• 01. Dezember 2024 · 15:42 Uhr

FIA-Präsident bin Sulayem reagiert auf Kritik: "Das geht sie nichts an!"

Nach Medienberichten, wonach die FIA im Chaos versinke, reagiert Präsident Mohammed bin Sulayem jetzt mit einem kämpferischen Interview

(Motorsport-Total.com) - FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem hat Medienberichte zurückgewiesen, wonach der Automobil- und Motorsport-Weltverband unter seiner Führung im Chaos versinke, und lässt den Formel-1-Fahrern ausrichten, es "geht sie nichts an", wie er die FIA leitet und welche Entscheidungen er dabei trifft.

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Mohammed bin Sulayem ist seit Ende 2021 Präsident der FIA Zoom Download

Sulayem war zuletzt (erneut) ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, losgetreten durch ein offizielles Statement der Fahrergewerkschaft GPDA. Kurz nach dem Statement verlor Niels Wittich seinen Job als Formel-1-Rennleiter und Tim Mayer wurde nach 15 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit als FIA-Rennkommissar ohne persönliches Gespräch gefeuert. Begründungen gab's dafür keine.

Daraufhin kritisierte GPDA-Direktor George Russell vor dem Grand Prix von Katar: "Gerade in einem Moment, in dem wir uns etwas mehr Transparenz und Beständigkeit gewünscht haben, werden die nächsten zwei sehr wichtigen Mitarbeiter im Verband entlassen. Wir hätten einfach gern ein bisschen mehr Klarheit darüber, was da los ist, und würden gern wissen, wer als Nächster gefeuert wird."

Denn begründet hat die FIA die Entscheidung, warum Wittich und Mayer gehen mussten, nicht. Dem Vernehmen nach soll Sulayem selbst die Trennungen veranlasst haben. Und er hat weiterhin nicht vor, die Fahrer dabei einzubinden: "Das geht sie nichts an. Sorry", sagt er in einem Interview mit Autosport, einer Schwesterpublikation von Motorsport-Total.com im Motorsport Network.

"Bei allem Respekt: Ich bin selbst Rennfahrer", sagt der 14-malige Meister der Middle-East-Rallye-Championship. "Ich respektiere die Fahrer. Sie sollen sich auf das konzentrieren, was sie am besten können, nämlich Rennen fahren." Alles andere gehe nur die FIA etwas an: "Wir tun, was für die FIA am besten ist. Es geht nur um die Ergebnisse, die wir liefern."

Auf die Bemerkung, dass die Fahrer gern wüssten, warum Wittich entlassen wurde, entgegnet er: "Müssen wir ihnen das sagen? Wenn sich in den Teams etwas ändert, sagen sie uns das dann auch? Tun sie nicht! Müssen sie auch nicht. Wir haben Regeln, und an die halten wir uns. Wir halten uns nicht an die Regeln anderer Leute. So einfach ist das."

"Langsam gehen ihnen die Leute aus"

Zuvor hatte Tim Mayer, übrigens der Sohn des ehemaligen McLaren-Teamchefs Teddy Mayer, in einem Interview mit der BBC öffentlich kritisiert, dass sich die FIA mit dem Rauswurf von zahlreichen ranghohen Mitarbeitern keinen Gefallen tue: "Langsam gehen ihnen die Leute aus, die diese Jobs erledigen können."

Und Mayer kritisiert auch, dass sich Sulayem in seiner Amtszeit offenbar mehrmals aktiv in Entscheidungen der Kommissare eingemischt hat. Eigentlich ein No-Go, schließlich sind die Kommissare angehalten, ihre Entscheidungen unabhängig und unbefangen zu treffen. Nicht einmal der Rennleiter darf Einfluss auf ihre Urteile nehmen.

"Es war zum Beispiel seine Ansicht, dass die Fahrer fürs Fluchen bestraft werden müssen", sagt Mayer. "Es gibt Situationen, da hat er sich eingemischt, indem er seine Meinung kundgetan hat. Nicht zu den Kommissaren direkt, aber über seine Mitarbeiter." Ein Vorwurf, der innerhalb der FIA in der Vergangenheit bereits zu einer (letztendlich ergebnislos verlaufenen) Untersuchung geführt hat.

"Rein technisch gesehen ist unangemessene Sprache tatsächlich untersagt, also ist es im Grunde genommen nicht illegitim. Aber ob es vernünftig ist, Fahrer für ein bisschen Fluchen gleich zu bestrafen, steht auf einem anderen Blatt", zeigt Mayer Verständnis für die Position der GPDA.

"Für die meisten Rennfahrer ist Englisch nicht ihre Muttersprache, sondern bestenfalls ihre Zweit- oder Drittsprache. Und die meisten jungen Kids lernen im Go-Kart bei ihren Teams halt zuallererst solche Ausdrücke. Ich finde, man könnte das Thema auch mit mehr Fingerspitzengefühl handhaben. Es sei denn, man möchte unbedingt die Muskeln spielen lassen."

Warum die GPDA mit Sulayem unzufrieden ist

Die GPDA hatte Sulayem zuvor ebenfalls scharf attackiert und ihn aufgefordert, "seinen eigenen Ton und seine eigene Wortwahl" zu überdenken. Eine Reaktion auf Sulayems umstrittene Aussage, Formel-1-Fahrer sollten sich nicht wie Rapper äußern, weswegen Sanktionen aufgrund unangemessener Sprache seiner Meinung nach notwendig seien.

Darüber hinaus hatten die Fahrer betont, man brauche ihnen "keine Anweisungen über die Medien zukommen lassen, wenn es um so triviale Dinge wie das Tragen von Schmuck oder Unterwäsche geht", und den Wunsch geäußert, zu erfahren, was mit den vielen Geldstrafen, die den Fahrern im Laufe einer Formel-1-Saison abgeknöpft werden, eigentlich passiert.

Laut GPDA hatte die FIA bereits vor Jahren zugesichert, die Gelder zweckgebunden in den Nachwuchs sowie in die Verbesserung der Sicherheit zu investieren, um den im Raum stehenden Vorwurf zu entkräften, das Geld werde verwendet, um FIA-Funktionäre in teureren Hotels schlafen lassen zu können und ihnen First-Class-Flüge zu finanzieren.

Sulayem: Geld wurde wie besprochen ausgegeben

Ein Vorwurf, den Sulayem so nicht unkommentiert stehen lässt. Er verrät: "Wir haben vergangenes Jahr 10,3 Millionen Euro in den Nachwuchs investiert. Das ist viel Geld, finde ich. 2024 waren es bisher mehr als zehn Millionen. Direkt in den Nachwuchs rein, in den Kartsport."

Die 10,3 Millionen Euro wurden 2023 laut Angaben der FIA in 85 Ländern investiert. Daneben gab es 70 sicherheitsbezogene Motorsportprojekte, die insgesamt 2,7 Millionen Euro gekostet haben. 1,9 Millionen Euro wurden für den operativen Betrieb von FIA-Meisterschaften ausgegeben, und 13 Projekte in Bezug auf das Technikreglement umgesetzt.

"Medien wählen nicht den FIA-Präsidenten"

Dass seine Amtsführung zuletzt für negative Schlagzeilen und Kommentare gesorgt hat, scheint Sulayem nicht weiter zu kümmern: "Was die Medien betrifft, bei allem Respekt ... Aber warum muss ich alles beantworten? Meine Verantwortung trage ich gegenüber den Mitgliedsverbänden der FIA und gegenüber dem Sport."

"Ich bin keiner, der morgens aufsteht und gleich mal liest, was in den Medien steht. Die Medien sind gut, aber sie wählen nicht den FIA-Präsidenten. Ich wurde gewählt, um die FIA in Ordnung zu bringen, und ich bin dabei, sie in Ordnung zu bringen. Ich bin sehr happy mit dem neuen Team. Sehr happy."

Dass dabei einige Köpfe gerollt sind, teilweise auch unter öffentlichem Aufsehen, sei in manchen Medien verzerrt dargestellt worden. Denn es stimme zwar, dass einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen oder auf neue Positionen versetzt wurden. Doch gleichzeitig habe die FIA auch viel neues Personal rekrutiert.

"Wissen Sie was? Ich bin sehr optimistisch, was die FIA betrifft. Ich bin sehr froh über unsere Aufstellung. Ich sehe da nur Gutes. Wussten Sie eigentlich, dass wir 2023 64 neue Mitarbeiter engagiert haben, und 2024 sogar 92?" Daher setze er sich mit der Kritik von außen auch nicht weiter auseinander.


Ralf Schumacher: Sulayem ist kein guter Präsident

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Sky-Experte Ralf Schumacher wundert sich über die überraschende Trennung und kritisiert den FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem. Weitere Formel-1-Videos

Eine FIA-Krise existiere "nur im Formel-1-Paddock und in den britischen Medien", sagt er und ergänzt: "Ich könnte Ihnen eine Liste der FIA-Mitglieder geben. Rufen Sie dort an und fragen Sie, ob wirklich Chaos in der FIA herrscht. Fragen Sie ruhig! Ich habe wichtigere Dinge zu tun als aufzustehen und mir zu lesen, was X, Y, Z über mich schreibt. So what?"

"Bin ich noch da? Ja. Setze ich die richtigen Prioritäten im Sinne der FIA? Ja. Habe ich dabei Regeln gebrochen? Nein. Kommen Sie schon! Die Medien beschuldigen mich, alles Mögliche angestellt zu haben. Sexismus zum Beispiel. Aber was ist davon übriggeblieben? Konnte das irgendjemand beweisen?"

Vorwürfe wegen angeblichem Sexismus

Sexismusvorwürfe gegen Sulayem waren zuerst laut geworden, als in einer archivierten Version seiner persönlichen Internetseite ein altes Zitat ausgegraben wurde, wonach er gesagt haben soll, er möge keine Frauen, die glauben, sie seien schlauer als Männer. Ein Zitat, das er später nicht bestritten, aber als falsch verstanden zu erklären versucht hat.

Und dann gab es noch den Brief von Shaila-Ann Rao, der ehemaligen Generalsekretärin für Motorsport bei der FIA, die Sulayem in ihrem Schreiben ebenfalls Sexismus vorgeworfen hat. Doch keiner der gegen ihn geäußerten Vorwürfe hat jemals zu einer Verurteilung des FIA-Präsidenten geführt, für den demnach die Unschuldsvermutung gilt.

Heute sagt er dazu: "Da kommt jemand mit was daher, was vor 23 Jahren passiert ist, sagt, dass jemand sein Geld gestohlen hat, und dass ich mich in die Entscheidungen der Kommissare eingemischt haben soll. Aber was davon hat gehalten? Und sie reden von Chaos. Aber ich werde alles tun, um die Position der FIA zu verbessern. Sollen andere drüber reden, wenn sie wollen."

Mohammed bin Sulayem, Jahrgang 1961, hat das Amt des FIA-Präsidenten Ende 2021 von Jean Todt übernommen. Der Präsident der FIA wird für vier Jahre gewählt, kann aber mehrmals zur Wahl antreten. In der Formel 1 gilt der Araber inzwischen als unpopulär. Gewählt wird er aber nicht von den Teams oder Fahrern, sondern von Automobil- und Motorsportclubs auf der ganzen Welt.

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