Formel-1-"Legende" Taki Inoue: "Ist doch alles ein Witz!"
Ex-Formel-1-Pilot Taki Inoue im Interview: Die wundersame Auferstehung von Ferrari im Jubiläumsjahr und die japanische Mentalität, die Honda lähmen könnte
(Motorsport-Total.com) - In seiner aktiven Formel-1-Zeit erfolglos, aber als bissiger und humorvoller Kommentator der Geschehnisse im Grand-Prix-Sport ein Star: Taki Inoue. Der ehemalige Simtek- und Footwork-Pilot, der sich selbst als "schlechtester Formel-1-Pilot aller Zeiten" bezeichnet und im Grand Prix vom Ungarn 1995 zu zweifelhaften Ruhm kam, weil er vom Medical-Car angefahren wurde, hat eine kritische Distanz zu seinem früheren Arbeitsumfeld aufgebaut.
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Gilt als Kultfigur und schlechtester Formel-1-Pilot aller Zeiten: Taki Inoue Zoom Download
Genau diese Distanz hilft dem 53-jährigen Japaner bei seinen oftmals humorvollen Beitragen via Twitter oder Facebook. Inoue hat oftmals seine ganz eigenen Ansichten. Und diese äußert der heutige Teambesitzer (VSR in der asiatischen Blancpain-GT-Serie) schonungslos im Interview.
Frage: "Taki Inoue, wie bewerten Sie die Formel 1 des Jahrgangs 2017?"
Taki Inoue: "Das ist doch alles ein Witz! Was dort passiert, hat doch mit Rennsport nichts mehr zu tun. Ferrari feiert 2017 sein Jubiläum anlässlich der Gründung vor 70 Jahren. Alle blicken also noch mehr auf Ferrari. Und was passiert? Ferrari muss natürlich in diesem Jahr gewinnen. Ist klar."
"Dann die Nutzung der sozialen Netzwerke durch die Teams. Sie jagen alle möglichen Informationen an den eigentlich offiziellen Medienkanälen vorbei in die weltweite Öffentlichkeit. Das macht den Job der Medien und Presseleute enorm schwierig. Die Formel 1 als Spitze des Motorsports hatte immer eine gewisse Distanz zu den Fans. Das hat die Formel 1 zu einem solch wertvollen Schatz gemacht. Diese Distanz existiert aber nicht mehr. Wenn die Formel 1 wie der amerikanische Rennsport wird, dann ist sie tot."
Frage: "Wie sollte sich nach Ihrer Meinung McLaren entscheiden? Mit Honda weitermachen oder Trennung von deinen Landsleuten?"
Inoue: "Das kann ich nicht beantworten. Es ist deren Ehe, in die ich mich nicht einmischen mag."
Wenn junger Japaner von altem Japaner lernt
Frage: "Wird Honda seine Probleme denn vor dem Ende dieses Jahres in den Griff bekommen?"
Inoue: "Ich glaube, das schaffen sie nicht. Sie haben drei Jahre gebraucht, um an diesen aktuellen Punkt zu kommen. Da werden sie es kaum plötzlich so schnell lösen können. Als Japaner lernt man von alten Japanern immer, dass man nur hart arbeiten und geduldig bleiben muss, dann kommt der Erfolg automatisch."
"Was viele dabei vergessen: Selbst wenn sie ihren Antrieb wirklich verbessern, dann haben die anderen auch schon wieder Schritte nach vorn gemacht. Ich bin überzeugt, dass sie das nicht aufholen werden. Und ich glaube, dass man das bei McLaren-Honda bereits ganz genau weiß."
Frage: "Wenn die Kosten sinken und die Komplexität der Antriebe reduziert wird - wie es für 2021 vorgeschlagen wurde -, kommen dann bald neue Werke in die Formel 1?"
Inoue: "Im Moment hat man den Eindruck, dass fast alle Hersteller in die Formel 1 möchten. Ich denke aber, dabei spielt der Preis eigentlich kaum eine Rolle. Konzerne wie Volkswagen oder BMW haben genug Geld. Sie kommen, sobald es in ihre Marketingstrategie passt. Das ist auch der Grund, warum sie bisher abgewartet haben."
Frage: "Wer wird denn in diesem Jahr den Titel holen?"
Inoue: "Ich habe keine Ahnung, wer es schaffen wird. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Hamilton es packt und dann seine Karriere beendet. Er hat bestimmt schon genug Pokale im Schrank. Er ist noch jung. Daher wäre es eigentlich der ideale Zeitpunkt, in einem anderen Bereich nochmal etwas Neues anzufangen. Ich glaube nicht, dass Hamilton so einer ist, der nach seiner Formel-1-Zeit noch andere Rennwagen fahren will."
Sicherheit wird nur vorgeschoben: Show zählt
Frage: "Mögen Sie die Veränderungen in der Formel 1, die zur Saison 2017 vorgenommen wurden?"
Inoue: "Das waren doch keine wirklich großen Änderungen. Nun gut, Ferrari ist schneller geworden. Sie bringen Update um Update, um die notwendigen Punkte für die WM zu holen. Ich glaube, dass die meisten Teams da ganz einfach nicht mithalten können."
Frage: "Würden Sie gern etwas aus alten Zeiten jetzt in der Formel 1 wiedersehen?"
Inoue: "Nein, gar nichts. Es ist jetzt alles vom Feinsten. Liberty Media hat aber den Plan, die Rennen noch interessanter zu machen. Sie wollen daraus eine Zirkusshow machen. Nach außen sagen sie immer, das Sicherheit über allem anderen steht, aber so denken sie nicht ernsthaft. Das einzige, was sie interessiert, ist eine große Show."
Frage: "Wie bewerten Sie die Leistung von Fernando Alonso beim diesjährigen Indy 500?"
Inoue: "Er war sehr gut unterwegs. Ich fand es schade, dass Dixon in diesem Jahr auf diese Art rausgeflogen ist. Abgesehen davon: Wenn man bedenkt, dass Alonso als Rookie dort war, finde ich das wirklich klasse."
Frage: "Sollte Fernando Alonso im kommenden Jahr in Le Mans fahren?"
Inoue: "Diese angebliche Triple-Crown mit dem großen Ruhm der Sieg in diesen drei Rennen interessiert mich persönlich gar nicht. Das ist doch nur etwas für die Medien. Die drei Rennen sind alle komplett unterschiedlich. Das Gute daran: Jeder erstklassige Fahrer braucht auch mal neue Herausforderungen."
Frage: "Wen aus der neuen Generation der jungen Fahrer halten Sie für einen potenziellen Champion?"
Inoue: "Mit den aktuellen Autos ist es kaum auszumachen, wie gut die Leistungen eines Fahrers wirklich sind. Eigentlich kann man da jeden reinsetzen. Es ist nicht mehr wie früher, wo man seine eigenen Techniken und Fähigkeiten umsetzen musste, um schnell zu sein. Heutzutage kann man nicht mehr wirklich bemessen, wer denn wirklich so richtig schnell ist. Aber Ocon hat mich beeindruckt mit allem, was ich in der Formel 3 von ihm gesehen habe."