Sergio Perez: "Sehe mich als einen der besten Fahrer"
Im Interview spricht Sergio Perez über seine aktuelle Situation und berichtet, wie schwierig die Zeit 2014 nach seiner Entlassung bei McLaren war
(Motorsport-Total.com) - Die Karriere von Sergio Perez in der Formel 1 gleicht einer Achterbahn. 2012 galt er nach Podiumsplätzen im unterlegenen Sauber schon als künftiger Weltmeister, doch dann folgte nach dem Wechsel zu McLaren der Absturz. Mittlerweile hat "Checo" dieses Karrieretief wieder überwunden und läuft Teamkollege Nico Hülkenberg bei Force India mit Podiumsresultaten zunehmend den Rang ab.
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Sergio Perez hat in der Formel 1 wieder in die Erfolgsspur zurück gefunden Zoom Download
Dementsprechend strotzt der Mexikaner vor Selbstbewusstsein. "Ich sehe mich als einen der besten Fahrer im Feld", sagt Perez im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. Das war aber nicht immer so, denn nach der Entlassung bei McLaren Ende 2013 war Perez in ein tiefes Loch gefallen. "Die Zeit nach McLaren war hart, es war sehr schwierig, mich mental davon zu erholen", sagt Perez. Der Mexikaner spricht außerdem über seinen Traum von der Weltmeisterschaft und einer möglichen Chance bei Ferrari.
Frage: "Checo, ist das derzeit die glücklichste Phase in deiner Karriere?"
Sergio Perez: "In meiner Karriere? Ich bin sehr glücklich und habe viele Ziele. Immer, wenn man etwas erreicht hat, nimmt man sich etwas Neues vor. Ich befinde mich auf jeden Fall in einer glücklichen Phase meiner Karriere."
Frage: "Und hast deinen Ruf wieder hergestellt?"
Perez: "Ich glaube schon. Die Zeit nach McLaren war hart, es war sehr schwierig, mich mental davon zu erholen. Ich habe damals versucht, das locker zu nehmen, aber das war es nicht. Es war wirklich schwierig, diesen Rückschlag wegzustecken. Ich sehe mich selbst aber als starke Persönlichkeit und habe nicht aufgegeben. Das wäre damals das einfachste gewesen."
"Aber ich habe gekämpft und meiner Meinung nach bewiesen, dass ich in diesem Sport einer der besten bin. Mal schauen, welche Möglichkeiten sich jetzt in der Zukunft ergeben. Mein Ziel ist Weltmeister zu werden. Ob das klappt, hängt vom Timing ab, ob ich im richtigen Moment im richtigen Auto sitze, oder nicht."
Schwierige Phase nach dem Aus bei McLaren
Frage: "Du hast davon gesprochen, wie schwierig die Zeit nach McLaren war. Du warst damals noch sehr jung. Dachtest du damals, deine Karriere sei schon vorbei? Denn es kann recht schwierig sein, zum zweiten oder dritten Mal einen Platz in einem Spitzenteam zu bekommen."
Perez: "Darüber habe ich damals ehrlich gesagt gar nicht nachgedacht. Ich wollte erst einmal nur ein Jahr für Force India fahren. Damals dachte ich, dass meine Chance auf ein Top-Team vergeben und der Traum, einmal um die Weltmeisterschaft zu kämpfen, geplatzt ist."
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"Ich hatte damals viel Motivation verloren, doch durch die Arbeit mit dem Team wurde ich wieder hungrig. Ich gewann auch Selbstvertrauen zurück, welches ich vorher verloren hatte. Wenn McLaren mich rausschmeißt, dann bin ich nicht gut genug: Das hatte ich ständig im Hinterkopf. Mit dem Podium (in Bahrain 2014; Anm. d. Red.) habe ich mir das Gegenteil bewiesen."
Frage: "Romain Grosjean hatte sich damals nach seinen Startunfällen Hilfe von Sportpsychologen geholt. Wie hast du es geschafft, aus diesem mentalen Tief heraus zu kommen?"
Perez: "Ich habe das mit mir selbst ausgemacht. Im Laufe der Zeit, als gute Ergebnissen und all die Emotionen wieder kamen, ging es mir besser. Aber es hat das erste halbe Jahr bei Force India gedauert, bis ich mental wieder in der Spur war."
Frage: "Glaubst du, dass es geholfen hat, dass du für ein Team wie Force India fährst? Ein kleines Team, wo die Atmosphäre familiärer ist, und sich die Leute gegenseitig besser unterstützen?"
Perez: "Ich denke nicht. Letztendlich ist das ein Sport. Das Team muss erfolgshungrig sein, und wir alle stehen unter Druck. Es ist natürlich wichtig, dass man eine nette Atmosphäre hat, in der man sich wohl fühlt. Wichtiger ist aber, dass man Selbstvertrauen hat und mental topfit ist. Die mentalen Fähigkeiten sind in diesem Sport sehr wichtig. Ich habe manchmal unterschätzt, welche Macht die Gedanken haben können."
Frage: "Du sprachst über den Druck. Du standest in dieser Saison zweimal auf dem Podium, insgesamt ist dir das in deiner Karriere siebenmal gelungen, aber dir fehlen Pole-Positions und Siege. Stehst du unter dem Druck, deinen ersten Grand Prix zu gewinnen? Und glaubst du, dass das mit Force India gelingen kann?"
Perez: "Ich spüre keinen Druck, unbedingt ein Rennen zu gewinnen. Ich stand schon siebenmal auf dem Podium, und das mit Autos, mit denen das eigentlich nicht möglich gewesen wäre."
"Ich habe derzeit kein Auto, mit dem ich um Siege kämpfen kann, nicht einmal ansatzweise. Sollte ich einmal ein solches Auto habe, würde ich diesen Druck spüren, vor allem, wenn es nicht gelingt. Aber in meinen sechs Jahren in der Formel 1 hatte ich bisher noch kein Auto, mit dem ich aus eigener Kraft auf das Podium fahren konnte."
Frage: "Wirst du in der Zukunft eines haben?"
Perez: "Ich hoffe es. Das ist mein großes Ziel und der Hauptquell meiner Motivation. Ich bin hier, weil ich Weltmeister werden will. Zumindest die Möglichkeit möchte ich haben. Ob ich sie bekommen werde? Wer weiß? Ich kann nicht mehr tun, als hart dafür zu arbeiten."
Siege mit Force India unrealistisch
Frage: "Force India leistet fantastische Arbeit, allerdings haben die Spitzenteams deutlich größere Ressourcen. Glaubst du, dass die Zeit für einen Teamwechsel gekommen ist, um den nächsten Schritt zu machen. Mit Force India ist es unwahrscheinlich, dass du um die Weltmeisterschaft kämpfen kannst."
Perez: "Natürlich ist das schwierig, aber dieses Team wird immer einen Platz in meinem Herzen haben. Vijay (Mallya, Teamchef; Anm. d. Red.) und das gesamte Team haben unglaublich viel für mich getan und meine Karriere gerettet. Ich weiß, dass ich zu einem Team weiter vorne wechseln muss, wenn ich Weltmeister werden will. Noch bin ich aber hier, um meine Arbeit zu machen. Ich bin erst 26, wer weiß, was die Zukunft bringt."
Perez: "Das ist sehr schwierig für mich einzuschätzen. Aber ich sehe mich schon als einen der besten Fahrer im Feld."
Frage: "Stehst du mit anderen Teams außer Force India im Kontakt?"
Perez: "(überlegt einige Zeit; Anm. d. Red.) Nein, derzeit nicht."
Frage: "Hast du die Hoffnungen, dass es nach den von dir gezeigten Leistungen dazu kommen wird?"
Perez: "Man muss abwarten, was passiert. In der Formel 1 verändern sich die Dinge ständig. In der Sommerpause beruhigen sich die Gemüter normalerweise immer, und dann werde ich mir anschauen, welche Möglichkeiten es gibt."
Frage: "Falls in naher Zukunft der Aufstieg in ein Top-Team möglich wäre, würdest du dann, nach deinen Erfahrungen bei McLaren, eine andere Herangehensweise wählen?"
Perez: "Die Tatsache, dass ich im Gegensatz zu den anderen hungrigen Fahrern schon in einem Spitzenteam war, ist ein Vorteil. Ich weiß, wie dort gearbeitet wird. Ich würde es vielleicht anders angehen, denn ich habe gelernt, ein Teamleader zu sein und mit einem großen Team zu arbeiten. Ich bin ein andere Typ als vor drei Jahren und bin reifer geworden, als Fahrer und als Mensch. Ich habe jetzt auch eine andere Sichtweise auf das Leben und den Sport."
Frage: "Als du zu McLaren gegangen bist, befand sich das Team im Umbruch und verstand nicht, warum das eigene Auto nicht schnell genug war. Wenn ein junger Fahrer in ein Spitzenteam kommt und sich weiterentwickeln will, braucht er aber die Hilfe des Teams. Glaubst du, dass das auch eine Rolle gespielt hat?"
Perez: "Auf jeden Fall. Ich glaube, ich bin zum schlechtest möglichen Zeitpunkt zu McLaren gekommen. Aber wer weiß, was passiert wäre, wenn ich nicht dorthin gegangen wäre."
"Als ich zu McLaren kam, hatten sie gerade eine erfolgreiche Saison hinter sich. Und jeder hat mir dort gesagt: Wir haben das beste Auto von allen, denn wir haben das Beste von Red Bull und das Beste von Ferrari genommen und alles zusammengefügt. Da dachte ich mir: 'Wow, das klingt toll.' Als Jenson (Button; Anm. d. Red.) dann beim ersten Test in Jerez auf Platz eins gefahren ist, dachten wir alle, das wird eine gute Saison. Aber dann haben wir gemerkt, dass wir die Aufhängung falsch herum eingebaut hatten, und nachdem wir das korrigiert haben, fing das Schlamassel an."
"Beim vierten Rennen dachten wir darüber nach, wieder zurück zu bauen. Ich konnte mich nie an das Auto gewöhnen, denn es hat sich von Freitag auf Samstag verändert. Das Auto vom Freitag war ein anderes als das am Samstag. Erst in der zweiten Saisonhälfte lief es dann besser für mich."
Frage: "Gemessen an diesen Erfahrungen: Wärest du jetzt vorsichtiger damit, bei einem großen Team zu unterschreiben? Natürlich will man sich einerseits die Chance nicht entgehen lassen, auf diese negativen Erfahrungen kann man allerdings sicherlich gut verzichten, oder?"
Perez: "Es ist unglaublich schwierig, das richtig hinzubekommen. Man muss sich nur Fernando (Alonso; Anm. d. Red.) anschauen. Er ist einer der besten Fahrer und kämpft darum, in die Punkte zu kommen."
Frage: "Viele sprechen bei dir von der zweiten Chance. Aber ist es für dich nicht eher die erste echte Chance? Denn wie du schon sagtest, war es der schlechtest mögliche Zeitpunkt, um zu McLaren zu wechseln."
Perez: "McLaren war ein großes Team, aber das Auto war nicht auf dem selben Niveau wie das Team. Sollte ich noch einmal die Möglichkeit bekommen, für ein großes Team zu fahren, wäre das eine zweite Chance. Wir hatten gemeinsam keinen Erfolg, wofür es Gründe gab. Es hatte auch seinen Grund, warum McLaren mich nicht behalten hat. Sollte ich noch einmal zu einem Spitzenteam wechseln, könnte mir auch keiner Garantieren, dass ich dort ein Spitzenauto bekomme."
Force India will Rang vier erobern
Frage: "Es gibt einige Gerüchte, dass du diese zweite Chance bei Ferrari bekommen könntest. Ferrari hat viele mexikanische Sponsoren, besteht also die Möglichkeit, dass wir dich eines Tages im Ferrari sehen?"
Perez: "Die Sponsoren spielen da keine Rolle. Ferrari ist eines der größten Teams und darauf nicht angewiesen. Ob es eines Tages passieren wird, kann ich nicht sagen."
Perez: "Ich habe einige Freunde im Team, mehr aber auch nicht."
Frage: "Wenn du dir ein Team aussuchen könntest, für das du fahren könntest, wäre das Ferrari?"
Perez: "Ich will Weltmeister werden. Bei jedem Team, das mir diese Chance bietet, muss ich zuschlagen."
Frage: "Wie sind eure Ziele für die restliche Saison? Wollt ihr den fünften Platz (in der Konstrukteurswertung; Anm. d. Red.) verteidigen oder der vierten erobern?"
Perez: "Wir wollen auf jeden Fall Vierter werden, das sollte möglich sein. Fünfter waren wir im vergangenen Jahr schon. Wir haben als ganzes Team große Fortschritte gemacht und selbst dann Punkte gewonnen, als das Auto nicht gut war. Die Ergebnisse stimmen. In Österreich haben wir vier Punkte verschenkt, hoffentlich spielt das am Ende des Jahres keine Rolle. Wenn wir mit den Williams kämpfen und den vierten Platz erobern könnten, wäre das fantastisch für Force India."
Frage: "Hast du Sorge, dass Toro Rosso von hinten aufholen könnte?"
Perez: "Wir dürfen nicht vergessen, dass hinter uns starke Teams sind. Sollten wir den fünften Platz verlieren, wäre das schade. Unser Ziel muss der vierte Platz sein, darauf muss sich das Team konzentrieren. Wir müssen unsere Chancen mit beiden Autos zu 100 Prozent nutzen und mit Williams kämpfen."