• 06. Juni 2024 · 22:14 Uhr

Interview: Warum die Formel 1 für 2026 die Regeln ändert

Nikolas Tombazis, Einsitzer-Direktor der FIA, erklärt die 2026er-Regeln und hofft, dass damit die Fehler der 2022er-Regeln eliminiert werden können

(Motorsport-Total.com) - 2017 wurde in der Formel 1 eine große Regelreform durchgeführt: breitere, mächtigere Autos, 1.000 PS. Rahmenbedingungen, die erst 2022 - wegen der Coronapandemie mit einem Jahr Verspätung - geändert wurden. Das Comeback der "Ground-Effect-Cars" war bei der letzten Reform das große Thema, mit allen Nebenwirkungen wie etwa dem "Porpoising" oder "Bouncing", das vorher jahrzehntelang kein Thema mehr war.

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Nikolas Tombazis ist einer der Masterminds hinter dem neuen Reglement Zoom Download

Jetzt krempelt der Automobil-Weltverband FIA das Technische Reglement erneut um. Schon seit 2022 steht fest, wie die Powerunit-Regeln für 2026 definiert sein werden. Unter anderem mit einem Fortbestand der 1.000 PS, aber gespeist aus 50 Prozent elektrischer Systemleistung. Was noch gefehlt hat, war das Chassisreglement. Auch das hat die FIA jetzt präsentiert.

Einer der "Masterminds" hinter dem neuen Reglement ist Nikolas Tombazis, Einsitzer-Direktor der FIA. Tombazis war Aerodynamikchef bei Benetton, Ferrari, McLaren und Manor, und wechselte 2018 zum Verband. Seither ist er bei der FIA der wichtigste Mann, wenn es darum geht, das technische Chassisreglement für die Formel 1 zu entwickeln.

Warum die FIA die Regeln ständig ändern muss

Frage: "Nikolas, was hat die FIA eigentlich dazu veranlasst, das Technische Reglement für 2026 zu ändern?"

Nikolas Tombazis: "Die FIA ist seit 120 Jahren ein Pionier im Motorsport, und wir begrüßen Veränderungen. Und wir müssen regelmäßig Veränderungen vornehmen. Wir müssen die Sicherheit verbessern. Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Wir müssen gesellschaftliche Technologietrends verfolgen, was wir hier versuchen. Und wir müssen die Rennen immer spannender machen. Aus diesem Grund ändern wir die Regeln für 2026."

"Wir müssen uns in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft bewegen, und darauf sollten wir im Motorsport stolz sein. Wir müssen die Sicherheit weiter verbessern. Wir müssen den Rennsport verbessern, um ihn für die Fans spannender zu machen."

Frage: "Wie umfangreich sind die Änderungen?"

Tombazis: "Ich würde sie als moderate Revolution bezeichnen. Wir haben vor einigen Jahren die 2026er-Motorenregeln beschlossen, die eine Entfernung der MGU-H, eine deutliche Erhöhung der elektrischen Systemleistung der Powerunit sowie nachhaltigen Kraftstoff vorsieht. Und jetzt, als Teil der Bemühungen um eine allgemeine Verbesserung der Effizienz dieser Autos, müssen die Chassisregeln mit den Motorenregulierungen harmonisiert werden."

Tombazis: Autos werden 2026 ganz anders aussehen

Frage: "Werden die Autos der Generation 2026 deutlich anders aussehen als die aktuelle Generation?"

Tombazis: "Die Autos werden sich optisch deutlich von den aktuellen Fahrzeugen unterscheiden. Sie werden etwas kleiner sein. Wir versuchen, ein agiles Auto zu bauen. Kleiner in allen Dimensionen und auch etwas leichter. Dafür wird es einige optische Hinweise geben. Die Frontflügel, die Reifen werden anders sein, die Heckflügel. Das wird die Autos deutlich von der aktuellen Generation der Formel-1-Autos unterscheiden."

Frage: "Sie haben die Zweikämpfe im Rennen und das Fanerlebnis erwähnt. Wie wichtig waren diese Aspekte bei der Ausarbeitung der neuen Regeln?"

Tombazis: "Ein wesentlicher Teil dieser Vorschriften hat sich mit den Fans befasst. Wir glauben, dass wir 2022 einen Schritt in Richtung engerer Rennen gemacht haben, aber es gab auch Dinge, die wir falsch gemacht haben, und wir versuchen jetzt, alles richtig zu machen. Wir glauben, dass die Rennen und Zweikämpfe viel spannender und viel enger sein werden."


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"Wir erwarten, dass die Autos weiterhin sehr anspruchsvoll zu fahren sein werden, dass der Abtrieb etwas geringer sein wird und dass die Fahrer sich um einige Dinge mehr kümmern müssen. Und hoffentlich wird dies zusammen mit den engeren Rennen immer eine Fahrermeisterschaft und eine große Herausforderung für diese sehr intelligenten und talentierten Menschen bleiben."

Frage: "Wie stark waren die Formel-1-Teams und andere Stakeholder des Sports an der Ausarbeitung der Regeln für 2026 beteiligt?"

Tombazis: "Die Teams und die Fahrer waren sehr stark in diesen Prozess eingebunden. Wir haben regelmäßige Treffen mit den technischen Vertretern der Teams, aber wir haben die Teams auch gebeten, für uns Simulationen durchzuführen, sowohl zur Aerodynamik als auch im Simulator."

"Wir haben Fahrer Versionen des Autos im Simulator fahren lassen, um zu sehen, ob bestimmte Aspekte der Autos stabil sind und so weiter. Alle Beiträge und Rückmeldungen, die wir von Fahrern und Teams erhalten haben, waren für die Erstellung dieser Regeln von grundlegender Bedeutung. Aber es geht nicht nur um die Teams."


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"Wir haben auch mit den Autoherstellern gesprochen, und zwar bis in die obersten Führungsetagen. Unser Ziel ist es, die Formel 1 als Innovationstreiber zu erhalten, der für die Straße relevant ist. Und aus diesem Grund wollen wir bei der Einführung bestimmter Technologien in die Formel 1 sicherstellen, dass sie für die Hersteller relevant sind."

"In den frühen Phasen dieser Diskussionen gab es also viele Anregungen, vor allem zur Powerunit. Wir haben die aktuellen Hersteller, die in der Formel 1 antreten, einbezogen, aber auch einige, die außerhalb des Sports stehen, aber Interesse an einem Einstieg in die Formel 1 bekundet haben. Und natürlich wissen wir jetzt, dass sich einige für einen Einstieg im Jahr 2026 entschieden haben."

Warum eine neue Hackordnung fast unausweichlich ist

Frage: "Glauben Sie, dass 2026 zu einer Neuordnung der Hackordnung in der Formel 1 führen wird?"
Tombazis: "Wir haben die Regeln nicht mit Blick auf eine Hackordnung aufgestellt. Wir können nie vorhersagen, wer es richtig macht und wer nicht. Aber wenn es große Veränderungen gibt, und das sind große Veränderungen, erwarten wir eine gewisse Neuordnung. Wir können nicht vorhersagen, wie diese Neuordnung aussehen wird, aber es ist natürlich, dass man eine erwartet."


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"Dies ist das zweite Reglement, bei dem die Teams ein Auto unter Einhaltung der Kostenobergrenze entwickeln werden. Und das ist eine Chance für einige der kleineren Teams, aufzuholen. Die größeren Teams können nicht einfach unvernünftig und in alle möglichen Richtungen investieren. Alle Teams müssen Prioritäten setzen und entscheiden, wo sie ihre Anstrengungen konzentrieren wollen."

Frage: "Wann beginnen die Teams mit der Entwicklung ihrer Autos für 2026?"

Tombazis: "Die Regeln enthalten einige Einschränkungen, was den Zeitpunkt der Entwicklung angeht. So dürfen die Teams beispielsweise erst ab dem 1. Januar 2025 mit der aerodynamischen Entwicklung beginnen. Damit soll verhindert werden, dass bestimmte Teams einen sehr frühen Start haben und sich dadurch einen unfairen Vorteil verschaffen."

"Was die mechanische Seite, das Chassis, die Strukturen und alles andere angeht, können die Teams jedoch praktisch sofort mit der Entwicklung beginnen, sobald die Regeln bestätigt sind."

Frage: "Worauf sind Sie bei diesen neuen Regeln am meisten stolz?"

Tombazis: "Es ist schwer zu sagen, auf welche Änderung der Regeln ich im Moment am meisten stolz wäre, da wir abwarten müssen, ob diese Regeln in zwei Jahren tatsächlich auf die Rennstrecke übertragen werden."

"Im Moment bin ich besonders stolz darauf, dass wir mehr Autohersteller für den Sport gewinnen konnten. Ich glaube, dass dies für die Zukunft des Sports und seine weltweite Attraktivität wichtig ist. Aber wie werden die Autos tatsächlich abschneiden? Wir sind optimistisch und sehr enthusiastisch. Aber wir müssen noch ein paar Jahre warten."

Transparenzhinweis: Dieses Interview wurde von der Presseabteilung der FIA zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.

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