Glock-Kolumne: Von Hoffnung und Heimspiel
Marussia-Pilot Timo Glock in seiner neuesten Kolumne: Das Bangen um Maria de Villota, die Hoffnungen auf Updates und die Vorfreude auf das Heimspiel
(Motorsport-Total.com) - Liebe Formel-1-Fans,
erst einmal möchte ich euch sagen, dass ich extrem erleichtert bin. Meine Teamkollegin Maria de Villota ist nach vielen Tagen zwischen Hoffen und Bangen auf dem Weg der Besserung. Ich habe mich sehr gefreut zu hören, dass sie von der Intensivstation runter ist und mit ihrer Familie und den Ärzten spricht. Das sind tolle Signale, die nach den schwierigen Tagen richtig gut tun. Hoffentlich geht es nun weiter bergauf!
Eine weitere Verbesserung der Lage erhoffe ich mir natürlich auch auf sportlicher Seite. In Silverstone gab es schon erste Anzeichen, dass uns jetzt ein spürbarer Schritt in die richtige Richtung gelungen sein könnte. Im Qualifying hatte ich Pech, weil der Himmel zum flaschen Zeitpunkt die Schleusen öffnete. Sehr schade, denn der Einzug is Q2 lag drin. Das wäre mal eine nette Show gewesen. Der Glock im zweiten Durchgang - das wäre schon cool gewesen.
Generell muss ich aber zugeben, dass wir im Training und im Qualifying noch zu weit weg sind. In diesen Sessions hängt uns die direkte Konkurrenz von Caterham immer noch ab. Im Rennen ging es in Silverstone schon deutlich besser. In den ersten Runden konnte ich hinter Heikki Kovalainen gut mithalten. Das war ganz angenehm. Nach fünf bis zehn Runden wurde es aber schwierig. Die Reifen ließen nach, ich kam nicht mehr so gut aus den Ecken. Und genau dort konnte er sich dann dank KERS von mir absetzen.
Warum wir im Rennen recht nahe an Caterham dran sind, aber am Freitag und Samstag der Abstand komischerweise so groß ist, habe ich bis heute nicht verstanden. Das müssen wir nun in den kommenden Tagen genauer ergründen. Ich hoffe, dass wir in Hockenheim trockene Bedingungen haben werden, denn dann können wir unsere Updates besser einschätzen und natürlich auch viel eher das Potenzial ausschöpfen.
Neue Updates deuten Fortschritt an
Die ersten Eindrücke von unseren neuen Teilen waren gut. Mein Auto hat endlich spürbar mehr Stabilität auf der Bremse. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich beim Einlenken viel mehr ausrichten kann als zuvor. Der gesamte Bereich zwischen Kurveneingang und Kurvenmitte scheint sich durch die neuen Teile erheblich besser meistern zu lassen. Die Erkenntnisse aus Silverstone machen auf jeden Fall Hoffnung. Da könnte noch mehr drinstecken.
Generell ist die Formel 1 derzeit eine wunderbare Wundertüte. In der ersten Phase der Saison gab es eine Überraschung nach der nächsten, derzeit haben sich aber manche Dinge etwas herauskristallisiert. Wenn es um Siege geht, dann haben sich Red Bull und Ferrari eindeutig in die beste Position gebracht. Ich finde dabei vor allem die Entwicklung von Ferrari erstaunlich. Die haben es geschafft, aus dem anfangs nicht überzeugenden F2012 ein Siegerauto zu machen.
Man darf Sebastian und Mark ganz sicher nie abschreiben, denn auch Red Bull ist jederzeit in der Lage, technisch noch einmal ordentlich nachzulegen. Aber: Wenn Ferrari so weitermacht und Fernando seine beeindruckend starke, fehlerlose Serie aufrecht erhalten kann, dann ist Alonso der WM-Favorit. In Italien und Spanien hat man große Hoffnungen.
Die Erwartungen sind immer groß. Vor allem bei einem Heimspiel, wie es jetzt für mich vor der Tür steht. Vor dem Grand Prix in Deutschland gibt es für mich immer besonders viel zu tun. Es gibt einige PR-Termine, im Fahrerlager trifft man viele Bekannte. In diesem Jahr kommt beispielsweise mein Vater mit der gesamten Belegschaft seines Unternehmens am Freitag nach Hockenheim. Das ist schon immer etwas Besonderes, wenn man weiß, dass auf den Tribünen viele Leute sitzen, die man persönlich kennt.
Gemütliches Wohnen an der Strecke
Bei einem solchen Heimspiel in Hockenheim geht es für mich darum, den Spagat zwischen Terminen und Job gut hinzubekommen. Ein Puzzelteilchen in diesem Spiel ist die Optimierung von Abläufen. Wenn ich jeden Tag in ein Hotel oder zu meinem Elternhaus im Odenwald fahren müsste, dann ginge zu viel Zeit verloren. Daher bin ich froh, dass ich auch in diesem Jahr ein tolles Wohnmobil von Niesmann+Bischoff im Fahrerlager zur Verfügung habe. Da habe ich mein Zuhause für ein paar Tage mitten im Geschehen.
Am Grand-Prix-Wochenende in Hockenheim fahre ich übrigens mehr Runden als viele meiner Kollegen. Am Freitag und Samstag darf ich ein Renntaxi chauffieren und glückliche Gewinner, Promis und auch meinen Vater in einem BMW M5 um die Strecke prügeln. Das wird ein Spaß! Die Gesichter nach einer schnellen Runde sind immer lustig: irgendetwas zwischen Begeisterung und Schock. Ähnliche Mienen wünsche ich mir von den Gewinnern von Eintrittskarten im Rahmen meiner Aktion auf Facebook. Meet you there!
Bevor ich bald wieder im Rennauto sitze, geht es jetzt erst einmal wieder in den Sattel meines Rennrads. Ich fahre täglich viele Kilometer, verpasse dadurch leider oft die tägliche Berichterstattung von der Tour de France. Aber ich habe sozusagen meine eigene Tour. Diese Tour heißt Formel 1 und umfasst in diesem Jahr 20 Etappen. Dafür muss man fit sein. Nach meiner Magen-Darm-Geschichte vom Valencia-Wochenende muss ich diesbezüglich wieder einiges aufholen. Also schwinge ich mich jetzt wieder auf das Bike.
Viele Grüße, wir sehen uns in Hockenheim,
Timo Glock