• 06. Juli 2010 · 10:20 Uhr

Silverstone: Vom "Jahrmarkt" zum Motorsport-Mekka

Silverstone-Direktor Richard Phillips erklärt, warum Abu Dhabi nicht mit Silverstone mithalten kann und wie man nun zur besten Rennstrecke der Welt mutieren will

(Motorsport-Total.com) - Silverstone hatte stets Flair. Silverstone hat viel Historie. Und: Ein Grand Prix in Silverstone fühlte sich stets an wie eine Zeitreise in die Vergangenheit der Formel 1 - der alte Flughafen der Royal Air Force, die altmodische Ausstattung, die einzigartige Atmosphäre. Doch all das lieben zwar viele Fans, doch Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone war die Freude in den vergangenen Jahren merkbar vergangen. Als er vor dem Grand Prix 2002 stundenlang bei Whittlebury im Stau stand, zürnte er: "Das ist ja ein Jahrmarkt am Lande, der sich aufspielt wie ein Welt-Event." Ein Jahr später empfing er eine Delegation aus Bahrain - bombastische Rennstrecken-Anlagen überschwemmten fortan die Formel 1.

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Viel Erdreich wurde in Silverstone bewegt, um den Kurs zu modernisieren Zoom Download

Ecclestones Stiefkind Silverstone war in Ungnade gefallen - beinahe wäre der Kurs, auf dem am 13. Mai 1950 der erste Formel-1-WM-Lauf der Geschichte stattfand, komplett aus dem Kalender geflogen. Der Wechsel des Grand Prix von Großbritannien nach Donington war bereits beschlossene Sache, doch die 135 Millionen Pfund (umgerechnet 164 Millionen Euro), die notwendig gewesen wären, um die Strecke Formel-1-tauglich zu machen, konnten nicht aufgetrieben werden.

Und so fand für Silverstone doch noch alles ein glückliches Ende: Um fünf Millionen Pfund (umgerechnet sechs Millionen Euro) baute man das letzte Streckendrittel in Silverstone komplett um und lockte damit die Motorrad-WM ins "Home of British Motor Racing". Durch das Scheitern von Donington einigte man sich zudem mit Ecclestone auf einen 17-Jahres-Vertrag. Bedingung: Die oft kritisierte Boxenanlage wird demnächst für 30 Millionen Pfund (36 Millionen Euro) umgebaut - 2011 soll alles fertig sein.

Silverstone besser als Abu Dhabi?

Silverstone-Direktor Richard Phillips hat mit Silverstone große Ziele, wie er im Klubhaus des British Racing Drivers Club bestätigt: "Wir wollen die beste Rennstrecke der Welt sein". Dennoch ist ihm klar, "dass wir mit Abu Dhabi nie konkurrieren werden. Sie haben ein Hotel gebaut, das in unterschiedlichen Farben leuchtet, was absolut fantastisch ist." Stattdessen will man sich auf seine Stärken besinnen, die Kernelemente des Automobilsports: "Haben wir einen besseren Kurs als sie? Ja, ich denke schon. Haben wir ein besseres Publikum, eine bessere Atmosphäre? Ja, wir haben all diese Dinge. Wir haben damit etwas, das sie und viele der weltweit aufkommenden Strecken nicht haben."

Noch sei man allerdings nicht am Ziel, gibt Phillips zu: "Wenn wir unsere Strecke perfektionieren - ich sage nicht, dass wir schon komplett fertig sind - und alles was wir bauen auf dem neuesten Stand und wirklich spektakulär ist, dann frage ich mich, warum wir nicht die beste Anlage der Welt haben sollen? Ich hoffe, dass wir in den nächsten drei bis zehn Jahren dieses Ziel erreichen können." Den Umbau der Kultstrecke sieht er als "Wiedergeburt. In kurzer Zeit wollen wir verdammt viel Boden gut machen."

Englands Motorsport-Mekka

Und tatsächlich: Silverstone ist es gelungen, zur unumschränkten Nummer eins der Rennstrecken im Mutterland des Automobilsports zu werden: Neben der Formel 1 und der MotoGP hat man auch die in Großbritannien äußerst populäre Superbike-WM neu im Programm. Bis Dezember stand allerdings noch ein großes Fragezeichen über der Zukunft - man arbeitete mit zwei Business-Plänen: Einer mit Formel-1-Rennen, der andere ohne. "Mit der MotoGP alleine hätten wir es schon geschafft, wir hätten überlebt", sagt Silverstone-Direktor Phillips, "doch wir wären nicht mehr als eine glorifizierte Klub-Rennstrecke gewesen."

"Wir wollen die beste Rennstrecke der Welt sein"Richard Phillips
Doch der Verbleib des Formel-1-Rennens für die kommenden 17 Jahre gibt neuen Mut: "Jetzt können wir danach streben, das nationale Motorsportstadion zu sein, das ist unser Ziel. Wir wollen ganz oben auf der Weltbühne mitspielen - mit Wimbledon, Twickenham, Wembley und alle den anderen erstklassigen Sportstätten." Denen gegenüber hätte man sogar einen nicht unwesentlichen Vorteil: "Im Gegensatz zu ihnen haben wir das ganze Jahr über Programm - damit können wir mehr für den Sport tun und sind damit profitabler."
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