• 17. August 2020 · 06:12 Uhr

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Alexander Albon

Der Vergleich mit Pierre Gasly 2019 zeigt eindeutig: Alexander Albon ist um nichts besser als jener Fahrer, den Red Bull vor einem Jahr gnadenlos abserviert hat

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leser/-innen,

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Alexander Albon (rechts) im Gespräch mit Teamchef Christian Horner Zoom Download

so, es ist jetzt an der Zeit. Zeit zu handeln für Helmut Marko. Dass Alexander Albon nach einer erneut desolaten Leistung immer noch im Red Bull sitzt, ist für mich nicht nachvollziehbar. "Wir glauben an ihn", sagte Teamchef Christian Horner nach Platz acht beim Grand Prix von Spanien. Während Max Verstappen immerhin einen Mercedes besiegte, wurde der zweite Red Bull überrundet. Das ist die Realität im Jahr 2020.

Vor einem Jahr wurde Pierre Gasly nach seinen ersten sechs Auftritten im A-Team öffentlich gnadenlos zerrissen. Gut, der damals noch an akuter Selbstüberschätzung leidende Franzose (ein Zahn, den ihm die Realität inzwischen gezogen hat, oder vielleicht auch Franz Tost) hatte neben schlechten Ergebnissen auch ein bisschen Schrott produziert. Aber sein Speed war in Ansätzen vielversprechender als der von Albon.

Das ist keine hohle Behauptung meinerseits, sondern Fakt. In bisher sechs Qualifyings verlor Albon durchschnittlich 0,547 Sekunden auf Verstappen (gemessen jeweils am letzten gemeinsam bestrittenen Segment). Gasly hatte in den ersten sechs Qualifyings 2019 durchschnittlich nur 0,293 Sekunden Rückstand auf Verstappen. Das sind um 46 Prozent weniger.

Was hat Albon, was Gasly nicht hatte?

Und weil immer behauptet wird, dass Albon ja so ein super Racer sei, der toll überholen kann und zumindest konstant die für die Konstrukteurs-WM so wertvollen Punkte nach Hause bringt: Stimmt - ist er, kann er, bringt er. Aber während Albons Punkteausbeute nach sechs Rennen bei 42 Prozent von jener Verstappens liegt, lag jene von Gasly vor einem Jahr auch bei immerhin 41 Prozent.

Was Gasly 2019 von Albon 2020 unterscheidet, ist in erster Linie der Mindset. Gasly vermittelte nach seinem Sprung zu Red Bull das Gefühl, er sei angekommen am Ziel seiner Träume, und von jetzt gehe alles ganz von selbst. Das übersteigerte Selbstbewusstsein ohne die damit verbundene Kaltschnäuzigkeit, die etwa ein Verstappen hat, verhinderte zunächst, dass er selbstkritisch genug an sich arbeiten konnte.


Barcelona: Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

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Das ist bei Albon anders. Wie die nackten Zahlen beweisen, ist der Thailänder auch nicht besser als der Franzose (der inzwischen übrigens bei AlphaTauri zu Hochform aufläuft und sich nachdrücklich für eine zweite Chance empfiehlt). Aber seine Geisteshaltung ist viel selbstkritischer, viel analytischer, viel demütiger und lernwilliger. Das kommt bei einem wie Marko besser an.

Einer wie Marko will letztendlich aber keine netten Kerle in seinen Autos sehen, sondern Siegertypen. Das ist Albon nicht. "Solange wir sehen, dass eine Verbesserung da ist und dass es vorwärts geht", sagte der Österreicher kürzlich, werde man dem 24-Jährigen (Albon ist eineinhalb Jahre älter als Verstappen) Zeit geben.

Ein Statement, dem man entgegenhalten muss: Geht es denn noch vorwärts? In den ersten drei Grands Prix hat Albon im Qualifying durchschnittlich 0,550 Sekunden auf Verstappen verloren und trotz des Ausfalls in Österreich 22 Punkte gesammelt. Beim zweiten "Tripleheader" war er auf eine Runde um durchschnittlich 0,544 Sekunden langsamer und holte nur noch 18 Punkte, ohne Ausfall.

Antwort: Einen thailändischen Reisepass!

Albon rettet im Moment, dass er die richtige Einstellung mitbringt und ein netter Kerl ist, und dass er einen thailändischen Pass hat. Mit der thailändischen Yoovidhya-Familie, der 51 Prozent des Red-Bull-Konzerns gehören, hat er mächtige Fürsprecher. Und obendrein Glück, dass Red Bull in der Konstrukteurs-WM auch mit nur einem Fahrer sicher auf P2 liegt, weil sich Ferrari gerade im Wachkoma befindet.

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Alexander Albon kann sich im besseren Auto nicht von Pierre Gasly absetzen Zoom Download

Aber Red Bull hat noch nie Nationalitäten vor Leistung gestellt. Als die Medien davon ausgingen, dass man mit Alexander Wurz einen etablierten Österreicher ins damals noch junge Team setzen würde, entschied sich Dietrich Mateschitz lieber für David Coulthard als Aufbauhelfer. Und mit Christian Klien wurde kurzer Prozess gemacht, obwohl es ihm am reinen Talent nicht gefehlt hat.

Es war immer ein Erfolgsgeheimnis von Red Bull in der Formel 1, dass man entschlossen gehandelt hat, wenn es notwendig war. Und weil Albon auch mit dem neuen Renningenieur Simon Rennie nicht schnell genug in die Gänge kommt, wird es bald notwendig sein. Meine Prognose lautet: Die Schonfrist geht noch drei Rennen. Kommt er bis Mugello nicht auf Touren, muss Red Bull etwas ändern.

Jetzt kann man sagen, dass es wieder die bösen Medien sind, die Albon mit ihren viel zu harten Kommentaren aus dem Konzept bringen. Ich kann mich nicht erinnern, dass Marko Gasly vor einem Jahr auch derart konsequent verteidigt hat. Vielleicht hätte der Franzose den Durchbruch bei Red Bull längst geschafft, wenn man ihn genauso verständnisvoll angefasst hätte wie jetzt Albon ...

Ihr
Christian Nimmervoll

PS: Am besten geschlafen hat diesmal, wie immer auf dem Schwesterportal motorsport.com, übrigens kein aktiver Formel-1-Fahrer. Die Kolumne von Stefan Ehlen befasst sich stattessen mit einem ehemaligen Weltmeister. Jetzt auch nachlesen!

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