• 28. August 2024 · 08:00 Uhr

Sollte McLaren Piastri jetzt zum WM-Helfer für Norris machen?

McLaren-Teamchef Andrea Stella sagt, er wolle Lando Norris für dessen WM-Chancen nicht gegenüber dem Teamkollegen bevorzugen, aber sollte er das vielleicht tun?

(Motorsport-Total.com) - Andrea Stella von McLaren ist ein diplomatischer Mensch. Er erntet derzeit verdientermaßen den Ruhm, weil er in den vergangenen 20 Monaten die große Leistungssteigerung des Teams gestaltet hat.

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Die beiden McLaren-Fahrer Lando Norris und Oscar Piastri Zoom Download

Stella leitet McLaren mit ruhiger Hand und ist ein Schlüsselfaktor in der Transformation des Teams. Und bis jetzt hat er stets einen komfortablen Mittelweg gefunden, ohne einen Fahrer zu bevorzugen. Dabei hat er immer ein beeindruckendes Maß an Harmonie und Diplomatie bewiesen.

Aber jetzt, wo das Team in die zweite Saisonphase geht, gibt es eine Chance auf die WM-Titel in der Fahrer- und in der Konstrukteurswertung, auch wenn die Chance klein zu sein scheint.

Entgegen dem, was Norris denkt und nach seinem Sieg beim Niederlande-Grand-Prix gesagt hat - er hält es für "ziemlich dumm", angesichts des 70-Punkte-Rückstands auf Max Verstappen in der Gesamtwertung über den Fahrertitel nachzudenken -, ist er doch in diesen Titelkampf involviert. Das ist die Realität.

Red-Bull-Sportchef Helmut Marko sagte, Norris' Sieg sei "alarmierend" sowohl für Verstappen als auch für das Team. Denn der aktuelle Titelverteidiger ist nun schon seit fünf Rennen ohne Sieg. Erstmals seit dem WM-Gewinn 2021 wirkt er verletzlich. Und er hat keine Garantie mehr auf richtig viele Punkte pro Rennen.

Allerdings zögert Stella zumindest für den Moment noch damit, die McLaren-Chancen zu bündeln, indem er auf eine Bevorzugung von Norris gegenüber Piastri verzichtet.

Nach Norris' Sieg in Zandvoort hat er seine Haltung ausführlich erklärt, und das mit einer erfrischenden Offenheit. Er sagte: "Ab dem ersten Rennen wird über Stallregie gesprochen, so ist es immer. Denn du willst immer mit Klarheit ins Rennen gehen, wie der interne Wettbewerb zwischen zwei Fahrern gehandhabt wird."

"Wir sprechen während der Saison also über Stallregie. Aber diese Gespräche muss man im entsprechenden Kontext sehen, zum Beispiel der Gesamtwertung."


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"Generell gehen wir fair vor und mit Integrität. Und ich wiederhole mich, wenn ich sage: Ich kenne keinen Fahrer, der per Vertrag die Nummer eins sein wollte."

"Fahrer wollen die Nummer eins sein, weil sie schnell sind auf der Strecke. Und wenn du schnell bist auf der Strecke, dann willst du natürlich vom Team unterstützt werden, wenn es zu einer 50:50-Entscheidung kommt oder wenn das Team helfen kann."

"Vor uns liegen noch neun Rennen, und wenn wir jetzt einen Nummer-1-Fahrer benennen, wie geht es dann weiter? Wird dann der Nummer-1-Fahrer bevorzugt?"

"Das ist keine gesunde Vorgehensweise für ein Team. Aber: Wir werden bei jedem Rennen die Situationen analysieren. Und in den 50:50-Situationen oder in den Fällen, in denen Lando vielleicht eine zusätzliche Unterstützung braucht durch das Team, da werden wir diese Unterstützung gewähren. Aber Oscar gehört eben auch zum Team."

"Das heißt: Das Team sollte nichts tun, was nicht auch für Oscar sinnvoll erscheint. Wir machen das gemeinsam. Ein Team besteht nicht nur aus einem Fahrer und der andere Fahrer ist halt auch dabei."

"Oscar muss in diese Diskussion involviert sein. Und er muss einverstanden damit sein, was wir für das beste Vorgehen halten."

Einerseits ist es beeindruckend, wie sehr Stella an den Werten des Teams hängt. Denn McLaren betont ja seit geraumer Zeit, dass es keinen Nummer-1-Fahrer hat.

Andererseits habe ich den Eindruck, die Zeit ist gekommen, dass McLaren seine Herangehensweise ändert und Piastri zur Unterstützung von Norris heranzieht, damit McLaren erstmals seit 2008 eine WM-Titelchance hat.


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Als Piastri nach dem Qualifying in Zandvoort gefragt wurde, ob er Norris im Titelkampf gegen Verstappen unterstützen würde, lächelte er ironisch und sagte: "Wenn ich Platz zwei erreichen könnte, würde das die Sache für das Team etwas einfacher machen. Aber ... ich werde nichts Bestimmtes versuchen, um das herbeizuführen. Ich will selbst versuchen, das Rennen zu gewinnen. Schauen wir mal, was sich ergibt und was ich tun kann."

Aus dieser kurzen Unterhaltung geht klar hervor: Piastris Fokus lag auf seinen eigenen Interessen und passte zudem zur McLaren-Gesamtstrategie, keinen Fahrer zu bevorzugen.

Allerdings ist diese Haltung in diesem Jahr beim Ungarn-Grand-Prix bereits hinterfragt worden, als das Team Norris und Piastri darum bat, in der Schlussphase des Rennens die Positionen zu tauschen. Das Ergebnis war der erste Formel-1-Sieg des Australiers.

So fantastisch es war für Piastri, den Debütsieg zu erzielen, rächen sich die dabei verlorenen sieben Punkte für Norris später im Jahr noch im Titelkampf mit Verstappen?

Realität ist: Wir wissen es noch nicht. Was wir aber wissen, ist: Um Siege und Titel zu kämpfen, das ist für viele Angestellte bei McLaren eine neue Erfahrung, und dabei werden Lektionen gelernt.

Das Talent mal außen vorgelassen: Verstappen, Lewis Hamilton und Michael Schumacher haben alle Titel gewonnen, weil ihre Teamkollegen kooperiert haben.

Wäre es nicht sinnvoll, Piastri als Unterstützung einzusetzen, damit Norris eine bessere Chance hat, Verstappen zu schlagen? Zumal derzeit Welten zu liegen scheinen zwischen Verstappen und seinem Red-Bull-Teamkollegen Sergio Perez.

McLaren kann frei wählen, welche Vorgehensweise es für die beste hält. Aber McLaren kann es sich auch nicht leisten, eine so großartige Chance auf den WM-Titel zu verpassen.

Es wäre bewundernswert, wenn McLaren weiterhin am Status Quo festhalten und den schmalen Grat der Diplomatie weitergehen würde. Aber wenn am Saisonende die McLaren-Fahrer die Plätze zwei und drei in der WM belegen sollten, dann würde das nur auf eines hindeuten: auf eine verpasste Chance.

Piastri wird das nicht gefallen. Und Stella muss seine sämtlichen Verhandlungs- und Management-Fähigkeiten aufbringen, aber vielleicht ist es an der Zeit, dass Piastri zum Helfer wird für Norris' Chancen auf den Gewinn der Formel-1-Fahrerwertung.

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