: "Auf dem Papier müssen wir deutlich schneller sein als Toro Rosso." Den langen Weg zurück an die Spitze will der dreimalige Grand-Prix-Sieger von 2014 mitgehen und stellt nach einigem Zögern klar, dass er keine Ausstiegsklausel aus seinem Red-Bull-Vertrag besitzt. Die brauche er auch nicht, zeigt Dauerlächler Ricciardo Zähne: "Ich bin nicht glücklich mit siebten und achten Plätzen, aber das ist auch das Team nicht. Wir werden in den nächsten zwei Jahren nicht weiter dort herumfahren."