• 12. Mai 2011 · 15:24 Uhr

Glock-Kolumne: "Du kannst dich auf den Kopf stellen"

Marussia-Virgin-Pilot Timo Glock berichtet in seiner neuesten Kolumne von Enttäuschungen, Erwartungen und Entsetzen

(Motorsport-Total.com) - Liebe Leserinnen und Leser,

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Ich bin sicher: Mit unserem Team wird es in diesem Jahr noch weiter voran gehen Zoom Download

jetzt ist schon ein Fünftel der neuen Saison vorüber - das ging schnell. Leider waren wir mit unserem Team Marussia-Virgin aber nicht ganz so schnell wie erhofft. Es ist kein Geheimnis, dass wir 2011 mindestens dort fahren wollten, wo die grünen Lotus derzeit sind. Leider hat das aus unterschiedlichen Gründen bislang nicht geklappt.

Ganz zu Anfang hatten wir Probleme mit unserem Heckflügel, der nicht stabil funktionierte. Das haben wir schnell in Angriff genommen. Die kurzfristigen Veränderungen haben dazu geführt, dass sich das Heck stabilisiert hat. Aber insgesamt fehlt es uns an Abtrieb. Wenn du zu zu wenig Downforce hast, dann kannst du dich als Pilot auf den Kopf stellen: Es geht eben nicht schneller durch die Ecken.

Für das vergangene Rennen in der Türkei hatten wir unser Updatepaket, das in vielen Bereichen ein Schritt voran sein wird. Leider funktionierte in der Türkei nicht alles auf Anhieb so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Drei bis vier Zehntelsekunden konnten wir jetzt zunächst einmal zulegen, aber da kommt bestimmt noch einiges mehr.

In Istanbul war das Problem, das unser neues Auspuffsystem nicht wie gewünscht funktionierte. Ich spürte beim Fahren, dass sich die Balance des Autos immer stark veränderte, sobald ich vom Gas ging. Aber das wollen wir nun verbessern. Noch vor dem Barcelona-Rennen steht ein Geradeaustest auf dem Programm. Mal sehen, ob es dann klappt.

Das Abgassystem muss funktionieren

Wir müssen uns bezüglich dieses Abgassystems garantiert nicht schämen. Renault hat in diesem Jahr einen Trend entfacht, McLaren war das einzige Team, dass ein solches System auf Anhieb gut hinbekommen hat. Alle anderen haben auch ihre lieben Nöte damit gehabt. Eigentlich geht es bei uns vergleichsweise noch ganz gut, bei uns fackelt nämlich nichts an der Karosserie.

Obwohl unsere Updates in Istanbul noch nicht ganz den Erfolg brachten, wollte ich eigentlich dort ein schönes Rennen fahren. Wie ihr wisst, kam es aber wegen eines Getriebeschadens gar nicht mehr dazu. Der Grand Prix war für mich beendet, bevor er überhaupt begonnen hatte. So etwas ist hart, aber es kann passieren. Da müssen wir durch, wir alle gemeinsam als Team.

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Kein Rennen in Istanbul: Meine armen Mechaniker, die alles versucht haben Zoom Download

Es ist nicht ganz leicht, wenn ich mich in solch einer Situation immer wieder den Fragen der Reporter stellen muss. Aber es gehört zu meinem Job, mit solchen Dingen professionell umzugehen. Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass wir zulegen werden. Vielleicht müssen wir dafür mal andere Möglichkeiten in der Entwicklung nutzen. Das muss die Teamführung nun entscheiden.

Auch wenn es in der frühen Phase dieser Saison immer mal wieder sportliche Enttäuschungen gab, so bin ich als Mensch nach wie vor rundherum glücklich. Ich liebe meinen Job in der Formel 1, arbeite sehr gern mit dem Team gemeinsam daran, dass wir dort unten herauskommen. Und auch abseits des Cockpits hat das Leben oft schöne Momente parat.

Die Rennfahrer-Gegend in der Schweiz

Seit einigen Monaten wohne ich gemeinsam mit meiner Freundin Isabell in der Schweiz. Wir haben uns dort richtig gut eingelebt. In der Nähe des Bodensees ist es nicht nur schön, sondern für Sportler auch echt unterhaltsam. Sebastian Vettel wohnt nicht weit entfernt. Aber der hat natürlich viele Termine, wird wohl eher selten daheim sein.

Die ganze Szene ist beeindruckt, wie locker der zurzeit von Sieg zu Sieg fährt. Es wirkt alles so selbstverständlich bei ihm. Klar, er hat das schnellste Auto, aber einen Mark Webber muss man erst einmal bügeln. Im Moment spielt Sebastian regelrecht mit seinen Kontrahenten, derzeit führt wirklich kaum ein Weg an ihm vorbei.

Viele Audi-Werksfahrer wie Mattias Ekström oder Mike Rockenfeller wohnen zum Beispiel auch in meiner Gegend, man trifft sich ab und zu. Lucas Luhr sieht man mal beim Einkaufen, BMW Werkspilot Dirk Müller ist ebenfalls bei mir um die Ecke zu Hause. Ihr merkt schon: Die Luft ist am Bodensee voller PS.

Traurige Zweirad-Zwischenfälle

Für mich ist es aber auch toll, weil dort viele Radsportler in der Gegend leben. Tony Martin sieht man oft trainieren, Jan Ullrich strampelt sich häufig die Hügel hoch und mit Andreas Klöden treffe ich mich gern für ein paar Touren. Leider fehlt auf beiden Seiten die Zeit, so etwas häufiger zu machen. Aber wenn es mal klappt, haben wir immer viel Spaß.

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Meinen Physio Axel (rechts) hat es ganz kräftig vom Rennrad geschmissen Zoom Download

Genau das Gegenteil war der Fall, als ich am vergangenen Montag die Etappe des Giro d'Italia schauen wollte. Ich hatte gerade den Fernseher angemacht, als Wouter Weylandt seinen tödlichen Unfall hatte. Ich war geschockt und sehr traurig. Für die Angehörigen, vor allem für seine schwangere Frau, tut es mir unendlich leid.

Ich fahre selbst liebend gern viel auf dem Rennrad. Ich weiß, dass du bei einem Sturz völlig ungeschützt auf die Fahrbahn knallst. Dort gibt es nicht diese ganzen Sicherheitselemente wie in meinem Formel-1-Auto. Mein Physiotherapeut hat das leider gerade zu spüren bekommen. Axel ist bei wirklich extrem langsamer Fahrt nicht rechtzeitig aus den Pedalen gekommen und gestürzt: komplizierter Bruch des Ellenbogens. Gute Besserung, mein Lieber!

Fahrt bitte alle vorsichtig und drückt mir die Daumen,
Timo Glock

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