• 11. Mai 2013 · 22:31 Uhr

Mercedes: Jubel am Samstag - Katerstimmung am Sonntag?

Die Silberpfeile erobern in Barcelona die erste Startreihe, doch nicht nur das Team fragt sich: Folgt im Rennen wie in Bahrain der Absturz?

(Motorsport-Total.com) - Wie schon vor drei Wochen in Bahrain wurde auch heute nach dem Qualifying zum Großen Preis von Spanien in Barcelona bei Mercedes gejubelt. Nico Rosberg steht zum zweiten Mal in Folge auf der Pole-Position, Teamkollege Lewis Hamilton komplettiert auf Startposition zwei die "silberne" erste Startreihe. Doch als ausgelassen konnte man die Stimmung im Team nicht bezeichnen. Zu frisch ist noch die Erinnerung an das Rennen in Bahrain, wo Rosberg die Leistung aus dem Qualifying nicht bestätigen konnte und bis auf Platz neun durchgereicht wurde.

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Haben Lewis Hamilton und Nico Rosberg auch nach dem Rennen Grund zum jubeln? Zoom Download

Daher meinte Teamchef Ross Brawn zu recht: "Im Rennen zählt es." Und auch Polesetter Rosberg hielt den Ball bewusst flach: "Um zu gewinnen, reicht es nicht, von der Pole zu starten, du musst das schnellste Rennauto haben", sagt der Wiesbadener. Das hatte Mercedes im Rennen von Bahrain nicht. Der W04 nahm die Hinterreifen zu hart ran. Diese überhitzen und brachen ein - ein grundlegendes Problem, welches Mercedes seit zwei Jahren nicht richtig in den Griff bekommt.

"Im Rennen werden wir sicher auch zu kämpfen haben", erwartet daher auch Hamilton. "Ich werde mir die Daten noch einmal ansehen und dann überlegen, wie ich den Reifenabbau begrenzen kann, der am Sonntag mein größtes Problem sein wird." An genau diesem Problem hat das Team nach dem Fiasko von Bahrain in den vergangenen drei Wochen gearbeitet. "Jeder in der Fabrik wirklich hart daran gearbeitet, unsere Probleme besser zu verstehen", sagt Rosberg. Das ist auch für Brawn der Schlüssel.

Reifenmanagement einmal mehr der Schlüssel

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Die Temperatur der Hinterreifen muss Mercedes in den Griff bekommen Zoom Download

"Eine Abstimmung zu finden, die die Reifen schont, ist absolut entscheidend. Dafür haben wir an diesem Wochenende viel Zeit verwendet, und daher denken wir, dass wir uns gesteigert haben. Wie sehr, wissen wir erst morgen, wenn wir sehen, in welcher Form die anderen sind", sagt der Brite. Trotz der Steigerung will Brawn nicht kategorisch ausschließen, dass sich ein Absturz wie in Bahrain wiederholt. "Es könnte passieren. Momentan fährt jeder am Limit des Reifens."

"Wenn du bei diesem Reifen das Limit überschreitest, kommt er nach ein paar langsamen Runden nicht wieder zurück. Wenn du einmal über das Limit gehst, ist der Reifen hinüber. Du kannst sehr leicht den Reifen und damit dein Rennen zerstören. Das kann hier genau so wie in Bahrain passieren", erklärt der Teamchef. Rosberg hingegen sieht sein Team besser aufgestellt: "In Bahrain haben die Strecke, die Temperaturen und alles andere unsere kleine Schwäche auf extreme Weise offengelegt."

"Es wird sicherlich nicht so schlimm aussehen wie in Bahrain."Marc Surer
"Nun sind wir a) auf einer andere Strecke, wo es natürlich etwas besser läuft, und haben b) wirklich versucht zu verstehen, was in Bahrain falsch gelaufen ist. Wir verstehen nun besser, was passiert ist und haben einige Dinge verbessert", so der Wiesbadener. Das sieht auch Experte Marc Surer so: "Es wird sicherlich nicht so schlimm aussehen wie in Bahrain, weil ganz einfach die Streckencharakteristik anders ist", sagt der Schweizer im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "In den langgezogenen Kurven haben sie ja weniger Probleme, weil das mehr auf die Vorderreifen geht. Somit denke ich nicht, dass es so drastisch sein wird."

Konkurrenten hoffen auf Probleme bei Mercedes

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Sebastian Vettel will zur Stelle sein, sollten die Mercedes schwächeln Zoom Download

Surer denkt aber dennoch, dass Mercedes im Rennen zu kämpfen haben wird: "Hinter ihnen stehen ein paar, die extrem gut mit den Reifen umgehen - auch Red Bull hat daran gearbeitet, wie wir in Bahrain gesehen haben." Während die Silberpfeile einen Einbruch im Rennen fürchten, hofft die Konkurrenz naturgemäß darauf, dass sich ein Rennverlauf wie in Bahrain wiederholt. "Das Rennen muss erst einmal gefahren werden. Wenn man sich aber die zurückliegenden Rennen vor Augen führt, wird deutlich, dass Mercedes im Rennen in der Regel zu kämpfen hat", erinnert Fernando Alonso.

Auch Sebastian Vettel merkt an: "Wenn man sich die vergangenen Rennen ansieht, dann ist der Mercedes doch recht aggressiv im Umgang mit den Reifen, was vielleicht im Qualifying hilft, im Rennen aber nicht so gut ist", so der Red-Bull-Pilot. "Wir hoffen natürlich, dass sich beide morgen schwertun, aber man wünscht natürlich niemandem etwas Schlechtes." Für Kimi Räikkönen steht hinter der Rennpace der Silberpfeile ebenfalls noch ein Fragezeichen: "Man muss sehen, ob sie im Rennen auch noch so stark sein werden. Ich glaube, unter Rennbedingungen eher nicht. Hoffentlich liege ich da richtig", sagt der Finne bei 'Sky Sports F1'.

Selbst Mercedes tappt bei der Einschätzung des Kräfteverhältnisses im Rennen noch im Dunkeln. "Wir konnten die Pole-Position nicht vorhersehen, da die Konkurrenten immer mit unterschiedlichen Benzinmengen gefahren sind. Daher wissen wir auch nicht, wie viel Benzin sie bei den Rennsimulationen an Bord hatten", sagt Brawn. Legt man die Rundenzeiten der Longruns von Freitag zu Grunde, könnte den Silberpfeilen im Rennen ein erneuter Marsch nach hinten drohen.

Wie ist Rennpace der Silberpfeile?

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Lewis Hamilton konnte bei den Longruns nicht überzeugen Zoom Download

"Meine Longruns waren ziemlich schwach", sagt Hamilton. "Im Training waren wir nicht so schnell, doch da spielten sicher die Benzinmengen eine Rolle." Das vermutet auch Brawn, der sein Team heute im dritten Freien Training besser aufgestellt sah: "Wir waren im Renntrimm heute schneller als gestern. Das ist ein gutes Zeichen, aber wir wissen nicht, ob es ausreicht." Auch Rosberg meint: "Heute Vormittag sah es ein bisschen besser aus, daher bin ich für morgen etwas zuversichtlicher, aber das Rennen ist eine andere Angelegenheit." Doch selbst die Konkurrenz hat beobachtet: "Um ehrlich zu sein, sahen ihre Longruns nicht so schlecht aus", wie Vettel anmerkt.

Dennoch tritt Rosberg auf die Euphoriebremse: "Ich werde mich nicht hinsetzen und sagen, dass ich sehr zuversichtlich bin, dass ich morgen gewinnen kann. Wir müssen unsere Ziele etwas niedriger ansetzen, vielleicht das Podium." Um das zu erreichen, will Mercedes die Renntaktik nicht auf die Konkurrenz ausrichten: "Der Schlüssel im Rennen wird sein, taktisch zu fahren, und nicht gegen andere Leute zu kämpfen, die sich die Reifen vielleicht besser einteilen, denn dann würden wir uns doppelt schaden", sagt Brawn. "Wir werden unser eigenen Rennen fahren und sehen, wo uns das hinführt."

" Wir müssen unsere Ziele etwas niedriger ansetzen, vielleicht das Podium."Nico Rosberg
Dazu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Fahrer und Kommandostand notwendig. "Du spürst das Limit erst dann, wenn du es überschreitest, und dann bekommst du Probleme", beschreibt Brawn die Herausforderung der aktuellen Pirelli-Reifen. Dies erkläre auch, warum die Teams den Fahrer im Rennen permanent das Tempo vorgeben: "Ihr habt die Funksprüche zwischen den Teams und den Fahrern sicherlich im TV gehört", sagt Brawn in einer Journalistenrunde.

"Die Teams sagen den Fahrern, in welchen Kurven sie es langsam angehen sollen und wo sie Druck machen können. Wir erhalten in der Box zwar Informationen über den Zustand der Reifen, aber die Fahrer sehen das nicht im Cockpit. Wir müssen diese Informationen auf leicht verständliche Weise an die Fahrer weitergeben. Das ist eine Herausforderung, daher findet viel Kommunikation mit Codes statt. Sie fahren an dem Limit, das wir für sie bestimmen", beschreibt Brawn den Grand-Prix-Sport anno 2013.

Wolff will von Teamorder nichts wissen

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Toto Wolff vertraut auf die Rennintelligenz seiner Fahrer Zoom Download

Dass wie in Malaysia eine Teamorder zum Einsatz kommt, um ein Ergebnis abzusichern, glaubt Surer nicht: "Nico und Lewis würden sich sicher nicht für den anderen opfern. Dass Nico schon zum zweiten Mal vor Lewis steht, gefällt Lewis nicht. Der wird sicherlich attackieren." Auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff will nicht in das Rennen seiner Fahrer eingreifen: "Beide Fahrer werden gegeneinander fahren. Sie sind beide reife und intelligente Fahrer, die fair miteinander umgehen werden. Sowohl im Umgang abseits, als auch auf der Strecke. Über Teamorder müssen wir nicht sprechen."

Ob die Silberpfeil-Piloten nun an der Spitze bleiben oder nicht: Für Surer werden sie direkt oder indirekt eine Rolle bei der Vergabe des Sieges spielen: "Ich denke schon, dass sich die Reihenfolge noch ändert", so der Schweizer, der nicht mit einem Mercedes-Sieg rechnet: "Nur: Sie können das Rennen dieser Favoriten hinter ihnen brutal stören. Wenn die nämlich nicht vorbeikommen, dann verändert sich die ganze Situation."

Der Schweizer sieht im Rennen "eher Alonso und Räikkönen vorne als Vettel. Räikkönen war selten so schnell wie heute, und wir wissen ja, wie gut er über die Distanz ist. Wenn er schon so weit vorne starten kann, ist er ein ganz heißer Kandidat", meint Surer. "Aber Alonso auch. Schwer zu sagen, wer Favorit ist. Die Frage ist: Welche Fortschritte hat Red Bull für das Rennen gemacht?"

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