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Pro und Contra: Soll Red Bull Franco Colapinto verpflichten oder nicht?
Franco Colapinto bei Red Bull 2025 als Teamkollege von Max Verstappen? Darüber sind unsere Redakteure Alex Kalinauckas und Oleg Karpow geteilter Meinung
(Motorsport-Total.com) - Eine mögliche Verpflichtung von Franco Colapinto durch Red Bull ist derzeit das heißeste Gerücht in der Silly Season der Formel 1. Da der Argentinier bei Williams überzeugt, wo er mitten in der Saison Logan Sargeant ersetzte, werden die Stimmen immer lauter, dass er auch 2025 ein Cockpit in der Formel 1 bekommen sollte.
Doch bei Williams ist kein Platz für ihn, da das Team bereits Carlos Sainz und Alexander Albon als Fahrer für die Formel-1-Saison verpflichtet hat. Und so kamen Spekulationen auf, Colapinto könnte im nächsten Jahr bei Red Bull den glücklosen und sportlich angezählten Sergio Perez ersetzen.
Rookie Colapinto bei Red Bull neben Max Verstappen: Kann das funktionieren? Darüber gehen die Meinungen von Alex Kalinauckas und Oleg Karpow, Formel-1-Redakteure von Motorsport.com Global, einer Schwesterpublikation von Motorsport-Total.com im Motorsport Network, auseinander.
Alex Kalinauckas: Warum Colapinto als Partner von Verstappen gar nicht so verrückt wäre
Was für einen Weg hat Franco Colapinto in weniger als drei Monaten in der Formel 1 zurückgelegt! Aus einem relativ unbekannten Formel-2-Piloten wurde ein möglicher Teamkollege von Max Verstappen bei Red Bull im Jahr 2025. Ein solch gewagter Schritt wäre irgendwie typisch Red Bull, ist aber gar nicht so verrückt, wie es klingt.
Zumindest denkt man im Red-Bull-Lager ernsthaft über einen solchen Schritt nach. Teamchef Christian Horner dürfte dabei die treibende Kraft sein, während Motorsportberater Helmut Marko am liebsten Liam Lawson befördern würde, der aus dem von ihm verantworteten Red-Bull-Nachwuchsprogramm stammt.
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Doch dieses lange Zeit erfolgreiche Programm ist zuletzt ins Stottern geraten. Mit Colapinto bei Red Bull Racing hätte man Zeit, es zu reparieren. Lawson hätte bei Racing Bulls gleichzeitig die Chance, in der Formel 1 zu glänzen.
Ein größeres Problem, das Red Bull bei einem Wechsel von Colapinto - zu welchem Team auch immer - überwinden müsste, ist die Preisvorstellung von Williams. Gerüchten zufolge liegt diese bei 20 Millionen US-Dollar. An einem Leihgeschäft für den Argentinier ist Red Bull nicht interessiert.
Sollte es dennoch zu einer Einigung kommen, wären die Vorteile für Red Bull beträchtlich. Denn durch die Formschwäche von Perez ist das Team derzeit auf den dritten Platz in der Konstrukteurswertung zurückgefallen. Das bedeutet für die Saison 2024 voraussichtlich rund 20 Millionen US-Dollar weniger Preisgeld.
Colapinto hingegen bringt Sponsoren mit und stößt seit seinem Einstieg in die Formel 1 auf massives Interesse in Lateinamerika. Beim Grand Prix von Mexiko standen die Reporter der lokalen Medien bei Colapinitos Presseterminen in mehreren Reihen. In seinem Heimatland wurde Interesse an einer Wiederbelebung des Großen Preises von Argentinien bekundet. Eine offizielle Anfrage an das Formel-1-Management liegt allerdings noch nicht vor.
Weder Lawson noch Colapinto sind bisher direkt gegen Verstappen gefahren. Daher dürfte es im Lager des Niederländers auch keine offensichtlichen Widerstände gegen einen der beiden geben. Vom reinen Speed her unterscheiden sich beide nicht sonderlich, wie der Vergleich mit ihren aktuellen Teamkollegen zeigt.
So ist Alex Albon im Qualifying durchschnittlich 0,179 Sekunden schneller als Colapinto, und Yuki Tsunoda liegt nach demselben Maßstab nur 0,034 Sekunden vor Lawson. Bei beiden kann man nicht mit Sicherheit sagen, dass sie eine Verbesserung gegenüber Perez darstellen.
Hier kommt die mentale Belastbarkeit des Fahrers ins Spiel. Das ist auch der Grund, warum Red Bull Tsunoda nicht zu RB befördern wird - man glaubt nicht, dass er den Anforderungen als Teamkollege einer echten Formel-1-Größe gewachsen ist.
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In seinen bisherigen sechs Grand Prix-Wochenenden hat Colapinto bewiesen, dass er auch im Vergleich zu Lawson mit deutlich weniger Vorbereitung auskommt. War er in Monza bei den Treffen mit den Medienvertretern noch fast schüchtern, tritt er im Fahrerlager inzwischen deutlich selbstbewusster auf. Unfälle wie in Brasilien - darunter ein peinlicher hinter dem Safety-Car - dürfen aber nicht mehr passieren.
Ja, der Druck ist bis zu einem gewissen Grad weg, weil offiziell alle Plätze für 2025 vergeben sind, aber er geht immer noch bemerkenswert gut mit dem Druckkochtopf Formel 1 um.
Das ist der Schlüssel für Red Bull. Alles, was Red Bull braucht, ist ein Teamkollege, der näher an Verstappen dran ist - zum Beispiel mit einem durchschnittlichen Abstand wie Colapinto zu Albon. Und der damit umgehen kann, von der anderen Seite der Garage gnadenlos unter Druck gesetzt zu werden und womöglich ständig den Kürzeren zu ziehen.
Nach dem, was er bisher gezeigt hat, könnte Colapinto die Antwort auf ein Problem sein, das Red Bull seit dem Abgang von Daniel Ricciardo 2018 nicht lösen konnte.
Oleg Karpow: Trotz des Hypes ist Colapinto nicht bereit für Red Bull - noch nicht
Ein Hype ist eine seltsame Sache. Er ist toll, weil er viele Türen öffnen kann. Aber wenn er vorbei ist, schließen sie sich genauso schnell wieder.
Der Hype um Franco Colapinto ist definitiv groß, und allein die Tatsache, dass der Teamchef von Red Bull den Argentinier für 2025 überhaupt in Betracht zieht, sagt viel über die Schockwellen aus, die er seit seiner plötzlichen und unerwarteten Ankunft in der Formel 1 in Monza durch das Fahrerlager geschickt hat.
Denn nicht nur Colapinto ist in der Formel 1 angekommen, sondern mit ihm das ganze Land in Form von Sponsorenaufklebern auf den Williams-Autos, einer Lawine argentinischer Fans, die Sao Paulo und die Social-Media-Kanäle von Williams überschwemmen, und argentinischen Politikern, die plötzlich über die Formel 1 sprechen. Politiker wären keine Politiker, wenn sie nicht versuchen würden, auf den Hype aufzuspringen, oder?
Der Wirbel um Colapinto ist gut für alle. Für Williams, für die Formel 1 selbst - und für jedes Team, das ihn für 2025 unter Vertrag nimmt.
Aber wenn Colapinto zu Red Bull geht, wird er die Garage mit Max Verstappen teilen, nicht mit den Fans und Politikern, und es gibt einfach noch keinen Beweis dafür, dass er für einen der härtesten Jobs in der Formel 1 bereit ist. Es ist nicht einmal so, dass es für Colapinto zu früh wäre, in eines der besten Autos der Startaufstellung zu steigen (obwohl das wahrscheinlich auch ein gutes Argument ist) - es gibt einfach nicht genug Fakten, um zu beweisen, dass er der Aufgabe gewachsen ist.
Nach dem, was wir bisher von Colapinto gesehen haben, kann man mit Sicherheit sagen, dass er Alex Albon besser gewachsen ist als Logan Sargeant. Man darf nicht vergessen, dass sich Williams in der zweiten Saisonhälfte verbessert hat, aber das Erreichen von Q3 und die ersten Punkte in Baku waren definitiv beeindruckend.
Dass er im Qualifying vor Albon lag, trug zur allgemeinen Begeisterung bei. Allerdings konnte Albon seine letzte Runde aufgrund eines Teamfehlers nicht fahren. Auch das Wochenende in Singapur war gut und die Punkte in Austin sind definitiv hervorzuheben. Aber bedeutet das, dass er bereit ist für ein Top-Auto? Nein, natürlich nicht. Ich denke, man kann sagen: Er hat bewiesen, dass er gut genug ist, um in der Formel 1 zu fahren. Aber das ist auch schon alles. Zumindest für den Moment.
Die Umstände seines Debüts, als er mitten in der Saison ins Auto sprang, hinterlassen einen besseren Gesamteindruck - auch wenn er nicht der erste Formel-1-Neuling ist, der sich gut schlägt, wenn er ins kalte Wasser geworfen wird. Aber vielleicht sollten wir aufhören, so überrascht zu sein, wie die neue Generation von Fahrern mit solchen Herausforderungen umgeht.
Die Wahrheit kommt erst mit der Zeit ans Licht. Yuki Tsunoda wurde nach seinem ersten Rennen in Bahrain gehypt, und Nyck De Vries' spektakuläre Leistung in Monza 2022 brachte ihm in den folgenden Monaten viel Lob ein, bevor der Hype-Zug nach nur einer Handvoll Rennen 2023 stoppte und den Rückwärtsgang einlegte.
Colapinto muss sich erst noch beweisen. Über die Quali-Niederlagen gegen Albon in Italien und Mexiko spricht man nicht mehr. Auch nicht über die Unfälle. Aber das liegt in der Natur der heutigen Medienlandschaft, in der Logan Sargeant bei lebendigem Leib gefressen worden wäre, wenn er hinter dem Safety-Car gecrasht wäre. Für Colapinto hingegen, der sich noch in seinen Formel-1-Flitterwochen befindet, finden sich immer Ausreden.
Die Tatsache, dass Horner eine Verpflichtung Colapintos überhaupt in Erwägung zieht, sagt wohl mehr über das Ausmaß des Fahrerproblems bei Red Bull aus als über Colapintos Formel-1-Debüt. Wären nur sportliche Gründe ausschlaggebend, würde Horner wohl in der Williams-Hospitality auftauchen und mit James Vowles über einen anderen Fahrer sprechen, sei es Carlos Sainz oder auch Albon.
Denn während man sich im Verstappen-Lager nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden kann, das Toro-Rosso-Duo von 2015 wieder zusammenzubringen, sollte Albon ganz oben auf der Liste der Fahrer stehen, die er von Williams kaufen möchte. Er war schon einmal bei Red Bull, er weiß, wie es ist, neben Verstappen zu fahren - aber er hat jetzt viel mehr Erfahrung.
Aber in der Formel 1 geht es nicht nur um Leistung. Es gibt wohl noch andere Gründe, warum Colapinto auf dem Radar von Horner ist. Und die Chancen stehen gut, dass er Red Bull helfen könnte, die lateinamerikanischen Sponsoren bei Laune zu halten, sollte Sergio Perez entlassen werden. Ob er aber sportlich eine Bereicherung sein kann, ist eine Frage, die sich im Moment noch nicht beantworten lässt.
Colapinto könnte der Superstar der Zukunft werden. Nur gibt es im Moment wenig Anhaltspunkte, die diese Behauptung belegen können.