Renault: Große Sprünge für möglichst kleines Geld
Renault-Rückkehrer Bob Bell über seine Erwartungen für die Formel-1-Saison 2016 und den Aufbau der Technikteams in Enstone (Chassis) und Viry-Chatillon (Antrieb)
(Motorsport-Total.com) - Nach drei Jahren bei Mercedes und einem kurzen Intermezzo als Berater beim kleinen Privatteam Manor ist Bob Bell wieder als Technischer Direktor zur alten Wirkungsstätte zurückgekehrt. Der Brite ist als Technikchef des Werksteams Renault nicht nur für die Entwicklung des Fahrzeuges verantwortlich, sondern auch für den Aufbau von zwei möglichst gut harmonierenden Teams in Enstone (Chassisabteilung) und Viry-Chatillon (Antriebsentwicklung). Im Interview schildert Bell seine Aufgaben und neusten Erkenntnisse.
Frage: "Bob, wie hast du dich an deiner Arbeitsstätte eingelebt?"
Bob Bell: "Das war ein relativ einfacher Übergang. Ich kannte schon viele Leute aus dem Unternehmen, sodass eigentlich alles sehr direkt funktionierte. Wir haben noch einen Berg von Arbeit vor uns - ich gebe mich da keinerlei Illusionen hin. Der Anfang war aber schon mal sehr positiv."
Frage: "Wie sehen die nächste Schritte im Rahmen deines Masterplans aus?"
Bell: "Im Moment bauen wir die Ressourcen in Enstone wieder auf. Wir haben in unserem Plan zwei Jahre dafür veranschlagt. Aktuell haben wir 470 Mitarbeiter, langfristig wollen wir an die 650 Leute beschäftigen. Es wird aber rund 18 Monate dauern, bis wir dort angekommen sind. In Viry geht es weniger um den Aufbau von Ressourcen, sondern vielmehr um eine Restrukturierung, um die Zusammenarbeit mit Enstone enger zu gestalten und so für die kommenden Jahre gut aufgestellt zu sein."
"Parallel denken wir natürlich über das Design unseres Autos nach und stellen unsere Prioritäten auf den Prüfstand. Wir müssen herausfinden, wo wir für 2017 am meisten zulegen können und gleichzeitig auch den Blick auf das Jahr 2018 haben. Es ist sicherlich ein langwieriger Prozess, bis wir dort ankommen, wo wir hin wollen. Wir müssen jederzeit gute Fortschritte machen und in allen Bereichen vorankommen."
Frage: "Welches Personal sucht ihr denn?"
Bell: "Es geht in Wirklichkeit bei der Personalsuche darum, das richtige Gemisch von Menschen zu finden. Wir müssen junges, frisches Blut mit erfahrenen Kräften zusammenbringen. Es geht darum, diesbezüglich die passende Balance zu finden. Es ist wichtig, dass man nicht vorschnell Leute anstellt, nur weil sie gerade verfügbar sind oder bei uns eine Stelle vakant ist. Wir müssen sicherstellen, dass die Zusammenstellung passt."
Frage: "Das erste Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen Enstone und Viry ist jenes Auto, das nun auf der Strecke fährt. Welche Schlüsse ziehst du aus den Testfahrten?"
Bell: "Die erste und wirklich offensichtlichste Erkenntnis: Wir haben ein starkes Team, das in der Lage war, innerhalb kürzester Zeit ein Auto zusammenzubringen! Das alles stellt naturgemäß nicht das Optimum an Integration dar, das wir uns vorstellen - aber dort werden wir hin kommen. Das Team hat Stärken und ist breit aufgestellt. In Zukunft werden wir das nur noch weiter vertiefen."
"Wir sind aktuell gut in Form. Wir haben unser Programm in Barcelona nahezu komplett abarbeiten können mit einem Auto, das dem vom Saisonstart in Melbourne fast in allen Punkten entspricht. Wir sind positiv überrascht. Auch wenn es uns an Abtrieb und Power mangelt, so ist der Wagen dennoch gut ausbalanciert, es ist konstant und lässt sich gut anpassen. Wir haben nicht viel Zeit mit der Suche nach Balance verbracht, daher können wir sicher sein, immer recht schnell auf Tempo zu kommen. Wenn wir es in Melbourne in die Top 10 schaffen, dann sind wir zufrieden."
Frage: "Welche Verbesserungen am Auto sind zu erwarten?"
Bell: "Wir müssen unsere Ressourcen im Auge behalten, uns aber tatsächlich in allen Bereichen verbessern. Auf Grundlage dessen muss man festhalten, dass so etwas mit einem gut ausbalancierten Auto immer schneller zu erreichen ist. Die wahre Performance kommt aus Balance und Fahrbarkeit. Und genau in diesen Bereichen sind uns bereits einige Fortschritte gelungen. Letztlich müssen wir uns auf jene Baustellen konzentrieren, wo wir die größten Sprünge für unser Geld erwarten dürfen."