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Kolumne: Warum es keine Grid-Girls in der Formel 1 braucht
Ab 2018 wird es keine Grid-Girls mehr in der Formel 1 geben, zu diesem Thema hat sich Redakteurin Maria Reyer ein paar Gedanken gemacht
(Motorsport-Total.com) - Die Frau als schmuckes Beiwerk in der Formel 1 ist Geschichte. Das Formel-1-Management hat beschlossen, dass ab der Saison 2018 keine Grid-Girls mehr auf der Startaufstellung stehen werden. Endlich.
In einer kurzen Presseaussendung erklärt Marketingchef Sean Bratches, dass das Auftreten von Grid-Girls nicht den Werten der Marke Formel 1 entspreche, außerdem sei die Praxis nicht mit "modernen sozialen Normen" vereinbar. Die Frauen in der Startaufstellung seien weder "angemessen" noch "relevant" für den Sport und deren Fans, so die Begründung der Entscheidungsträger.
Als Frau, die in dieser Branche arbeitet, kann ich den Formel-1-Bossen zu ihrer Entscheidung nur gratulieren. Denn Grid-Girls sind ein längst überholtes Modell aus einer vergangenen Zeit. "Sex, drugs & rock'n'roll", das war einmal. Wie Sportchef Ross Brawn erkannt hat: "Viele Menschen schätzen die Grid-Girl-Tradition, aber es gibt welche, für die sie etwas den Zeitgeist verfehlt."
Über 40 Jahre sind Frauen in der Startaufstellung gestanden und hielten Schilder und Fahnen hoch. Sie trugen hohe Absätze, knappe Röckchen und wurden zu lebenden Reklameflächen von Sponsoren. Eine ausgeklügelte Werbeform, schließlich richteten alle Kameras ihre Linsen auf die hübschen, jungen Mädchen, um ihre männlichen Zielgruppen damit anzusprechen.
"Rolle der Frau ist inzwischen eine andere"
Welches Bild der Sport dabei allerdings in die Wohnzimmer nach Hause transportierte, darüber begann man erst vor wenigen Jahren nachzudenken. Die junge Frau ohne Makel, die dem Ideal von Weiblichkeit exakt entsprach und Sexappeal versprühte, wurde dem todesmutigen Rennfahrer und dessen monströsem Gefährt zur Seite gestellt. Der Kontrast war geschaffen, das perfekte Bild im Kasten. Die Frau wurde auf ihr Äußeres reduziert, konnte sich präsentieren und musste ständig lächeln. Aber bitte nur nicht den Mund aufmachen!
Nun kann man einwenden, dass sich die Frauen freiwillig in die Startaufstellung gestellt und als Grid-Girl gedient haben. Ja, das stimmt. Aus den unterschiedlichsten Gründen haben sich Frauen präsentiert. Manche hofften so, ihrem Formel-1-Idol einmal nahe sein zu können. Andere knüpften Kontakte, um als Models erfolgreich arbeiten zu können. Wieder andere waren bereits etablierte Playmates, und wollten sich am Wochenende Taschengeld dazuverdienen. Das kann man keiner Frau vorwerfen, das Scheinwerferlicht hat eben eine gewisse Anziehungskraft. Das Grundproblem liegt aber tiefer: Die Formel 1 bot den jungen Frauen jahrelang die Möglichkeit dazu.
Die Rolle der Frau in der westlichen Gesellschaft hat sich in den vergangenen 40 Jahren allerdings stark gewandelt. Dieser Wandel ist nun auch endlich im Motorsport angekommen. Die Langstrecken-WM (WEC) fährt schon seit 2015 ohne Grid-Girls, die 24 Stunden von Le Mans verloren dadurch dennoch nicht an Faszination. "Für mich ist das ein Phänomen, das der Vergangenheit angehört", erklärte WEC-Chef Gerard Neveu bereits damals. "Die Rolle der Frau ist inzwischen eine andere."
Der Fan sollte in die Startaufstellung
Ein kleines Gedankenexperiment: Man stelle sich vor, die Formel 1 wäre keine Männerdomäne. Frauen säßen in den Führungspositionen im Management und würden über Sponsorendeals bestimmen. Würde es dann immer noch rein weibliche Grid-Girl-Paraden am Rennsonntag geben? Wohl kaum. Frauen würden schließlich nicht Frauen zum Vergnügen der Männer zur Schau stellen.
Nun sitzen Frauen zwar nicht am Schalthebel der Macht, allerdings aber vor den Fernsehgeräten. Es gibt eine nicht zu unterschätzende weibliche Anhängerschaft, die weiter wächst. Die Zielgruppe hat sich dadurch verschoben. Frauen wollen den Sport genießen, ohne sexistische Rollenbilder ihres Geschlechts vor dem Start suggeriert zu bekommen.
Wie Bratches richtig erkannt hat: Es sind nicht die Girls, um die sich dieser Sport dreht. Es ist der Sport selbst, die Autos und Piloten. Demnach sind Grid-Girls tatsächlich irrelevant für das sportliche Geschehen. Sie sind einzig Teil der Werbemaschinerie, ein Relikt aus der Vergangenheit. Die Formel 1 könnte sich in diesem Punkt etwas vom Fußball abschauen. Denn die Ballkinder sind ein vorbildliches Konzept, die das Spiel nur deswegen nicht unattraktiver machen. Auch Fans in der Startaufstellung würden die Formel 1 offener und moderner wirken lassen. Außerdem würde das zu Libertys Gedanken der Fannähe passen.
Warum gibt es keine Grid-Boys?
Schließlich muss man sich auch die Frage stellen, warum sich Grid-Boys nie durchgesetzt haben. Einerseits gibt es keine Interessenten, andererseits werden sie vom großteils männlichen Publikum nicht gewünscht. Vor einigen Jahren gab es beim Grand Prix von Monaco eine Startaufstellung mit männlichen Models. Sebastian Vettel regte sich darüber wild auf und meinte: "Wenn ich das Auto abstelle und mir den Hintern von George und Dave ansehen muss, dann bin ich damit nicht glücklich." Wie würde eine Pilotin darauf reagieren?
Frauen gehören weg aus der Startaufstellung rein in die Rennautos, Kommentatorenkabinen und in die Entscheidungsgremien der Teams. Schließlich sollen sie den Sport, der nicht nur für Männer veranstaltet wird, selbst aktiv mitgestalten. Es ist schön zu sehen, dass das männliche Formel-1-Management erste Schritte in diese Richtung setzt.
Maria Reyer