• 01. Mai 2023 · 05:48 Uhr

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Lewis Hamilton

Ein bisschen wie Roger Federer? Lewis Hamilton ist nach vier von 23 Formel-1-Rennen 2023 weit davon entfernt, zum achten Mal Weltmeister zu werden ...

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leser/-innen,

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Lewis Hamilton: Gelingt ihm doch noch der heiß ersehnte achte WM-Titel in der Formel 1? Zoom Download

rein den Zahlen nach ist Lewis Hamilton der erfolgreichste Rennfahrer in der Geschichte der Formel 1. Doch seit jenem schicksalhaften Tag in Abu Dhabi 2021, als ihm Michael Masi den für seine persönlichen Ambitionen so wichtigen achten Titel verwehrt hat, lief irgendwie nichts mehr so richtig zusammen in der Karriere des inzwischen 38-jährigen Mercedes-Fahrers.

Abu Dhabi hätte, wenn wir uns kurz für einen Moment in ein Paralleluniversum versetzen, alles ändern können. Hamilton wäre achtmaliger Weltmeister gewesen und damit endgültig am großen Michael Schumacher vorbeigezogen. Es wäre ein guter Zeitpunkt für den Rücktritt gewesen.

Dann aufhören, wenn man am Höhepunkt ist: Nico Rosberg hat vorgemacht, wie es geht.

Ich bin privat einer, der gern Tennis spielt und schaut. Als Fan habe ich mir immer gewünscht, dass Roger Federer noch ein neuntes Mal Wimbledon gewinnt und dann gleich auf dem Centercourt abdankt. Mit einer großen, emotionalen Rede.

Es noch einmal allen zeigen, mit dem Pokal in der Hand ein paar Tränchen verdrücken, die der Größe des Moments gerecht werden, nach Hause gehen und dort dabei zuschauen, wie Mythos um das, was man erreicht hat, immer größer wird: Wäre Hamilton in Abu Dhabi 2021 als achtmaliger Weltmeister zurückgetreten, wäre genau das passiert.

Hätte, wäre, wenn.

Droht Hamilton ein Federer-Schicksal?

Erstens hat die Sache mit dem achten Titel bekanntermaßen nicht geklappt. Und zweitens wäre Hamilton wahrscheinlich auch dann nicht sofort zurückgetreten.

Federer hat Wimbledon im Juli 2017 zum letzten Mal gewonnen. Danach triumphierte er 2018 noch einmal bei den Australien Open und wurde sogar noch einmal kurzzeitig Nummer 1 der Weltrangliste. Aber an alte Glanzzeiten konnte er nie mehr anknüpfen.

Ende 2022 beendete er seine glorreiche Karriere. Zwar als eine der größten Legenden des Sports, unbestritten; aber eben nicht als gegenwärtige Nummer 1 der Welt.

Wie Hamilton von den Fans gesehen wird

Lewis Hamilton hatte bei vielen Fans der Formel 1 immer schon einen schweren Stand. Viele verwehren ihm die Anerkennung für seine herausragenden Leistungen, sehen ihn historisch nicht auf dem gleichen Niveau wie Ayrton Senna oder Michael Schumacher.

Ein "Vorwurf" lautet: Hamilton sei wahrscheinlich der Beste, wenn er im besten Auto sitzt. Niemand kann ihm das Wasser reichen, wenn alles zusammenpasst.

Aber wenn eben nicht alles zusammenpasst, dann können andere die Schwächen eines imperfekten technischen Pakets besser überfahren. Wir bekommen das gerade vorgeführt, wenn der junge George Russell mit dem W14 die gleichen oder manchmal sogar bessere Leistungen erbringt als Hamilton.

Ayrton Senna war ein besonderer Könner dieser Disziplin. Wie er den klobigen Toleman von Rory Byrne in Monaco 1984 beinahe zum Sieg geprügelt hätte, ist legendär. Oder Michael Schumacher, der 1996 mit einer Krücke von Ferrari drei Grands Prix gewinnen konnte. Oder Fernando Alonso, der 2008 sogar mit einem unterlegenen Renault kleine Wunder vollbrachte.

Hamilton hingegen tut sich - das ist zumindest mein subjektiver Eindruck - schwerer damit, wenn sein Auto nicht passt.

Was Hamilton besser kann als andere Legenden

Seine Stärken sind anders gelagert: sich reinzuknien und ein gutes Paket in kleinteiliger Teamarbeit zu einem perfekten zu machen, zu testen und zu trainieren und am Set-up zu tüfteln, gemeinsam mit den Ingenieuren die optimale Balance zu suchen. Wenn dann alle Parameter einmal zusammenpassen, dann ist keiner besser als Lewis Hamilton.

Die Diskussionen darüber, wer denn nun der Beste aller Zeiten ist, sind sowieso mühsam. Fangio, Stewart, Lauda, Prost, Senna, Schumacher, Alonso, Hamilton: Jeder war eine herausragende Figur seiner Ära. Auf seine ihm ganz eigene Art und Weise.


Wünscht sich Max einen anderen Teamkollegen?

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Das ist zumindest die Theorie von Ralf Schumacher. Der Sky-Experte glaubt, dass es brodelt unter der Oberfläche des Red-Bull-Teams. Weitere Formel-1-Videos

Aber wir wissen, dass sich Hamilton wenig sehnlicher wünscht als den achten Titel, und ich fürchte, der wird ihm nicht mehr gelingen.

Denn selbst wenn, angenommen (und das ist keineswegs ein Selbstläufer), der Mercedes 2024 wieder ein Siegerauto sein sollte, hat Hamilton jetzt nicht nur Max Verstappen im Red Bull und Charles Leclerc im Ferrari als Gegner, vielleicht auch noch Fernando Alonso im Aston Martin; sondern er muss mit George Russell auch im eigenen Team erstmal einen Gegner überwinden.

2021: Auf dem Höhepunkt des Schaffens

Hamilton ist 38. Ich stelle die kühne These auf: Ende 2021, mit 36, war er auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Wie er die WM damals beinahe noch gedreht hätte, das war vielleicht das Beste, was dieser Sport je gesehen hat.

Ob er dieses höchste aller Niveaus seither gehalten hat? Es ist denkbar schwierig, das von außen zu beurteilen. Das Werkzeug, das ihm zur Verfügung steht, ist jetzt ein anderes, und der direkte Vergleich mit Verstappen hinkt.

Doch was wir sehen können ist: Im direkten Vergleich mit einem "jungen Wilden" wie Russell ist es für Hamilton keine Selbstverständlichkeit mehr, die Oberhand zu behalten. Was einerseits für Russells herausragendes Talent spricht, keine Frage; andererseits aber auch ein Indiz dafür sein mag, dass Hamilton anno 2023 nicht mehr 100 Prozent seines überwältigenden Potenzials abrufen kann, wie ihm das Ende 2021 gelungen ist, sondern vielleicht nur noch 99.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ein Lewis Hamilton auf 99 Prozent ist immer noch besser als neun von zehn anderen Formel-1-Fahrern.

Aber dann gibt's da halt auch noch Max Verstappen.

Imola: Warum das Mercedes-Update so wichtig ist

Ich würde mir irgendwie wünschen, dass die grandiose Geschichte von Lewis Hamilton mit einem achten Titel zu Ende geschrieben wird. Dass er damit die Ressentiments gegen ihn (bei denen manchmal auch ein latenter Rassismus mitschwingt) endgültig begräbt, alle Diskussionen beendet und statistische Fakten schafft.

Nur: Ich zweifle daran, dass ihm das gelingen wird.

In Imola soll endlich das große Update von Mercedes kommen. Hamilton und Russell werden damit nicht plötzlich Kreise um die Konkurrenz ziehen, so viel ist klar. Und doch wird Imola ein ganz entscheidendes Wochenende werden.

Denn: Wenn Hamilton sieht, dass mit dem Update was vorangeht, dass der neue Technische Direktor James Allison es schafft, dem W14 wieder Siegerpotenzial einzuhauchen, wenn er merkt, dass die Chance besteht, 2024 doch noch einmal Weltmeister zu werden, dann wird er vermutlich seinen Ende 2023 auslaufenden Vertrag mit Mercedes verlängern.

Ich frage mich aber: Was passiert, wenn das Update floppt und wenn Mercedes keinen Beweis dafür liefern kann, dass es in naher Zukunft besser wird?

Euer
Christian Nimmervoll

Hinweis: Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Kolumne meine subjektive Wahrnehmung abbildet. Wer anderer Meinung ist, kann das gern mit mir ausdiskutieren, und zwar auf meiner Facebook-Seite "Formel 1 inside mit Christian Nimmervoll". Dort gibt's nicht in erster Linie "breaking News" aus dem Grand-Prix-Zirkus, sondern vor allem streng subjektive und manchmal durchaus bissige Einordnungen der wichtigsten Entwicklungen hinter den Kulissen der Formel 1.

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