Toro-Rosso-Chef: Ferrari drückte "verrückte Regeln" durch
Franz Tost im Interview: Wie es dank Benimm-Seminaren mit Honda klappen soll und wo in der Formel 1 Geld verschleudert wird - Rennen an Weihnachten?
(Motorsport-Total.com) - Dass sich in der Formel 1 unter dem neuen Besitzer Liberty Media vieles ändert, ist seit den jüngsten Reformen der US-Amerikaner klar. Ob es dabei in die richtige Richtung geht, will Franz Tost nicht abschließend beurteilen. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' kritisiert der Toro-Rosso-Teamchef die aktuelle Ausgabenpolitik in der Königsklasse scharf. Auch bei den Themen Elektromobilität und Rennkalender scheut er sich nicht, gegen den Strom zu schwimmen.
Frage: "Herr Tost, Sie haben in der ersten Woche der Formel-1-Tests viele Runden gedreht. Sind sie überrascht über die Zuverlässigkeit des Honda-Antriebs?"
Franz Tost: "Nein, weil wir vollstes Vertrauen in Honda haben. Wir sind überzeugt, dass sie uns einen zuverlässigen Motor liefern werden, der auch ordentlich Power hat. Deshalb haben wir uns im vergangenen Jahr dazu entschieden, mit Honda zusammenzuspannen. Bislang läuft unsere Zusammenarbeit reibungslos. Wie Sie wissen, haben wir erst spät angefangen und viele Leute meinten, dass wir Kommunikationsprobleme bekommen würden. Falsch! Wir haben eine tolle Beziehung und die Verständigung klappt ohne Probleme."
"Natürlich haben wir bei Toro Rosso einiges dafür getan. Wir haben zum Beispiel Seminare veranstaltet, in denen es um japanische Kultur und Verhaltensweisen ging. Darin wurde auch gezeigt, wie man sich richtig verhält, damit man die Japaner nicht vor den Kopf stößt. Das wurde gut angenommen und jetzt haben wir eine richtig gute und professionelle Zusammenarbeit. Natürlich hat es auch geholfen, dass ich selbst ein Jahr in Japan gelebt habe. Ich kenne die Mentalität. Wir liegen absolut im Zeitplan, obwohl wir einen arbeitsreichen Winter hatten. Der Motor und das Getriebe waren auf dem Prüfstand, wir haben verschiedene Motor-Mappings ausprobiert und die Honda-Ingenieure haben zusammen mit unseren einen tollen Job gemacht."
Frage: Kam die Idee mit den Seminaren von Ihnen?
Tost: "Ja. Die japanische Mentalität und Kultur unterscheidet sich sehr von unserer. Das müssen die Leute verstehen. Man bekommt sowas nicht in drei oder vier Kursen vermittelt, aber man kann einen Eindruck bekommen, wie die Leute denken und wie ich mich am besten ihnen gegenüber benehme. So verhindert man Konflikte, die meistens aus Missverständnissen in der Kommunikation entstehen. Manchmal meinen zwei Leute dasselbe, sagen es aber auf unterschiedliche Weise. Bisher hat es gut geklappt und wir haben eine prima Zusammenarbeit."
Toro Rosso 2018: Der Teamchef
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Frage: "Die Kommunikation war wohl auch eines der Probleme zwischen McLaren und Honda ..."
Tost: "Keine Ahnung. Das weiß ich nicht."
Frage: "Spüren Sie schon einen Unterschied zum Kundenmotor von Renault?"
Tost: "Einen riesigen Unterschied, glauben Sie mir. Das fängt schon beim Bau des Autos an. In der Vergangenheit haben wir den Antrieb bekommen und der Hersteller meinte: "Schaut her, das ist er, baut ihn einfach ein." Jetzt sitzen unsere Designer mit den Honda-Ingenieuren zusammen und überlegen, wie können wir beispielsweise den Öltank vorne im Motor verbauen könnten oder wie der Motor aus aerodynamischer Sicht und für die Leitungen am besten passen würde. Oder das Auspuffsystem. Auch bei der Thermik, wenn die heiße Luft aus den Kühlern an das Heck des Autos gelangt: Wo strömt sie am besten aus?"
Arbeit dreht sich bereits um das 2019er-Auto
"Früher mussten wir selbst Lösungen finden. Jetzt diskutieren wir alles mit Honda. Deshalb erwarte ich mir viel von unserem Auto für nächstes Jahr. Wir arbeiten schon seit fast einem Monat am nächstjährigen Wagen und verstehen immer besser, wie wir die verschiedenen Teile des Antriebs in das Chassis einbauen. Da geht es um die Anordnung der Komponenten, die Temperaturen, die Aerodynamik, die Gewichtsverteilung - all diese wichtigen Faktoren für die Leistung unseres Autos."
Frage: 2Sie sind zum ersten Mal in dieser angenehmen Position ..."
Tost: "Ja, das erste Mal in unserer Geschichte genießen wir diesen Luxus - und es geht ja nicht nur darum, wie wir den Motor in das Auto einbauen ... Sie hätten die glücklichen Gesichter unserer Ingenieure sehen sollen, als sie vom Prüfstand zurückkamen. Wir haben den Antrieb und das Getriebe getestet und sie sagten: 'Hey, wir konnten während des Test das Mapping ändern'. Zuvor war es immer so, dass wir die Mappings bekommen haben, alles in einer Black Box war und wir überhaupt nichts ändern konnten. Sogar, wenn wir gesagt haben, dass etwas anderes besser wäre, hieß es immer nur: 'Nehmt das und fertig!' Jetzt haben wir Einfluss und können vorschlagen, verschiedene Dinge auszuprobieren, die das Auto vielleicht verbessern. Davon profitieren beide Seiten. Für Toro Rosso war es definitiv die beste Entscheidung, mit Honda zusammenzugehen."
Präsentation Toro Rosso STR13
Franz Tost, Pierre Gasly (Toro Rosso) und Brendon Hartley (Toro Rosso) Galerie
Frage: "Was sagen Sie zu den neuen Regeln mit drei Antriebssträngen pro Saison? Gibt es Überlegungen, vier oder mehr zu verwenden? Und ein Rennen für mehr Leistung zu opfern?"
Tost: "Absolut. Vergangenes Jahr haben es die Hersteller mit vier Komponenten und weniger Rennen probiert, dieses Jahr haben wir mehr Rennen, aber weniger Motoren. Die Regeln sind verrückt. Ferrari hatte sich quergestellt. Alle anderen wollten wieder vier, aber Ferrari war dagegen, weil sie sich einen Vorteil erhofft haben. Nun gut, wir müssen nun damit leben."
"Wir müssen es akzeptieren, aber wie viele Antriebe wir am Ende benötigen werden, weiß ich nicht. Es wird die Zeit kommen, in der wir entscheiden müssen, ob es nicht besser wäre, mit einem neuen Motor am Ende des Feldes zu starten, als mit einem alten Motor, der schon 3.000 oder 4.000 Kilometer auf dem Buckel hat. Ein Motor verliert nach 100 oder 200 Kilometern Leistung. Abwarten. Alles, was ich jetzt sagen kann, ist, dass wir diese Diskussion irgendwann führen müssen. Ich weiß nicht wann, aber es wird passieren."
Frage: "Wie intensiv verfolgt Red Bull Ihre und Hondas Fortschritte?
Tost: "Gar nicht. Sie haben einen Renault-Motor. Sie interessieren sich für ihren Fortschritt mit Renault und sie sind auch nicht in unsere Entwicklung oder unsere Pläne für das nächste Jahr mit Honda involviert."
Frage: "Was sagen Sie den Leuten, die Ihren Fahrern mangelende Erfahrung vorhalten?"
Tost: "Das ist nichts Neues. Wir sind bei Toro Rosso."
Fahrer nicht mit Verstappen & Sainz zu vergleichen
Frage: "Kann man die Situation mit der Zeit vergleichen, in der Max Verstappen und Carlos Sainz bei Toro Rosso waren?"
Tost: "Nein, sie ist anders. Lassen Sie mich es so sagen: Die Situation ist nicht völlig anders. Als Carlos zu uns kam, war er Meister der Renault-World-Series, er war schnell und schon erfahren. Jetzt haben wir Piere Gasly, der in den vergangenen zwei Jahren in der Formel 2 gewonnen hat und auch in der Super Formula in Japan sehr gut unterwegs war. Jetzt hängt viel von den Testfahrten ab. Ich hoffe einfach, dass das Wetter nicht zu schlecht ist und beide viele Runden fahren können."
"Jede Runde hilft ihnen, das neue Auto besser zu verstehen, ebenso den Motor und das Motor-Management, die Reifen und die Abstimmung. Das Schlimmste wäre, wenn sie nicht viele Runden abspulen könnten. Dann wären sie nicht besonders gut auf die Saison vorbereitet. Bisher sind wir aber im Plan, beide Fahrer haben schon Rennen und Meisterschaften gewonnen. Brendon ist schon ein bisschen älter, er ist zwar neu in der Formel 1, aber er war mit Porsche sehr erfolgreich in der LMP1 unterwegs. Auf Fahrerseite sind wir also gut aufgestellt."
Frage: "Aus dem Red-Bull-Junior-Programm scheint kurzfristig nichts nachzukommen."
Tost: "Momentan gibt es keine jungen Burschen, die schon bereit für die Formel 1 sind. Generell ist das Programm natürlich stark. Es geht im Kartsport los und dann bis zur GP3-Serie und Formel 3. Die Fahrer dort sind schon stark, jetzt hängt es von ihrer Performance ab, und wie schnell sie für die Formel 1 bereit sind."
Frage: "Für den nächsten Rookie-Test könnten Sie also jemanden von außerhalb holen?"
Tost: "Das war ja schon in der Vergangenheit so. Es wäre nichts Besonderes. Natürlich kümmern wir uns zuerst um die Red-Bull-Fahrer, aber wenn es keinen gibt, der aktuell für uns testen könnte, schauen wir nach anderen Piloten."
Frage: "Etwa Nirei Fukuzumi?"
Tost:" "Ja, Fukuzumi fährt dieses Jahr in der Formel 2 und außerdem in der Super Formula in Japan. Wir werden sehen."
Frage: "Oder Sean Gelael?"
Tost: "Er wird das ein oder andere Freitagstraining fahren und den Test in Budapest sowie in Barcelona nach dem Spanien-Grand-Prix."
Frage: "2021 werden neue Regeln kommen. Muss sich vieles an der Formel 1 ändern?"
Tost: "Die Formel 1 muss sich grundlegend ändern. Wir können so nicht weitermachen. Klar, die Teams an der Spitze, die das große Geld haben, wollen nicht, dass sich etwas ändert. Das ist nicht neu in der Formel 1. Aber wenn Liberty Media jetzt nichts ändert, bin ich überzeugt, dass wir spätestens ab 2022 oder 2023 Probleme bekommen. Warum? Weil es völlig unstrittig ist, dass wir den Showeffekt steigern müssen. Erinnert sich jemand an das Rennen in Abu Dhabi? Wenn wir solche Rennen haben, interessiert sich bald niemand mehr für die Formel 1. Wir müssen mehr Show bieten. Wir brauchen mehr Überholmanöver, mehr Kämpfe, unterschiedliche Sieger. Klar, wenn zwei Teams um die Meisterschaft kämpfen, sagen sie: 'Oh, wir wollen doch gar nichts ändern.'"
Toro Rosso 2018: Roll-out des STR13
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"Das ist Unsinn. Wenn ich Liberty Media wäre, würde ich alles auf den Kopf stellen. Als erstes müssen wir mehr Show bieten. Als zweites müssen wir die Kosten senken. Wir sind total verrückt, 400 oder 500 Millionen Euro auszugeben! Und wofür? Dass zwei Autos am Sonntagnachmittag eine Show bieten. Meine Güte! Wir können die gleiche Show mit 80 oder 100 Millionen bieten. Die gleiche Show! Denkt doch mal nach, wofür wir das Geld ausgeben. Für Entwicklung! Ich kann euch Flügel zeigen, die wir in der Fabrik in Faenza aufbewahren. In Italien müssen wir die Sachen wegen der Finanzbehörden fünf Jahre lang aufbewahren. Dann sehe ich die Flügel, bei dem einen ist der Radius ein bisschen anders, bei dem anderen unterscheidet sich ein Flap ein wenig ..."
Klare Forderung: "Runter mit den Kosten!"
"Wir geben Millionen für nichts aus! Also runter mit den Kosten! Was immer sie auch entscheiden, es wird funktionieren. Sei es eine Kostenschranke, oder einfach ein gutes Reglement, das das Wettrüsten einschränkt. Beide Wege sind möglich. Und der dritte Punkt, den wir ändern müssen, ist die Geldverteilung. Das Ganze ist ja ein Witz! Die Topteams bekommen allein von der FOM so viel Geld, wie unser ganzes Budget ist. Und dann gibt es Leute, die tatsächlich glauben, dass wir gegen diese Teams kämpfen können. Das ist ein No-Go! Solange sie das nicht ändern, wird es immer nur zwei oder drei Teams an der Spitze geben. Es ist eine Zweiklassengesellschaft, die Topteams und der Rest - und dazwischen klafft ein Riesenabstand von eineinhalb Sekunden pro Runde."
"Wir müssen in dieser Sache vorankommen. Die Leute wollen spannende Unterhaltung. Sie wollen Überholmanöver, verschiedene Sieger und Unfälle. Sie wünschen sich keine Verletzten, aber sie wollen wieder Crashes erleben. Ich muss nur hören, was meine Freunde sagen: 'Hey Franz, früher haben wir uns die ersten zwei Runden angesehen, weil es nach dem Start immer gescheppert hat. Jetzt gibt es keine Unfälle mehr.' So ist es. Entweder akzeptieren wir das oder wir greifen auf, was die Fans wollen. Sonst sinkt das Interesse an der Formel 1. Ich denke nicht, dass Liberty Media es hinnehmen wird. Es liegt in ihren Händen. Abwarten, ob es funktioniert."
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Halo und viele Kleinigkeiten: So lassen sich die Änderungen an den Formel-1-Regeln für die Saison 2018 zusammenfassen. In unserer Fotostrecke zeigen wir, was sich im Detail getan hat ... Fotostrecke
"Sie müssen Entscheidungen treffen - und zwar bald. In Sachen Antriebsreglement wird die Zeit schon knapp. Es ist schon 2018. Wenn sie etwas ändern wollen, müssen sie es jetzt tun. Sonst ist es für neue Hersteller unmöglich noch einzusteigen. Dann glauben sie, es sei nicht mehr genug Zeit, um einen neuen Antriebsstrang zu entwickeln, weil es mindestens zwei oder drei Jahre dauert. Es ist wahnsinnig kompliziert."
"Der aktuelle Antriebsstrang ist technisch gesehen die Krönung. Es steckt alles drin, was zukünftige Automobiltechnik bieten haben wird. Es reden ja schon alle von Elektroautos und sie haben auch ihre Berechtigung ... Aber wenn man sich ansieht, wie hoch die Kosten für die Herstellung der Akkus sind und wie sehr dadruch die Umwelt geschädigt wird - das spricht niemand aus. Die Politik spricht von 'grün' und 'elektrisch', aber letzten Endes wird die Umwelt viel stärker in Mitleidenschaft gezogen als bisher. Doch alle schweigen. Ein guter Freund von mir ist im Management eines Automobilherstellers und sagt: 'Du wirst nicht glauben, wie viel Aufwand wir in diese Elektroautos stecken und wie viel Geld es kostet.'"
"Wenn sie einen Crashtest mit einem Elektroauto machen, wissen sie, dass danach viel Arbeit wartet. Sie müssen es in einen großen Container mit Wasser verladen, weil sie nicht wissen, ob die Batterien noch funktionieren oder nicht. Es ist gefährlich. Es ist verrückt. Aber trotzdem: Wenn wir auf die Technologie in der Formel 1 zu sprechen kommen, ist sie derzeit fantastisch. Leider ist sie zu kompliziert und zu teuer. Aber es ist ein kleiner Motor mit Turbo und zwei Energierückgewinnungssysteme. Wir haben einen guten Energiespeicher und wenn alles serienreif entwickelt ist, kann man vielleicht hundert Kilometer mit einem Liter Sprit fahren. Es fragt auch niemand, wo die Energie herkommt, um die Batterien bei Tausenden von Autos wiederaufzuladen. Ich weiß es selbst nicht - auch nicht, wie sehr die Umwelt darunter leiden wird."
"Trotzdem ist die Technologie selbst fantastisch. Nur wird die Formel 1 dadurch in meinen Augen zu kompliziert und zu teuer. Wenn Liberty Media an ihr festhalten möchte, ist das in Ordnung. Nur dann müsste man sich überlegen, ob man die Entwicklung nicht wie früher einfriert. Trotzdem muss jetzt entschieden werden, was den Antriebs- und Chassisregeln passiert, denn 2021 ist praktisch morgen. Die Saison fängt in Melbourne an und sie ist schneller vorbei als man blinzeln kann."
Team braucht 150 Millionen Startkapital
Frage: "Denken Sie, dass zeitnah neue Teams in die Formel 1 einsteigen werden?"
Tost:"Um ein neues Team an den Start zu bringen - mit der gleichen Infrastruktur wie sie die bestehenden haben - braucht es mindestens 150 Millionen. Das ist das Minimum, nur um die Infrastruktur aufzubauen. Ich will erst gar nicht mit den Mitarbeitern anfangen. Spezialisten gibt es nicht an jeder Straßenecke. Man muss sich nach ihnen umsehen."
Frage: "Wollen deshalb keine Formel-2-Teams aufsteigen?"
Tost:"Genau! Keine Chance. Auch sie müssten für 100 bis 150 Millionen Infrastruktur aufbauen. Während ihrer ersten Saison bräuchten sie nochmal mindestens 130 Millionen Euro, nur um am Start zu stehen und zu überleben - vorausgesetzt, wir reduzieren die Kosten nicht drastisch. Leistungsmäßig gäbe es aber keine Chance, sich erfolgreich gegen die aktuellen Teams an der Spitze zu behaupten. Überhaupt nicht. Und das ist Quatsch, völlig inakzeptabel. Es liegt nun in den Händen Liberty Medias etwas zu unternehmen."
"In einem Topteam arbeiten circa 2.000 Leute. 2.000 Leute! 1.000 am Chassis, 1.000 am Motor - für zwei Autos! Geht's noch? Und diese zwei Autos verkauft man nicht einmal. Dann würde man wenigstens etwas dafür bekommen und könnte sagen: 'Okay, dann verscherbeln wir die Kisten eben für 30 oder 40 Millionen.' Aber am Saisonende gibt es für die Autos keinen Cent - egal, wie viel Geld in sie geflossen ist. Vor Liberty Media liegt also viel Arbeit. Ich hoffe einfach, dass sie ihren Weg konsequent verfolgen und gute Ideen haben. Die Frage ist nur, wie stark sie politisch sind - ob sie klarstellen, dass sie einen Weg vorgeben, den man entweder akzeptiert oder ... Sie sind jetzt am Zug. Entweder gehen sie ihren Weg oder es ändert sich nichts. Dann wird's schwierig."
Frage: "Wünschen Sie sich mehr Testfahrten?"
Tost: "Tests auf dem Prüfstand sind in Ordnung. Wenn es um Tests auf der Strecke geht, sollten wir nicht mehr Testtage einführen. Als ich in der Formel 1 angefangen habe, haben wir nach jedem Rennen mit zwei Autos gestetet. Drei oder vier Tage lang. Das war Geldverschwendung. Heute schaffen wir es mit Tests auf dem Prüfstand ein Auto auf die Räder zu stellen, das ziemlich zuverlässig ist. Dann kommt es darauf an, wie weit man an das Limit geht. Aber es sollte nicht mehr auf der Strecke getetet werden. Jeder Kilometer kostet - abhängig von der Zählweise - 700 Euro. Das habe ich mal ausgerechnet. Heißt: 500 Kilometer kosten 350.000 Euro. Testen kostet Geld, sobald das Auto aus der Garage rollt."
Frage: "Und wie steht es um mehr Rennen?"
Tost:"Ich habe kein Problem mit 25 Rennen. Das Jahr hat 52 Wochenenden, also lassen sich 26 Rennen machen. Und wir sollten unbedingt am 24. Dezember und am 1. Januar fahren, weil diese Tage komplett nutzlos sind."
Frage: "So wie früher?"
Tost: "Ja. Ich erinnere mich an Südafrika. Das waren die guten alten Zeiten. Wenn es darum geht, das Rennwochenende auf zwei Tage zu reduzieren, sind die Promoter gefragt. Sie brauchen auf den Freitag, um Geld einzunehmen. Die Leute kommen auch an diesem Tag und zahlen Geld dafür, dass sie eine dreitägige Show geboten bekommen. Wenn es möglich ist, alles auch binnen zwei Tagen über die Bühne zu bringen - kein Problem. Es wird Möglichkeiten und Lösungen geben. Es geht darum 25 Rennen rauszusuchen, die wirklich gutes Geld bringen. Und nicht, um dort einfach nur ein Rennen zu fahren."
Fotostrecke: Red-Bull-Junioren in der Formel 1
Christian Klien (2004-2010): Mit Unterstützung von Red Bull debütiert der Österreicher 2004 bei Jaguar in der Formel 1. Nach der Übernahme des Rennstalls durch den Engergy-Drink-Hersteller fährt Klien auch 2005 und 2006 bei den meisten Grands Prix für das nun Red-Bull-Racing genannte Team an der Seite von David Coulthard. Ende 2006 scheidet Klien nach Streitigkeiten über einen Wechsel in die ChampCar-Serie aus dem Red-Bull-Kader aus. Später ist der Österreicher Testfahrer für Honda und BMW-Sauber und fährt 2010 drei Rennen für HRT. Fotostrecke
Frage: "Planen sie, bei Toro Rosso künftig mehr Mitarbeiter zu beschäftigen?"
Tost:"Wenn es mehr als 21 Rennen gibt, braucht es bei den Mechanikern mindestens eine dritte Crew. Wir ziehen das schon für dieses Jahr in Erwägung. Wenn wir auf Nummer sichergehen wollen, bauen wir eine komplett unabhängige dritte Mannschaft auf. Wenn einem Mechaniker etwas zustößt, können wir ihn dann bei Aufgaben wie dem Boxenstopp-Training gleichwertig ersetzen. Das Problem ist nicht einmal der Mechaniker, der am Auto steht, sondern alles um ihn herum - zum Beispiel der Boxenstopp. Reifenwechsel oder ähnliche Aufgaben sind kompliziert und nichts, wo man jemanden ins kalte Wasser werfen könnte."
Frage: "Expandiert Toro Rosso noch? Will Honda mehr Leute?"
Tost:"Nein, Honda hat nichts dergleichen verlangt, aber natürlich kommt viel mehr Arbeit auf uns zu und deshalb ist automatisch größerer Personalbedarf entstanden."
Frage: "Sie haben also ein finanzielles Problem?"
Tost: "Nein, wir können es uns leisten. Alles ist eine Frage des Geldes, auch was zusätzliche Getriebe, mehr Prüfstande und so weiter angeht. In einem kleinen Team wie Toro Rosso gibt es nicht für jeden Job eine bestimmte Person. Es bestimmt nicht einer, wo ein Kaffeebecher hingestellt wird. Vielmehr kümmert sich einer um vieles. Etwas anderes können wir uns nicht leisten. Natürlich kann man immer mehr Leute holen, aber 300 Mitarbeiter in einem kleinen Betrieb kann man überblicken und führen, ohne auf komplizierte Strukturen angewiesen zu sein - mit einem Geschäftsführer, einem Stellvertreter, einem Koordinator und so weiter. Das führt nur dazu, dass hunderte Leute nur im Management arbeiten, was überhaupt nicht nötig ist. Ich weiß aber, dass andere Leute das anders sehen."