• 10. Juni 2019 · 07:30 Uhr

Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat

Unser Redakteur Ruben Zimmermann gratuliert Lewis Hamilton bereits jetzt zu seinem sechsten WM-Titel und findet, dass er diesen auch absolut verdient hat

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leser,
ich würde diese Kolumne gerne nutzen, um Lewis Hamilton zu seinem sechsten WM-Titel zu gratulieren. Denn spätestens nach dem Großen Preis von Kanada steht für mich persönlich fest, dass dem Mercedes-Piloten der Titel in diesem Jahr nicht mehr zu nehmen sein wird. Warum das meiner Meinung nach so ist, werde ich gerne in den folgenden Zeilen erläutern.

Foto zur News: Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat

Ist Lewis Hamilton der WM-Titel 2019 tatsächlich nicht mehr zu nehmen? Zoom Download

Bevor ich zum Thema Sebastian Vettel komme (keine Sorge, das Duell gestern wird in dieser Kolumne natürlich auch noch eine Rolle spielen), würde ich gerne über Valtteri Bottas sprechen. Der ist auf dem Papier mit 29 Punkten Rückstand aktuell Hamiltons engster Verfolger. Das Rennen in Kanada hat aber wieder einmal eindeutig gezeigt, warum Bottas auch 2019 nicht Weltmeister wird.

Eins vorweg: Ich persönlich habe nie viel auf dieses Gerede über den "neuen" Bottas gegeben. Klar, die Ergebnisse des Finnen waren zu Saisonbeginn nicht schlecht. Und gerade im Qualifying präsentierte sich Bottas tatsächlich stärker als in der Vergangenheit. Aber Hamilton hat jetzt fünf der vergangenen sechs Rennen gewonnen, während Bottas lediglich in Baku die Nase vorne hatte.

Bottas auch 2019 keine Gefahr für Hamilton

Und dann eben Kanada. Mit einem Fehler im Qualifying hat sich Bottas früh selbst um alle Chancen gebracht. Das kann man jetzt als Einzelfall abtun, doch das Pendel schlägt bei Mercedes bereits seit einigen Wochen so klar Richtung Hamilton aus, dass ich mich stark ans Jahr 2018 erinnert fühle. Da hatte der Finne nämlich auch keinen so schlechten Saisonstart, brach dann aber irgendwann ein.

Hamilton selbst weiß übrigens sowieso ganz genau, dass Bottas im Titelkampf kein echter Gegner für ihn ist. Das wusste er immer. Warum sonst hat er zum Beispiel beim Start in Baku zurückgesteckt? Gegen einen Nico Rosberg hätte er das sicher nicht getan. Hamilton hatte nie Angst vor Bottas. Und die jüngsten Ergebnisse zeigen, dass dazu auch kein Grund bestand. Sein Teamkollegen wird ihm auch 2019 nicht gefährlich werden.

Wenn der engste Verfolger in der WM also keine echte Bedrohung ist, wer bleibt dann noch übrig? Max Verstappen vielleicht? Sicher nicht, denn obwohl der Niederländer eine verdammt starke Saison fährt, ist das Red-Bull-Honda-Paket noch weit weg davon, um den Titel kämpfen zu können. Außerdem ist sein Rückstand in der WM bereits viel zu groß - was übrigens auch für Charles Leclerc gilt.

Vettel macht zu viele Fehler

Bleibt also noch Sebastian Vettel. Der große Gegner der vergangenen Jahre. Doch Kanada war wieder einmal ein perfektes Beispiel dafür, warum Vettel weder 2017 noch 2018 den Titel gewinnen konnte - und es auch 2019 nicht schaffen wird. Und nein, damit meine ich nicht, dass die FIA Hamilton unter die Arme greift, was in den sozialen Medien nach dem Zwischenfall gestern teilweise unterstellt wird.


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Es geht um Vettels Fehler als Ausgangspunkt des ganzen Schlamassels. Zu der Strafe kann man stehen, wie man möchte. Fakt ist aber, dass es diese ganze Diskussion ohne den Ausritt von Vettel gar nicht gegeben hätte. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Wieder einmal machte Vettel in einer wichtigen Situation einen Fehler. Und solche Fehler macht Hamilton eben einfach nicht.

Blicken wir kurz zurück: Hockenheim 2018, Monza 2018, Bahrain 2019 und jetzt Kanada 2019. Das sind nur einige der Situationen, in denen Vettel Nerven zeigte. Alle vier genannten Rennen gewann am Ende Hamilton. Damit möchte ich Sebastian Vettel jetzt keinesfalls die Klasse eines Weltmeisters absprechen. Fehler können jedem passieren, auch den Besten. Und dazu zählt Vettel ohne Frage.

Hamilton auf einer Stufe mit den Größten des Sports

Aber um es ganz klar zu sagen: Vettel ist eben kein Hamilton. Oder können Sie sich spontan an den letzten wirklich großen Fehler des Briten erinnern? Während einem bei Vettel sofort mehrere Vorfälle aus den letzten zwölf Monaten einfallen, würde zumindest mir persönlich im Fall von Hamilton keine Situation in den Sinn kommen, in der der Brite einen Fehler gemacht hat, der über einen verlorenen Start hinausgeht.


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Und genau aus diesem Grund wird Hamilton auch 2019 wieder Weltmeister werden - und das auch absolut verdient. Man muss kein Fan von der Person Lewis Hamilton sein. Das bin ich zum Beispiel auch nicht. Dazu ist er in seiner eigenen Glamourwelt zu weit weg von den Sphären, in denen ich mich bewege. Aber es ist unmöglich, seine Leistungen als Rennfahrer nicht zu würdigen und zu bestaunen.

Wenn Hamilton seine Karriere irgendwann beendet, dann wird man seinen Namen in einem Atemzug mit Schumacher, Senna, Prost, Lauda, Fangio und Co. nennen. Das ist möglicherweise noch nicht allen klar, aber Lewis Hamilton ist eine Legende des Sports. Das kann man natürlich nur auf die Mercedes-Dominanz zurückführen, aber das ist mir persönlich viel zu einfach.

Titelrennen 2019 ist schon entschieden

Auch Schumacher hat viele seiner Titel in einem überlegenen Auto gewonnen. Gleiches gilt für Senna. Und trotzdem zählen die beiden zu den größten Rennfahrern aller Zeiten. Und zumindest was die reine Anzahl der Titel angeht, könnte Hamilton sogar bereits 2020 mit Schumacher gleichziehen. Und ganz ehrlich: Ich halte es nicht für unmöglich, dass der Brite am Ende seiner Karriere sogar acht oder mehr WM-Titel auf dem Konto haben wird.

Nun weiß ich nicht, ob Hamilton in der letzten Nacht wirklich so gut geschlafen hat. Die Pfiffe auf dem Podium, die komplett unberechtigt und unnötig waren, werden ihn sicher ein bisschen gewurmt haben. Und tatsächlich glaube ich ihm sogar, dass er Vettel lieber auf der Strecke überholt hätte, um sich die ganzen anschließenden Diskussionen zu sparen. Rein sportlich gab es aber genug Gründe für eine angenehme Nacht.

Natürlich bin ich mir bewusst, dass 2019 rein rechnerisch noch alles offen ist. Es ist gerade einmal ein Drittel der Saison absolviert, 364 Punkte sind maximal noch zu holen. Aber ich sage es mal so: Rein rechnerisch kann auch ein Robert Kubica in diesem Jahr noch Weltmeister werden. Wird er aber nicht. Ebenso wenig wie Valtteri Bottas oder Sebastian Vettel. Der Weltmeister wird Lewis Hamilton heißen.

That's not a prediction, that's a spoiler.

Ihr
Ruben Zimmermann
Ruben Zimmermann

P.S.: Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat, dürfte nach dem Rennen ziemlich eindeutig sein. Christian Nimmervoll befasst sich mit dem Tag von Sebastian Vettel in seiner Kolumne auf unserer Schwesterseite de.motorsport.com.

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