• 10. November 2014 · 14:45 Uhr

Mallya: "Fordern ein winzig kleines Stück des Kuchens"

Vijay Mallya erklärt im Interview, was die kleineren Teams konkret von Bernie Ecclestone fordern und warum er auf den Automobil-Weltverband FIA am Zug sieht

(Motorsport-Total.com) - Seitdem Caterham und Marussia vor dem Rennen in Austin die Segel streichen mussten, wird in der Formel 1 erbittert über die Verteilung der Einnahmen gekämpft. Die drei kleineren Teams Lotus, Force India und Sauber stehen dabei den sogenannten CCB-Teams Red Bull, Ferrari, McLaren, Mercedes und Williams gegenüber, die aufgrund ihrer Vereinbarung mit dem Inhaber der kommerziellen Rechte Sonderzahlungen erhalten.

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Vijay Mallya kämpft für eine gerechtere Aufteilung der Einnahmen Zoom Download

Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' erläutert Force-India-Teambesitzer Vijay Mallya, welche Konkreten Forderungen die kleineren Rennställe an Chefpromoter Bernie Ecclestone haben und warum der von ihm vorgeschlagene Solidaritätsfond - schon aus juristischen Gründen - nicht funktionieren kann. Außerdem erklärt der Inder, warum sich auch der Automobil-Weltverband FIA um diese Angelegenheit kümmern muss.

Frage: "Herr Mallya, aktuell wird über die Verteilung der Einnahmen in der Formel 1 diskutiert. Ihr Team, aber auch andere, fordern eine gerechtere Verteilung. Was muss sich aus Ihrer Sicht ändern?"

Vijay Mallya: "Was soll ich sagen? Bernie hat in Austin mit Medienvertretern gesprochen, die daraus dann große Geschichten gemacht haben."

"Dort wurde er sinngemäß zitiert, dass er vollkommen der Meinung zustimme, dass die Einnahmen der Formel 1 nicht richtig aufgeteilt werden, dass man dies ändern müsse, er aber nicht wisse, wie er es ändern soll. Das war für seine Verhältnisse ein ziemlich offenherziges Eingeständnis. Letztlich ist aber nun einmal er der einzige, der etwas daran ändern kann. Das Konzept der CCB-Teams, die überproportional viel Geld erhalten, ist völlig falsch. Das ist keine Geschäftsgrundlage."

Wieso der Solidaritätspakt nicht funktioniert

Frage: "Nicht einmal eine rechtliche..."

Mallya: "Den gesetzlichen Aspekt habe ich noch gar nicht genauer betrachtet. Ich habe mir einige Ihrer Artikel durchgelesen und muss anerkennen, dass Sie sehr gründlich recherchiert und sich intensiv damit beschäftigt haben. Alles, was sie geschrieben haben, ist absolut nachvollziehbar. Mit dem Konzept der CCB-Teams wollte man die vier großen Teams plus Williams dazu bringen, sich bis zum Jahr 2020 einzuschreiben. Das war damals, zum Zeitpunkt des geplanten IPO (Initial Public Offering, Börsengang; Anm. d. Red.) sehr wichtig."

"Was die drei kleineren Teams gefordert haben, ist ein winzig kleines Stück dieses Kuchens."Vijay Mallya
"Wie dem auch sei, es herrscht Einigkeit darüber, dass die Einnahmen ungerecht aufgeteilt werden. Diejenigen, die dieses Problem lösen können, sind aber dieselben, die dieses System geschaffen haben. Das ist letztendlich der Inhaber der kommerziellen Rechte. Ich habe gehört, dass Bernie von den Teams, mit denen er Verträge geschlossen hat, erwartet, dass sie einen Teil ihres Geldes zurückgeben. Ich frage mich: Auf welcher rechtlichen Grundlage soll das geschehen, wenn man einmal einen Vertrag unterzeichnet hat? Wenn es also darauf hinauslaufen soll, dass die großen Teams einen Teil des ihnen zustehenden Geldes an die kleinen Teams abgeben sollen, zeichnet sich keine Lösung ab."

"Ich erkenne an, dass die Formel 1 mit Blick auf den IPO gewissen Zwängen unterliegt, die zu dieser ungerechten Verteilung der Gelder geführt haben. Nun lese ich aber, dass Ferrari einen IPO plant. Wenn Ferrari nun einen Teil seiner Einnahmen aufgibt, hat das Auswirkungen auf ihren IPO und der daraus resultierenden Wertschöpfung. So stellt sich die Situation in Wirklichkeit dar."

"Der Inhaber der kommerziellen Rechte erzielt mit der Formel 1 jedes Jahr einen gewaltigen Gewinn. Was die drei kleineren Teams gefordert haben, ist ein winzig kleines Stück dieses Kuchens. Wenn der Inhaber der kommerziellen Rechte also ein bisschen in die Tasche greifen muss, damit die Formel 1 für alle Teams, egal ob groß oder klein, zu einem nachhaltigen Geschäft wird, sollte das kein großes Problem sein."

Auch die FIA muss sich einmischen

"Was die FIA und mich als Mitglied des Motorsport-Weltrates betrifft, so bin ich dort hoffnungslos in der Minderheit. Ich kann für meine Sache kämpfen, aber dort sind sind aus der Formel 1 außer mir nur Ferrari und Bernie als Inhaber der kommerziellen Rechte vertreten. Ich leite seit 40 Jahren Unternehmen und weiß, was Interessenskonflikte bedeuten. Ich werde daher vor dem Motorsport-Weltrat nicht die Interessen von Force India vertreten, sondern vortragen, was aus meiner Sicht gut für die Formel 1 ist. Denn der FIA-Präsident erinnert und bei jeder Gelegenheit daran, dass die Formel 1 der Gipfel des Motorsports und die wichtigste Meisterschaft der FIA ist."

"Die FIA sollte daher über die Zukunft der Formel 1 also gleichermaßen besorgt sein."Vijay Mallya
"Die FIA sollte daher über die Zukunft der Formel 1 also gleichermaßen besorgt sein. Es ist nicht nur eine Angelegenheit, welche die Teams mit dem Inhaber der kommerziellen Rechte zu klären haben. Die Teams haben sich in Fragen wie der einer Kostendeckelung an die FIA gewandt, damit der Sport bezahlbarer wird. Entweder führt man einen solchen Kostendeckel ein, was die Probleme der kleineren Teams lösen würden, oder der Inhaber der kommerziellen Recht gibt den drei kleineren Teams zusätzliches Geld, welches die gestiegenen Kosten abdeckt. Man darf nicht vergessen, dass die neuen Antriebseinheiten mehr als doppelt so teuer wie die vorherigen sind. Diese Initiative haben wir der FIA zu verdanken."
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In der Formel 1 tobt der Kampf der großen gegen die kleinen Teams Zoom Download

Frage: "Und dem Vorsitzenden der Formel-1-Kommisson, der auf den Namen Bernie Ecclestone hört."

Mallya: "Absolut richtig. Ich bin mir sicher, dass bei der nächsten Sitzung des Motorsport-Weltrats in Doha (3. Dezember; Anm. d. Red.) über die Ereignisse bei den letzten Rennen gesprochen werden wird. Seit Austin und dem bedauerlichen Verschwinden zweier Teams bestimmt dieses Thema die Schlagzeilen. Das ist wirklich besorgniserregend."

"Meine Freunde aus der Geschäfts- und Finanzwelt können nicht nachvollziehen, wie ein Sport, der pro Jahr Einnahmen in Höhe von mehr als 1,7 Milliarden (US-Dollar, umgerechnet rund 1,3 Milliarden Euro; Anm. d. Red.) erzielt, nicht in der Lage sein kann, elf Teams am Leben zu erhalten."

Kleine Teams fordern 40 Millionen Dollar mehr pro Jahr

Frage: "Was fordern Sie konkret vom Inhaber der kommerziellen Rechte?"

Mallya: "Wir haben gesagt, dass wir pro Team 40 Millionen pro Jahr zusätzlich benötigen. Davon würden 30 Millionen auf einen Schlag für die Antriebe weggehen."

Frage: "Stimmt es also nicht, dass Williams und Toro Rosso auch 30 Millionen mehr verlangt haben? Sie sind auch unabhängige Teams, bei Toro Rosso hebt aber niemand die Hand."

Mallya: "Wenn sich Toro Rosso als viertes Team dieser Forderung anschließen will, dann: Willkommen auf der Party! Williams werden bereits als CCB-Team bezahlt."


Fotostrecke: Pressestimmen zum GP Brasilien

Frage: "Sie erhalten aber weniger als ein Drittel der 40 Millionen, die Sie verlangen."

Mallya: "Das ist eine Angelegenheit zwischen Williams und dem Inhaber der kommerziellen Rechte. Sie erhalten trotzdem mehr als wir. Aus welchen Grund? Nur weil sie vor vielen, vielen, vielen Jahren die Weltmeisterschaft gewonnen haben?"

Frage: "Und Mercedes bekommt deutlich weniger als Red Bull, Ferrari und McLaren."

Mallya: "Vollkommen richtig. Sie haben auch einen Grund sich zu beschweren, und ich habe gehört, dass ein Mercedes-Vertreter das gegenüber Bernie bereits zum Ausdruck gebracht hat. Man muss allerdings auch in Betracht ziehen, welche Gewinne Mercedes durch die Teilnahme an der Formel 1 und den Gewinn der Weltmeisterschaft in seinem Kerngeschäft macht."

Frage: "Und durch den Verkauf von Antriebseinheiten."

Mallya: "Natürlich, sie geben uns die Motoren ja nicht gratis."

Frage: "Vijay, Sie müssen ein sehr beunruhigter Mann sein."

Mallya: "Ich bin nicht beunruhigt. Ich bin jetzt seit sieben Jahren hier, und in der Zeit hat sich nichts geändert. Warum sollte ich mir plötzlich Sorgen machen? Ich hätte gerne einen eigenen Windkanal und möchte meine Fabrik ausbauen. Auf eine Sache bin ich wirklich stolz: Wir kämpfen gegen die großen Jungs und sind auch hier wieder in die Top 10 gefahren und haben Punkte erzielt, und das mit einem Bruchteil des Budgets und einer Ausrüstung, die im Vergleich zu den anderen fast schon als antik bezeichnet werden kann. Ich will modernisieren, und wenn ich das mache, kann ich die großen Teams schlagen. Meine Finanzen müssen mir diese Investition aber erlauben."

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