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Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat: Fernando Alonso
Weshalb sich ausgerechnet Aston-Martin-Fahrer Fernando Alonso nach dem Formel-1-Wochenende in Brasilien wie ein großer Gewinner fühlen darf
(Motorsport-Total.com) - Wie intensiv, liebe Leser, habt ihr die Bilder zur Siegerehrung nach dem Sao-Paulo-Grand-Prix 2023 in Brasilien studiert? Wahrscheinlich hat schon ein oberflächlicher Blick gereicht, um zu erkennen: Nur einer drei Fahrer auf dem Treppchen hat sich so richtig ausgelassen gefreut. Und das war nicht Sieger Max Verstappen und auch nicht Lando Norris auf P2. Es war: der drittplatzierte Fernando Alonso.
© Motorsport Images
Fernando Alonso bejubelt den dritten Platz beim Formel-1-Rennen in Brasilien 2023 Zoom Download
Ihn hatte ich dieses Jahr schon zweimal am besten schlafen lassen: Nach dem Formel-1-Auftakt in Bahrain, als sich die Aston-Martin-Form als "echt" erwiesen hatte; und nach dem Grand Prix der Niederlande, nachdem Alonso erstmals seit Wochen wieder unter die Top 3 gefahren war. Und ich wage zu behaupten: Nach Sao Paulo schläft er vielleicht noch besser als nach Zandvoort.
Gerüchte bringen Alonso auf die Palme
Denn was haben die vergangenen Wochen nicht alles an Schlagzeilen hergegeben? Aston Martin ist richtig abgestürzt, fuhr teilweise nur noch auf Vorjahresniveau; Teamchef Mike Krack räumte endlich ein, dass Lance Stroll intern durchaus in der Kritik stand; Alonso wurde ein Wechsel zu Red Bull angedichtet oder gleich das Karriereende.
Vor allem Letzteres machte Alonso sehr wütend. Laut Sky England denkt Alonso nämlich gar nicht ans Aufhören. Und er denkt auch nicht daran, Aston Martin zu verlassen. Alonso fühle sich im Team von Lawrence Stroll so wohl wie nie zuvor in seiner Formel-1-Laufbahn, so erklärt ein enger Vertrauter auf Nachfrage.
Und was hilft in einer solchen Situation? Richtig: ein vorzeigbares Ergebnis. Das hat Alonso in Brasilien eingefahren.
Natürlich: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Dass er zum Beispiel im Qualifying von Teamkollege Stroll geschlagen wurde, das ist mindestens ein Schönheitsfehler. Aber um 0,043 Sekunden, das kann schon mal passieren. Denn ansonsten hat sich Alonso nicht viel vorzuwerfen: Er hat das aus dem AMR23 herausgeholt, was drin war - oder sogar mehr.
Das Meisterstück gegen Perez in der letzten Runde
Denn eigentlich darf Alonso mit diesem Auto im Grand Prix nicht Dritter werden. Punkt.
Dass er es trotzdem geschafft hat, spricht für ihn. Wie er in der Schlussphase über Runden hinweg gegen Sergio Perez im überlegenen Red Bull verteidigt hat, das war absolut sehenswert. Und das, obwohl Perez mit besserem Topspeed und noch dazu mit der Überholhilfe DRS ausgestattet war. Ein Überholmanöver hätte damit eigentlich Formsache sein müssen.
Aber: Erst in der vorletzten Rennrunde knackte Perez Alonso. Nur um in der letzten Rennrunde wieder von Alonso überlistet und doch bloß Vierter zu werden.
Da kann man nur sagen: Das war ein Meisterstück von Alonso, wie es nur wenige andere Fahrer im Feld mit gleichem Material vollbringen würden.
Was Alonso bei Aston Martin auslöst
Was das bei Aston Martin auslöst, hat man bei der Siegerehrung gesehen: grenzenloser, ehrlicher Jubel beim gesamten Team. Und ein Alonso, der das Team an der Siegerehrung teilhaben lässt, indem er die Schaumwein-Flasche vom Podium in die Arme der Mechaniker hinuntergibt.
Sieht so jemand aus, der genug von alldem hat? Der nach der Saison hinschmeißen will? Ich glaube nicht.
Ganz im Gegenteil: Alonso erweckt den Anschein, als sei er ehrgeiziger denn je. Als habe er an diesem Wochenende umso mehr etwas beweisen wollen, nachdem zuvor schräge Gerüchte die Runde gemacht hatten. Als habe er etwas klarstellen wollen. Und seine Leistung auf der Rennstrecke spricht Bände, vielleicht mehr denn je.
Das Fünkchen Wahrheit in den Spekulationen
Das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Aston Martin im Vergleich zu Red Bull, McLaren, Ferrari und Mercedes wirklich abgestürzt ist. Es zeigt aber zumindest, das eine Sache noch immer gilt: Alonso zählt weiter zu den besten Fahrern der Formel 1, ob das Auto (ganz) vorne mitspielt oder nicht. Und jeder wäre gut beraten, diesen Alonso nie zu unterschätzen.
Denn ein Fünkchen Wahrheit steckt vielleicht wirklich in den Spekulationen: Dass zumindest insgeheim ein mancher Teamchef wünschte, er hätte Alonso in einem seiner Autos. Bei Leistungen wie im Grand Prix in Brasilien könnte man das nur zu gut verstehen.
Deshalb glaube ich: Für Alonso hätte das drittletzte Rennwochenende des Jahres in vielerlei Hinsicht kaum ein besseres Ende nehmen können. Die entspannte Nachtruhe im Anschluss ist da nur der Bonus.
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Und wer nach dem Rennen in Brasilien gar nicht gut geschlafen hat? Das erfahrt ihr wie immer in der Schwesterkolumne von Chefredakteur Christian Nimmervoll.
Euer
Stefan Ehlen