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Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat: Liam Lawson
Liam Lawson gibt sein zweites F1-Debüt, und beeindruckt genauso wie beim ersten: Macht er so weiter, gibt es wenig Gründe, ihn nicht bald zu Red Bull zu befödern
(Motorsport-Total.com) - Liebe Leserinnen und Leser,
© Motorsport Images
Liam Lawson hinterließ auch in Austin wieder einen extrem starken Eindruck Zoom Download
ein bisschen kurios ist es schon: Liam Lawson muss sich dieser Tage vorkommen, als hätte jemand in seinem Sportlerleben mal eben kurz die Pausetaste gedrückt - für exakt ein Jahr: Vor dem Rennen in Austin 2023 musste Lawson schließlich wieder das Cockpit bei AlphaTauri räumen, das er damals nach Daniel Ricciardos Handverletzung übergangsweise übernommen hatte.
Und ausgerechnet in Austin kehrte Lawson nun also zwölf Monate später, nach dem endgültigen Aus für den Australier, zurück ins Auto, das mittlerweile den Namen Racing Bull trägt. Immerhin: Das lange Warten und die Geduld haben sich für den 22-jährigen Neuseeländer gelohnt, denn in Texas war er am Wochenende gleich mal mittendrin statt nur dabei.
Da war zum Beispiel der Zoff mit Fernando Alonso nach dem Sprint, der quasi als Ritterschlag zu verstehen ist ...
Denn hätte sich der Altmeister bei einem Guanyu Zhou oder Logan Sargeant überhaupt die Mühe gemacht, für einen wütenden Umerziehungsversuch - oder bei seinem Teamkollegen Lance Stroll, ohnehin eher ein hoffnungsloser Fall, mit dem er vor zwei Jahren in Austin genau den Unfall hatte, den er mit Lawson am Samstag vermeiden konnte?
Mit Lawson kommt einer, das weiß offenbar auch Alonso, mit dem er sich den Asphalt in der Königsklasse in den kommenden Jahren wohl oder übel noch länger wird teilen müssen. "Er ist ein sehr harter Racer, und er hat gezeigt, dass er den Speed hat", adelt Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko seinen Schützling am Sonntag.
Doch nicht nur da. Eigentlich das ganze Wochenende lang schwärmt der Österreicher vom frisch beförderten Junioren, wenn man mal genau hinhört: "Großartiges Debüt", sagt Marko, "zu jederzeit in Kontrolle", "hervorragende Überholmanöver", "unglaublich konstante und schnelle Rundenzeiten", "eine tadellose Leistung", und viele andere Nettigkeiten kommen dem Doktor im Laufe des Wochenendes über die Lippen.
Vergleicht man im Gegensatz dazu die Aussagen zu Red Bulls aktueller Nummer zwei, Sergio Perez, hört sich das so an: "Bei Checo ist die Inkonstanz das große Problem", "das war nicht wirklich das, was wir erwartet hatten", "die Lücke zu Max bei den Rundenzeiten war recht groß", "er muss sich steigern und seine Performance verbessern".
Tritt Perez schon in Mexiko zurück?
Kein Wunder, dass in Austin also wieder wild über die langfristige Zukunft des Mexikaners im Team spekuliert wurde - oder ist sie gar nicht mehr so langfristig? Im Fahrerlager schwirrten sogar Gerüchte rum, dass Perez bereits nächstes Wochenende in Mexiko sein Heimrennen zum Anlass nehmen könnte, um für 2025 seinen Rücktritt zu verkünden.
Interessant: Darauf angesprochen, sagt Marko bei Sky: "Es ist ein Gerücht. Er selbst sagt, dass da keine Wahrheit hinter steckt." Auf die Frage, ob das Szenario also sicher nicht eintritt, entgegnet Marko: "Ja, also schauen wir mal. Aber er muss seine Leistung anziehen." Wer weiß, wie der Red-Bull-Kosmos tickt, der kommt jedoch nicht an der Frage vorbei, ob Red Bulls mächtiger Motorsportberater es nicht längst besser weiß?
Und ob Perez so eine Entscheidung selbst überhaupt treffen würde - zumindest aus finanzieller Sicht mehr als fragwürdig. Deutlich realistischer scheint da schon ein Szenario, dass Red Bull dem Mexikaner bald endlich den performancegerechten Laufpass geben wird, jetzt, wo man mit Lawson einen neuen aufstrebenden Stern am Himmel hat.
Schon beim Rauswurf von Daniel Ricciardo vor rund vier Wochen in Singapur habe ich mich gefragt, was Perez eigentlich besser gemacht haben soll als der Australier, um sein Cockpit noch behalten zu dürfen? Aus Teamkreisen, so war zu hören, nicht viel - doch drängte sich eben bei Red Bull zum damaligen Zeitpunkt auch kein Kandidat auf, dem man zutraute, zwingend mehr rauszuholen als der glücklose Mexikaner.
Das dürfte sich nach dem Rennen in Austin aber bereits geändert haben, wie der Blick auf die nackten Zahlen offenbart: Lawson beendete den Grand Prix als Neunter im Racing Bull gerade mal elf Sekunden hinter dem Siebten Perez im Red Bull - dabei fuhr der Neuseeländer am Sonntag wegen Motorstrafe (noch für Ricciardos Auto) von Platz 19 los, doch vor allem seine konstant hohe Pace auf den harten Reifen im ersten Stint brachte ihn zurück ins Spiel.
Okay, Perez startete auch "nur" als Neunter, aber genau hier liegt ja das Problem: Der Mexikaner beendete das Qualifying mit gestrichener Rundenzeit mal wieder sang- und klanglos hinter sämtlichen Erwartungen. Lawson hingegen brillierte in Q1 regelrecht mit Rang drei, wurde wegen der ohnehin absehbaren Strafe dann in Q2 als Teamplayer respektive Windschattenspender für Teamkollege Yuki Tsunoda eingesetzt.
Tsunoda wartet seit vier Jahren auf Red-Bull-Chance
Apropos Tsunoda, was ist eigentlich mit dem Japaner? Hondas Rennsport-Präsident Koji Watanabe hatte sich just im Vorfeld des Austin-Rennens mal wieder extrem stark gemacht für seinen Landsmann: Man setze Teamchef Christian Horner unter Druck (immer eine gute Idee ...), Tsunoda endlich mal seinen ersten Test in einem Red Bull zu geben - nach fast vier vollen Jahren Formel 1 wohlgemerkt.
Der Zeitpunkt des Voranpreschens durch den Honda-Verantwortlichen war sicher nicht zufällig gewählt, spürt doch auch Tsunoda jetzt ganz plötzlich den Extradruck durch Lawson, beziehungsweise "ein bisschen mehr Schärfe", wie er es selbst ausdrückte: Plötzlich ist der 24-Jährige nicht mehr der junge Herausforderer, sondern der etablierte Fahrer im Team, der seinen Platz und Status verteidigen muss.
Besonders gut ging Tsunoda damit in Texas schon mal nicht um, und der Trend der vergangenen Monate - zur Wahrheit gehört nämlich auch, dass der Japaner schon gegen Ricciardo zuletzt längst nicht mehr so gut aussah wie noch zu Saisonbeginn - setzte sich entsprechend fort, gipfelte im Rennen sogar in einem unnötigen Dreher in Kurve eins, der alle Hoffnung auf Punkte zunichte machte.
Mein persönliches Gefühl sagt mir daher, dass Tsunoda mal eher aufpassen muss, dass mit Blick nach vorne nicht bald Formel-2-Titelaspirant Isack Hadjar, oder gar Nachwuchstalent Arvid Lindblad in seinem Auto sitzen - Youngster hat Red Bull ja bekanntlich genügend, und Doktor Marko entdeckt spätestens durch Lawson gerade seine Vorliebe für sie wieder.
"Man sieht, man muss der Jugend eine Chance geben und sie ins Auto setzen", erklärte Marko am Wochenende mehrfach, und besann sich damit auf das Mantra, das im Red-Bull-Kosmos sowieso schon immer Teil der Erfolgs-DNA war, man denke nur mal an Sebastian Vettel oder Max Verstappen.
Letzterer ist ein gutes Beispiel, nicht nur dafür, wie schnell es dann nach oben gehen kann, sondern auch, wie sehr sich der Mut zum Risiko lohnen mag, gewann er doch 2016 in Barcelona direkt nach der Beförderung ins A-Team gleich mal seinen ersten Grand Prix.
Ob Lawson zu solchen Leistungen auch imstande ist, darauf würde ich nicht unbedingt wetten - sehr wohl aber darauf, dass es nicht wieder ein weiteres Jahr dauern wird, bis wir die Antwort auf diese Frage erhalten. Für Marko steht in Bezug auf Lawson jedenfalls fest: "Er ist sicher ein Mann für die Zukunft." Fragt sich nur noch in welchem der beiden Red-Bull-Teams?
Euer Frederik Hackbarth