• 13. Juli 2017 · 06:40 Uhr

Nico Hülkenberg im Interview: "Freiwillig mach' ich gar nichts!"

Nico Hülkenberg erklärt, warum der Wechsel zu Renault für ihn der richtige Schritt war und was er über ein Comeback von Robert Kubica denkt

(Motorsport-Total.com) - Rein sportlich war Nico Hülkenbergs Wechsel von Force India zu Renault in der Formel 1 ein Rückschritt. Dennoch ist der Emmericher davon überzeugt, den richtigen Schritt gemacht zu haben. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärt der Formel-1-Pilot, warum er sich mittelfristig im Werksteam der Franzosen bessere Chancen ausrechnet, und beschreibt, welche Aufbruchstimmung schon jetzt zu spüren ist.

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Nico Hülkenberg hat seinen Wechsel zu Renault noch nicht bereut Zoom Download

Frage: "Herr Hülkenberg, haben Sie von Renault bisher alle Gehälter pünktlich überwiesen bekommen? Das muss ein neues Karriere-Gefühl sein ..."

Nico Hülkenberg: "Ja, ist gut hier. Ich fühle mich wohl, es passt alles."

Frage: "Man sagt, Sie verdienen hier ein Vielfaches von dem, was Sie bei Force India verdient haben. Andererseits hat Force India das bessere Auto. Zumindest momentan noch."

Hülkenberg: "Meine Meinung ist: Alles richtig gemacht! Für mich war von vornherein klar, dass Renault Force India dieses Jahr noch nicht schlagen kann und nicht auf deren Niveau ist. Aber darum geht es nicht."

"Es geht um Zukunft, um Perspektive für die nächsten Jahre: 2018, 2019, 2020. Ich glaube, das Team hat das Potenzial, in den Folgejahren ein besseres Auto zu liefern, um Podestplätze und Siege zu feiern. Darum habe ich den Schritt gemacht. Mir war von vornherein klar, dass es dieses Jahr einen Schritt zurück bedeutet. Aber mit der Aussicht, danach drei Schritte nach vorne zu machen."

Bei jedem Fabriksbesuch neue Gesichter da

Frage: "Woran machen Sie diese Aufbruchstimmung bei Renault fest?"

Hülkenberg: "Wenn ich in Enstone oder Viry vor Ort bin, sehe ich, was die da reinbuttern. Die ganze Infrastruktur wird aufgebaut, modernisiert, erneuert, die Fabrik wird erweitert, es werden neue Gebäude gebaut. Jedes Mal, wenn ich komme, sind wieder neue Gesichter, neue Ingenieure da. Auch qualitativ wichtige Aerodynamiker."

Frage: "Wann kommt der erste Sieg?"

Hülkenberg: "Das kann ich nicht beantworten. Das Team würde gerne - so sagen sie offiziell - ab 2019 um Siege mitfahren. Aber es gibt da keine Garantien, es gibt keine Sicherheiten. Es gibt nur harte Arbeit, richtige Entscheidungen, Budget, die richtigen Leute einstellen. Ich glaube, das Team hat von der Struktur her alles zur Verfügung, was es braucht, um ein Topteam zu werden. Jetzt liegt es an den Menschen und an allen, die hier mitwirken, das umzusetzen."


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Frage: "Wäre eine Formel-1-Karriere ohne Sieg unvollständig?"

Hülkenberg: "Natürlich wäre das nicht befriedigend und nicht wünschenswert. Aber wenn man die Geschichte der Formel 1 durchgeht, ist das vielen passiert. Über so etwas denke ich nicht nach. Man muss das Beste aus dem Paket holen, das man gerade hat. Wir müssen schauen, dass dieses Paket in den nächsten Jahren stark genug ist, um Siege mitzufahren."

Frage: "Sie entstammen der gleichen Generation wie Sebastian Vettel. Sie sind ungefähr gleich alt. Er ist viermaliger Weltmeister, Sie waren noch nie auf dem Podium. Hatte er mehr Glück?"

Hülkenberg: "Sicherlich hatte er vom Timing einen glücklicheren Verlauf. Der Vorteil für ihn war, dass er schon viel früher in den Formelsport und dann auch in die Formel 1 eingestiegen ist als ich. Er hat 2007 angefangen, ich erst 2010. Diese paar Jahre Vorsprung hat er immer gehabt. Und dann war er in der Red-Bull-Ära zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Er hat aber auch einen geilen Job gemacht und ist deshalb viermaliger Weltmeister."

Hülkenberg: Besser als das Auto!

Frage: "Immer wieder sagen Leute, Nico Hülkenberg sei besser als sein Auto. Egal, wo Sie gefahren sind. Wie sehen Sie das?"

Hülkenberg: "Stimme zu!"

Frage: "Sie sind aus der Formel 1 nach Le Mans gegangen und haben sofort gewonnen. Umgekehrt wäre das unvorstellbar, dass ein WEC-Fahrer seinen ersten Grand Prix gewinnt. Was kann der Formel-1-Fahrer besser?"

Hülkenberg: "Ich hatte natürlich auch einen Vorlauf mit vielen Tests und einem anderen Rennen. Ich bin in Le Mans nicht zum allerersten Mal im Auto gesessen und habe gewonnen. Aber ich glaube nach wie vor, dass in der Formel 1 die besten Fahrer der Welt fahren."

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2015 gewann Nico Hülkenberg im ersten Anlauf die 24 Stunden von Le Mans Zoom Download

"Wir können uns mit allen Rennfahrern der Welt messen und in allen Serien der Welt mithalten. Hat man auch bei Alonso in Indianapolis gesehen. Die Qualität ist extrem hoch, die Autos sind nach wie vor mit die anspruchsvollsten und schnellsten, die es gibt. Dadurch braucht man am meisten Kapazität, die besten Reaktionszeiten. Es muss alles auf dem höchsten Niveau sein. Wenn wir dann runtergehen in andere Kategorien, funktioniert das ganz gut."

Frage: "Ich war 2015 bei Ihrem Sieg in Le Mans. Bei der Pressekonferenz konnte man Mark Webber richtig ansehen, wie es ihn innerlich gewurmt hat, dass da schon wieder ein junger Deutscher daherkommt und den ganz großen Sieg vor ihm schafft. So wie damals mit Vettel bei Red Bull. Nach Baku haben viele gesagt: Lance Stroll steht im achten Rennen auf dem Podium - und Hülkenberg im siebten Jahr immer noch nicht. Wurmt Sie das?"

Hülkenberg: "Ehrlich gesagt null. Aber ich möchte festhalten: Ohne den Fehler wäre ich nicht auf das Podium gefahren an dem Sonntag."

"Ich habe Respekt vor der Entwicklung von Lance. Vor Kanada war er im Niemandsland, aber Kanada hat ihm dann Anscheinend so viel Selbstvertrauen gegeben, dass er dann in Baku auf einer echt harten Strecke so gut gefahren ist. Hat mich total überrascht von ihm, im positiven Sinne. Glückwunsch. Ich sehe das überhaupt nicht verbittert."

Comeback von Robert Kubica?

Frage: "Es gibt viele Gerüchte über ein Comeback von Robert Kubica. Würden Sie Ihr Cockpit an einem Freitag mal freiwillig für ihn räumen?"

Hülkenberg: "Nein. Freiwillig machen wir gar nichts hier! Ich kenne ihn natürlich aus den Jahren, als er noch Formel 1 gefahren ist, und auch von früher, aus der Go-Kart-Seite. Aber wir haben keinen näheren Kontakt."

Frage: "Was würden Sie als Ihre Stärken beschreiben?"

Hülkenberg: "Meinen Speed, meinen Ehrgeiz und meine Teamfähigkeit."


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Frage: "Welche Rollen haben Ihre Eltern in Ihrem Lebenslauf gespielt?"

Hülkenberg: "Eine sehr wichtige. Wenn man ein kleiner Stöpsel mit sieben, acht Jahren ist und gerade anfängt, geht natürlich nicht viel. Ich hab's für mich entdeckt und wollte dann Motorsport forcieren und machen, und meine Eltern haben dann mit gepusht und es möglich gemacht."

Frage: "Sie geben jeden Tag mehrere Interviews. Welche intelligente Frage, die Ihnen noch nie gestellt worden ist, würden Sie selbst mal stellen?"

Hülkenberg: "Keine Ahnung. Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich mache nur meine Arbeit."

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