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Antonio Giovinazzi im Interview: "Kimi ist weiterhin einer der Besten"
Im Interview schwärmt Alfa-Romeo-Pilot Antonio Giovinazzi über Teamkollege Kimi Räikkönen und auch Sebastian Vettel - Außerdem erklärt er sein Startgeheimnis
(Motorsport-Total.com) - Nach der Vertragsverlängerung mit Alfa Romeo verrät Antonio Giovinazzi im exklusiven Interview mit 'Motorsport-Total.com', was er an Kimi Räikkönen als Teamkollegen schätzt, wie es sich angefühlt hat, mit Ferrari-Kollege Sebastian Vettel zu kämpfen und mit welchen Tricks er seine Starts optimiert.
© Motorsport Images
Antonio Giovinazzi bleibt Alfa Romeo auch im dritten Jahr in Folge treu Zoom Download
Frage: "Antonio, du gehst 2021 in dein drittes Jahr bei Alfa Romeo. Muss dann die Ernte eingefahren werden, nachdem du bisher die Saat ausgebracht hast?"
Antonio Giovinazzi: "Meine Ergebnisse haben natürlich zu meiner Vertragsverlängerung beigetragen. In den Rennen, in denen wir dieses Jahr Punkte holen konnten, da haben wir das auch geschafft. Kimi in Mugello, ich in Österreich und Deutschland."
"Um es kurz zu machen: Wir waren zur Stelle, als es notwendig war, in den Rennen, die unserem Auto entgegen gekommen sind. Jetzt folgen noch ein paar Grands Prix. Wir hoffen, unsere Punkteausbeute noch etwas steigern zu können, damit wir im Kampf um P8 in der Konstrukteurswertung dabei bleiben."
Frage: "Kimi gilt als hervorragender Testfahrer. Dennoch bist du zum Referenzfahrer für Alfa Romeo geworden. Wie kam das?"
Giovinazzi: "Nein, das glaube ich nicht. Wir beide sind wichtig für das Team. Was wir erreichen, das erreichen wir durch die Zusammenarbeit, die Kimi und ich pflegen. Wir beide sind die Fahrer in diesem Team."
"Ich habe stets betont: Unser Fahrstil ist ziemlich ähnlich. Das kann dem Team dabei helfen, das Auto rascher zu entwickeln. Denn bei unseren Kommentaren in den Besprechungen liegen wir auf einer Wellenlänge."
Kimi Räikkönen hat noch lange nicht fertig
Frage: "Was hast du von Kimi gelernt? Und was hat er sich von dir abgeschaut?"
Giovinazzi: "Da musst du schon Kimi selbst fragen. Er ist aber nicht der Typ, der besonders viel preisgibt. Ich wiederum kann sagen: Ich habe vieles von ihm gelernt."
"In meinen Augen ist er weiterhin einer der Besten oder vielleicht sogar der Beste darin, sich ein Rennen einzuteilen, wie man die Reifen von der ersten bis zur letzten Runde nutzt. Und ich habe auch gesehen, was er in der ersten Runde in Portimao geschafft hat."
Fotostrecke: Kimi Räikkönen: Seine zehn besten Rennen in der Formel 1
10. Grand Prix von Europa 2006, Nürburgring (McLaren, P4): Auf den ersten Blick ist dies kein bemerkenswertes Rennen. Räikkönen beendet die erste Runde auf P5, wo er gestartet war. In der vierten Runde überholt er Jenson Button und wird hinter dem Spitzenkampf Fernando Alonso (Renault) gegen die Ferraris Vierter. Fotostrecke
"Ich habe viele Journalisten sagen hören: In seinem Alter hat er das Ende seiner Formel-1-Karriere erreicht. Ich kann aber bestätigen: Jedes Mal, wenn er an die Strecke kommt, ist er sehr motiviert und bereit dazu, um einen Spitzenplatz zu kämpfen. Und wenn ich vor ihm das Ziel sehe, dann nur, weil ich ein perfektes Wochenende erwischt habe."
"Kimi hat sehr viel Erfahrung und das hilft ihm auch sehr. Das gestattet ihm, die Leistung des Fahrzeugs bestmöglich auszuschöpfen, vor allem im Rennen."
Portugal hat Giovinazzi die Augen geöffnet
Frage: "In Portugal warst du im Rennen ohne Funkkontakt. Wie sehr hat dich das bei deiner Leistung und dem Reifenmanagement beeinträchtigt?"
Giovinazzi: "Ich will gar nicht verhehlen, dass ich einer der Fahrer bin, die davon geträumt haben, mal ein Rennen ohne Funk und komplett auf sich alleine gestellt bestreiten wollten. Nach der Erfahrung von Portimao aber muss ich sagen: Ich will so was nicht noch mal erleben, denn es war richtig schwierig."
"Die Antriebsstränge, die wir jetzt haben, sind sehr kompliziert in der Handhabe im Rennen. Da braucht es wirklich jemanden an der Boxenmauer, der dich dabei unterstützt, die richtigen Einstellungen vorzunehmen. Dann kommt noch das Reifenmanagement dazu, die Rennstrategie, die sich verändern kann. Da wird dann schnell klar, wie wichtig die Kommunikation mit dem Team ist."
"Wenn du nicht miteinander sprechen kannst, dann fällt es schwer, die besten Entscheidungen zu treffen. Es war jedenfalls nicht schön, für eineinhalb Stunden niemanden reden zu hören. Manchmal will man ja seine Ruhe haben, damit man sich auf einen bestimmten Moment im Rennen konzentrieren kann."
"Doch der Funkverkehr an sich ist inzwischen wirklich wichtig für die Leistung im Rennen. Das habe ich nach meiner Erfahrung in Portimao erkannt."
Welche Rolle der Funk für das Ergebnis spielt
Frage: "Was hast du vermisst?"
Giovinazzi: "Nun, eine Menge. In der ersten Runde blockierten die Räder, was die Reifen in Mitleidenschaft zog. Da ich nicht mit dem Team kommunizieren konnte, das die Telemetriedaten sah, wusste ich nicht, wie ernst es war. Im Mittelteil fühlte ich mich dann wohl, und ich hätte den Stint verlängert, aber an der Box warteten sie auf mich."
"Und nicht nur das, ich musste auch noch einige wichtige Einstellungen an der Power-Unit vornehmen, und ich wusste nicht genau wie. Ich muss zugeben, dass es eine gute Lektion war, und ich werde nie wieder sagen, dass der Funkverkehr für das Ergebnis eines Rennens nicht fundamental ist."
Frage: "Du bist der Startspezialist: Die Überholmanöver in der ersten Runde sind nicht zufällig, denn du hast sie studiert. Wie bereitest du dich vor?"
Giovinazzi: "Tatsächlich gibt es diesbezüglich eine Menge Arbeit, der ich mich immer nach dem Qualifying widme."
"Nach dem Briefing mit den Technikern konzentriere ich mich darauf, die vergangenen Rennen anzusehen, die Onboard-Aufnahmen und die Bilder der ersten Runde zu analysieren, um zu verstehen, welche Linien am besten zu wählen sind und wann man weniger riskieren kann."
Am Start kann ihn nichts mehr überraschen
"Es ist klar, dass jeder Start anders ist, aber ich versuche, mich darauf vorzubereiten, wie ich in der ersten Runde reagieren muss, um zu verstehen, was die entscheidenden Punkte sind. All dies ist das Ergebnis der Arbeit, die am Samstag geleistet wird, und ich bin froh, dass diese Arbeit Ergebnisse bringt, denn seit Anfang des Jahres habe ich am Start nie eine Position verloren."
Frage: "Kannst du diese Strategien, die du auf dem Papier studiert hast, immer zu Ende führen, auch wenn jeder Start anders verläuft?"
Giovinazzi: "Das funktioniert sehr gut. Wir wissen, dass die erste Runde vielleicht die wichtigste ist, aber jede Strecke ist anders, weil man nicht weiß, wie konservativ man sein muss."
"Doch nachdem ich so viele Starts gesehen habe, konzentriere ich mich darauf, wie man mit verschiedenen Situationen umgeht, und sie sind für mich keine Überraschung mehr."
Frage: "Du hast dich oft mit Sebastian Vettel beharkt: Welchen Eindruck hast du von dem Deutschen im Rad-an-Rad-Duell?"
Giovinazzi: "Zunächst einmal ist es schön, mit einem Ferrari zu kämpfen, weil es nicht oft vorkommt. Ich erinnere mich an den Eifel-Grand-Prix, wo er mir während 80 Prozent des Rennens im Nacken saß und bereit war, mich von hinten anzugreifen."
"Er ist immerhin ein viermaliger Weltmeister mit viel Erfahrung: Es war schwierig, ihn hinter sich zu halten, und zugleich schön, vor ihm ins Ziel zu kommen. Das sind wunderbare Emotionen."
Duelle mit Sebastian Vettel immer lehrreich
Frage: "Du bist auch der dritte Fahrer bei Ferrari. Wie also fühlt es sich an, vor einem Werkskollegen ins Ziel zu kommen?"
Giovinazzi: "Zunächst einmal ist es ... seltsam. Es passiert nicht bei jedem Rennen, aber wenn es passiert, ist es schön, auch weil ich Seb gut kenne und ich die Chance hatte, mit ihm zu arbeiten, als ich 2017 und 2018 viel an der Entwicklung des Autos am Simulator gearbeitet habe. Ich schätze ihn auch als Person sehr."
"Wenn man mit einem Champion kämpft, hat man die Möglichkeit, auch aus dem Cockpit heraus etwas zu lernen."
Frage: "Hattest du als dritter Fahrer die Gelegenheit, den SF1000 am Simulator zu testen? Unterscheidet er sich sehr vom C39?"
Giovinazzi: "Ja, ich habe es ausprobiert, aber glauben Sie mir, es ist schwierig, Vergleiche anzustellen, weil die beiden Simulatoren sehr unterschiedlich sind. Es ist schwer zu sagen, ob es hier besser oder dort schlechter ist. Ich ziehe es vor, keine Vergleiche anzustellen."