• 22. Mai 2015 · 08:37 Uhr

Carmen Jorda im Interview: Frau, die Jungs zum Weinen bringt

Die Lotus-Entwicklerin über Vorbild Schumacher, heulende und neidische Gegner, Spielzeugautos sowie ihr hübsches Äußeres: "Auch Männer dürfen gut aussehen"

(Motorsport-Total.com) - An der Personalie Carmen Jorda scheiden sich die Geister: Die einen halten die attraktive Spanierin, die für Lotus den E23 entwickeln soll, für einen Farbtupfer in der Formel 1, die anderen ärgern sich über sie als Marketingpüppchen. Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' erklärt die 26-Jährige, wie sie mit den unterschiedlichen Reaktionen auf ihren neuen Job umgeht und offenbart dabei ihre abgeklärte Seite. Die bekam im Kinderzimmer auch ihre Schwester im Kampf um die Playstation zu spüren.

Frage: "Carmen, hast du als kleines Mädchen mit Autos oder mit Puppen gespielt?"

Carmen Jorda: "Ehrlich gesagt habe ich schon immer mit Autos gespielt. Meine Schwester hatte Puppen. Später wollte ich dann auf der Playstation immer etwas anderes spielen als sie. Wir sind völlig unterschiedlich. Als ich zwölf Jahre alt war, haben wir ein Go-Kart ausprobiert. Ihr hat es nicht gefallen, mir dafür umso mehr."

Frage: "Zwölf Jahre ist ein ziemlich später Einstieg für einen Rennfahrer."

Jorda: "Da habe ich mit Rennen angefangen. Zum ersten Mal im Kart gesessen habe ich mit neun oder zehn."

Frage: "Was für ein Gefühl war das damals, als du dein erstes Autorennen gefahren bist? Hattest du Angst?"

Jorda: "Nein, überhaupt nicht. Es war spannend und das Auto habe ich sofort geliebt. Ich mag die Geschwindigkeit und das Adrenalin im Blut."

Den Konkurrenten Kindheitstraumata beschert

Frage: "Bist du nur gegen Jungs gefahren?"

Jorda: "Es gab nicht viele Mädchen, nur eine oder zwei. Meistens war ich das einzige."

Foto zur News: Carmen Jorda im Interview: Frau, die Jungs zum Weinen bringt

Carmen Jorda auf dem Weg ins Paddock in Bahrain: Sie ist ein Blickfang Zoom Download

Frage: "Und was haben die Jungs gesagt, wenn du schneller als sie warst?"

Jorda: "Als ich zum ersten Mal auf dem Podium stand, war ich mit einer Sekunde Rückstand Zweite geworden. Der Dritte hat damals geweint: 'Oh nein, ein Mädchen hat mich geschlagen' Daran werde ich mich immer erinnern."

Frage: "Hattest du als Kind ein Idol im Motorsport?"

Jorda: "Ich war ein großer Fan von Michael Schumacher. Als ich acht Jahre alt war, ist mein Vater zum ersten Mal mit mir zum Grand Prix nach Barcelona gefahren. Ich habe damals in Foto mit ihm gemacht und er hat eine Kappe unterschrieben, die ich heute noch habe. Er war immer mein großer Held."

Frage: "Bist du traurig, dass Michael nicht miterleben kann, dass du jetzt Entwicklungsfahrerin bei Lotus bist? Würdest du gerne mit ihm darüber sprechen?"

Jorda: Natürlich würde ich das. Leider ist seine Genesung, nach allem, was man hört, noch nicht allzu weit fortgeschritten. Ich würde ihn gerne treffen, denn ich hatte nie die Gelegenheit, mich ihm vorzustellen."

Susie Wolff als Vorbild und Ansporn

Frage: "Wo wir über Idole sprechen. Denkst du, dass es für junge Mädchen, die jetzt mit dem Kartsport anfangen, gut wäre, wenn eine Frau in der Formel 1 fahren würde?"

Jorda: "Auf jeden Fall. Es wäre wichtig, wenn eine Frau in der Formel 1 fahren würde, dann sähen sie, dass es dort auch Frauen gibt. Dann würden sich bestimmt mehr Mädchen und Frauen für den Motorsport interessieren. Sie wären dann motivierter. Was ich wirklich begrüßen würde, wäre eine Weltmeisterschaft für Frauen. Dann hätten sie ein klares Ziel vor Augen. Frauen wie ich verdienen einen eigenen Platz im Motorsport, unsere eigene Meisterschaft. Es wäre toll, wenn wir gegeneinander fahren könnten."

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Selfie der spanischen Formel-1-Piloten Jorda, Merhi, Alonso und Sainz Zoom Download

Frage: "Und was ist mit Susie Wolff? Ist sie ein Vorbild für dich, weil sie schon auf eine lange Karriere zurückblicken kann?"

Jorda: "Als ich in der GP3 fuhr, war sie schon in der Formel 1. Sie ist schon seit drei Jahren in der Formel 1. Ich habe sie immer wieder gesehen, und mir gedacht: Wenn sie das geschafft hat, kannst du das auch schaffen."

Frage: "Sie ist ja in Barcelona das erste Freie Training für Williams gefahren. Wann werden wir dich im Freien Training sehen?"

Jorda: "Das ist mein erstes Jahr als Entwicklungsfahrerin bei Lotus. Wir gehen Schritt für Schritt vor. Das ist ein straffes Programm, im Simulator, aber auch was Fitness angeht. Es ist sehr wichtig, dass man dafür bereit ist. Wir haben da keine Eile. Bevor ich ins Auto steige, werde ich 20 Tage im Simulator verbringen, wo wir alles durchgehen. Ich denke, dass ich in einigen Monaten so weit bin, um das Auto zum ersten Mal zu testen. Das wird aber nicht im Freien Training sein."

Sonderschichten im Fitnessstudio

Frage: "Hast du einen festen Zeitplan für dein Formel-1-Programm, wann du zum ersten Mal den E23 testen wirst?"

Jorda: "Ich bin bei allen Grands Prix vor Ort, um einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und an den Besprechungen teilzunehmen. Es ist aber auch wichtig, dass ich regelmäßig in der Fabrik bin, wo ich eine Menge lerne und im Simulator meine Fähigkeiten verbessern kann. Wir haben einen Zeitplan, und der sieht vor, dass ich in ein paar Monaten das Auto teste."

Frage: "Du hast die Team-Meetings erwähnt. Wir verhältst du dich dort? Hörst du nur zu oder stellst du auch Fragen?"

Jorda: "Bei diesen Meetings sind vor allem die Informationen der Fahrer wichtig, denn damit kann das Team, können die Ingenieure analysieren, was mit dem Auto passiert, wie sie es verbessern können, was funktioniert hat und was nicht. Über all diese Dinge sprechen wir und geben unser Bestes für das Qualifying oder das Rennen."

Frage: "Du hast auch von der körperlichen Vorbereitung gesprochen. Musst du im Kraftraum härter trainieren als Romain oder Pastor, weil du eine Frau bist?"

Jorda: "Ich muss härter trainieren als sie, um genau so fit zu sein, denn eine Frau ist von Natur her körperlich etwas schwächer als ein Mann. Darauf muss ich mich vorbereiten."

Fluchender Ex-Teamkollege ist "wohl ziemlich neidisch"

Frage: "Du bist in Melbourne zum ersten Mal als Lotus-Fahrerin im Fahrerlager der Formel 1 aufgetaucht. Wir waren die Reaktionen?"

Jorda: "Nachdem Susie schon seit drei Jahren hier ist, sehen die Leute, dass mehr Frauen kommen. Ich denke, dass gefällt allen, denn wir erschließen eine neue Zielgruppe."

Frage: "Gab es negative Reaktionen?"

Jorda: "Natürlich gibt es immer jemanden, der einen nicht mag. Es können nicht alle Leute die gleichen Dinge mögen. Es gibt immer positive und negative (Reaktionen; Anm. d. Red.)."

Frage: "Dir ist sicherlich nicht entgangen, was dein früherer Teamkollege Rob Cregan getwittert hat. Machen dich solche Kommentare wütend?"

Jorda: "Eigentlich nicht, denn ich habe den Eindruck, dass er ziemlich neidisch ist. Was er sagt, interessiert mich nicht. Ich habe hart gearbeitet, um hier zu sein und wünsche ihm das Beste für seine Karriere."

"Mein Geschlecht wird immer eine Rolle spielen"

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In ihrer Karriere musste sich Jorda nach eigener Aussage mit Klischees plagen Zoom Download

Frage: "Eine seiner Aussagen war, dass du kein Auto entwickeln kannst. Bist du in der Lage, ein Formel-1-Auto zu entwickeln?"

Jorda: "Darauf gehe ich nicht ein, denn ich habe wie gesagt den Eindruck, dass er neidisch war, als er das geschrieben hat. Wäre ich nicht in der Lage, das Auto zu testen, wäre ich nicht hier bei Lotus."

Frage: "Hast du dich in deiner Karriere mit Klischees wie 'Frauen können nicht Autofahren' herumplagen müssen?"

Jorda: "Mein Geschlecht hat im Laufe meiner Karriere immer eine Rolle gespielt, denn für Frauen ist es in einer so von Männern dominierten Welt immer schwieriger, respektiert zu werden. Daher muss man mehr kämpfen und muss seinen Weg gehen. Wenn Lotus bei mir kein Potenzial gesehen hätte, wenn ich sie nicht von meinen Fähigkeiten hätte überzeugen können, dann wäre ich nicht hier."

Frage: "Falls du es irgendwann als Stammfahrerin in die Formel 1 schaffen würdest: Hast du Bedenken, dass die Leute dann sagen: Sie hat es nur geschafft, weil sie eine hübsche Frau ist?"

Jorda: "Davor habe ich keine Angst, denn es gibt ja auch gut aussehende Formel-1-Fahrer. Warum sollte das bei einer Frau ein Problem sein?"

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