Häkkinen: "Ich wollte in der Box auf- und abspringen"
Mika Häkkinen über seine Zeit in der Formel 1, seine Rivalität mit Michael Schumacher und das Wissen um das beste Auto im Feld
(Motorsport-Total.com) - Unglaublich, aber wahr: Mittlerweile sind zehn Jahre vergangen, seit der Finne Mika Häkkinen letztmalig eine Formel-1-Saison in Angriff genommen hat. Der Weltmeister der Jahre 1998 und 1999 verbrachte anschließend drei Jahre in der DTM, bevor er sich von einem Vollzeitjob als Rennfahrer verabschiedet hat. Derzeit unterstützt Häkkinen das finnische Nachwuchstalent Valtteri Bottas auf dessen Weg in Richtung Formel 1.
Angesprochen auf den Fakt, dass sein letzter Formel-1-Saisonstart inzwischen zehn Jahre zurückliegt, antwortet Häkkinen gegenüber 'F1Fanatic.co.uk': "Die Zeit verging wie im Flug. Mir kommt es vor, als wäre es gestern gewesen." In den Jahren seit seinem Abschied aus der Königsklasse ist im Leben des Finnen eine Menge passiert. "Die Zeit seitdem war einfach fantastisch. Mittlerweile habe ich drei Kinder. Natürlich hat es auch den einen oder anderen schlechten Moment gegeben, aber so ist das Leben. Zum Glück überwiegen die positiven Dinge mit Abstand."
Aus motorsportlicher Sicht betrachtet, bildete die DTM jahrelang den Mittelpunkt in Häkkinens zweiter Karriere. "Während der drei Saisons mit Mercedes fühlte ich mich um Jahre zurückversetzt. Ich fuhr gegen junge Burschen und es war hochinteressant, ihre Herangehensweise zu beobachten. Das gilt natürlich genauso für die Mädchen", so der Ex-McLaren-Mercedes-Formel-1-Pilot und spielt damit auf seine Fahrerkolleginnen Susie Stoddart und Vanina Ickx an.
Unfall verstärkte Titelwunsch
Für den zweimaligen Weltmeister hat es nie den einen, definitiven Punkt zum Rücktritt gegeben. "Meine Formel-1-Karriere verlief sehr kompliziert. Nach meinem Unfall in Adelaide 1995 musste ich verglichen mit anderen Fahrern wesentlich mehr Energie aufwenden", erinnert sich Häkkinen und fügt an: "Ich bin in meiner Formel-1-Karriere nie an den Punkt gekommen, an dem andere Fahrer gewesen sind." Das gilt natürlich nur in Bezug auf die Dauer, nicht hinsichtlich der Resultate.
Der Finne denkt zurück und offenbart: "Nach meinem Unfall war der Traum, Weltmeister zu werden, stärker als jemals zuvor. Nachdem ich dieses Ziel erreicht hatte, realisierte ich langsam, was mir das Leben gegeben hat. Danach hatte ich nicht mehr das Verlangen, alles zu riskieren, denn ich wusste, wie es sich anfühlt, tief zu fallen."
Schärfster Rivale ist immer der Teamkollege
Auch nach seinem Abschied als Pilot verfolgt er das Geschehen in der Grand-Prix-Szene weiterhin interessiert. Mit Blick auf die Einführung des verstellbaren Heckflügels in dieser Saison, gibt Häkkinen zu Protokoll: "Da wurde eine Menge Hirnschmalz hineingesteckt. Aus Fahrersicht dürfte es sicherlich interessanter werden. Wir werden sehen, wie er funktioniert, wenn die Saison beginnt."
Fernando Alonso hat erst kürzlich offenbart, dass sein schärfster Rivale nach wie vor Michael Schumacher sei. Häkkinen, der selbst jahrelang mit dem Deutschen um Siege und Weltmeistertitel kämpfte, hat dazu eine andere Meinung: "Vor dem Start einer Saison bekommen die Fahrer viele Fragen gestellt und geben viele Dinge von sich. Das ist einfach nur eine Sache, die herausgepickt wurde." Nach Ansicht Häkkinens ist der schärfste Rivale zunächst immer der eigene Teamkollege. "Danach kommt der Rest", so der Finne.
Schumacher hat noch Spaß
"Bezogen auf die Saison 2011 würde ich mich da nicht auf einen einzigen Fahrer festlegen. Aber Michael gehört definitiv nach wie vor zu den Stärksten im Feld", so der Finne, der sich vor allem vom derzeitigen Level an Professionalität angetan zeigt: "Es ist unglaublich, was die heutigen Grand-Prix-Piloten leisten, sowohl auf der Strecke selbst, als auch auf Marketingseite. Dazu kommt das immense technische Wissen und die Arbeit mit dem Team - die Liste ist lang."
Häkkinen, der sich auch persönlich mit Schumacher über dessen Comeback-Saison unterhalten hat, bekräftigt allerdings: "Ich konnte spüren, dass er nach wie vor diese unglaubliche Hingabe hat, die ihn schon seine komplette Karriere über ausgezeichnet hat", und ergänzt: "Und es hat Spaß gemacht, ihn zu überholen." Der Ex-McLaren-Pilot spielt damit auf den neuesten Mercedes-Werbespot an, in dem Schumacher und er selbst die Hauptrolle spielen.
Newey denkt an jedes Detail
Das aktuelle Weltmeisterauto, der Red Bull RB6, stammt genau wie die beiden WM-Wagen Häkkinens aus der Feder von Design-Genie Adrian Newey. Insofern kann der Finne als einer der wenigen nachvollziehen, wie sich Sebastian Vettel zu Beginn der Saison 2010 gefühlt haben muss, als er die ersten Runden in Neweys Boliden drehen durfte. Häkkinen spricht von Newey bis heute in den höchsten Tönen.
"Adrian hat die unglaubliche Gabe, an jedes noch so kleine Detail am Auto zu denken. Es fällt mir schwer, das zu erklären. Adrian ist in der Lage, aus jedem noch so kleinen Teil, das Optimum herauszuholen. Die Fahrzeuge, die er mir zwischen 1998 und 2001 hingestellt hat, waren schlichtweg fantastisch. Er versteht es wie kein anderer, die Eindrücke des Fahrers in die Konstruktion einfließen zu lassen."
Der Moment, der für Häkkinen bis heute heraussticht ist jener, als er zum ersten Mal im McLaren-Mercedes MP4-13 Platz nehmen durfte, mit dem er letztlich seine ersten Weltmeistertitel einfahren konnte: "Das war ein irres Gefühl. Ich wusste vom ersten Moment an: Das ist der Wagen, mit dem ich den Titel gewinnen kann", so der Finne und präzisiert: "Ich musste nicht einmal bis zur ersten Kurve warten. Bereits das Gefühl für die Lenkung und die Traktion beim Beschleunigen aus der Boxengasse, waren etwas, was ich in der Form nie zuvor erlebt hatte."
Bottas mit Parallelen zu Häkkinen
"In einem solchen Moment willst du am liebsten in der Boxengasse auf- und abspringen und schreien: 'Ich habe das beste Auto im Feld'. Aber das kannst du natürlich nicht tun", gibt der Finne zu. Stattdessen gilt es in dieser Situation, die Emotionen zurückzuhalten und weiter zu arbeiten, um den Wagen noch weiter zu verbessern.
Inzwischen kümmert sich Häkkinen intensiv um die Karriere seines jungen Landsmanns Valtteri Bottas, der in der kommenden Saison in der GP3-Serie an den Start gehen wird. Der ehemalige Formel-1-Weltmeister sieht in dieser Aufgabe durchaus Parallelen zu seiner eigenen Anfangszeit: "Ich hatte mit Didier Coton, Keke Rosberg und dessen Schwester immer ein großartiges Management-Team hinter mir." Coton ist es, der nun mit Häkkinen zusammen für Bottas im Hintergrund die Fäden zieht.