• 07. November 2014 · 09:50 Uhr

Haas: "Über das zweite Jahr denke ich gar nicht nach"

Interview mit Gene Haas: Wie viel Geld er für das amerikanische Formel-1-Team ausgeben wird und warum er nichts von Gebrauchtwaren hält

(Motorsport-Total.com) - 2016 möchte das Haas-Team in die Formel 1 einsteigen. Die FIA hat die Lizenz bereits bestätigt, ein kommerzieller Vertrag mit Bernie Ecclestone muss noch ausgehandelt werden. Den Antriebsstrang wird Ferrari liefern. Technischer Direktor des Projekts ist der Südtiroler Günther Steiner. Gene Haas selbst, angeblich um die 250 Millionen US-Dollar schwer, möchte durch das Engagement in erster Linie mehr von seinen CNC-Werkzeugmaschinen verkaufen.

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Gene Haas ist optimistisch, in der Formel 1 zumindest geschäftlichen Erfolg zu haben Zoom Download

Frage: "Herr Haas, wie schaffen Sie es, durch Ihre Motorsport-Engagements Ihre Werkzeugmaschinen zu verkaufen?"

Gene Haas: "Da wären Sie überrascht! Ich verkaufe unter der Woche Maschinen, aber an den Wochenenden fahren wir Rennen."

Frage: "Was macht Haas als Motorsport-Team eigentlich alles? Wir wissen von NASCAR, wir wissen von der Formel 1."

Haas: "Wir haben auch noch einen Offroad-Buggy, der schon seit zehn Jahren Rennen fährt. Das machen wir aber eher aus Spaß. Auch da klebt unser Name drauf, denn je präsenter dein Name ist, desto besser fürs Marketing. Außerdem ist es bei Leuten im Motorsport wesentlich wahrscheinlicher, dass sie eine meiner Maschinen kaufen, als beim Rest der Bevölkerung. Und wir bestreiten auch noch einige Sprint-Autorennen, in erster Linie für junge Fahrer."

Frage: "Wie ist der aktuelle Stand des Formel-1-Projekts?"

Haas: "Ich finde, wir kommen gut voran. Wir haben viele rechtliche Dinge aus dem Weg geräumt, was Firmen- oder Steuerpräsenz in Italien, dem Vereinigten Königreich oder den Vereinigten Staaten angeht. Der nächste Punkt auf unserer Liste ist, einen Standort in Großbritannien zu finden, von dem aus wir unsere Logistik erledigen. Wir haben gerade angefangen, mit Ferrari zu arbeiten, und finden gerade heraus, was wir tun werden, was sie tun werden, wie sie uns mit verschiedenen Ausrüstern helfen können."

Chassisberatung durch Dallara und Ferrari

Frage: "Warum zahlen Sie in Italien Steuern?"

Haas: "Überall, wo man ein Business betreibt, muss man Steuern zahlen. Sie möchten sicherstellen, dass du ein Rechtsträger bist. Wir werden dort Leute anstellen. Denen muss man natürlich auch ein Gehalt bezahlen."

Frage: "In Italien? Eure Motorenleute sind bei Ferrari stationiert, oder wie darf man sich das vorstellen?"

Haas: "Nicht ganz. Ferrari stellt die Motorenleute selbst, aber wir brauchen auch eigene Leute, weil die Chassisentwicklung wohl dort anfangen wird."

Frage: "Es sind eure Leute, in der Chassisentwicklung beraten von Ferrari?"

Haas: "Ein bisschen. Wir nutzen aber auch Dallara als Berater."


Gene Haas im Interview

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Teamchef Gene Haas spricht über seine Pläne für die Gründung eines amerikanischen Formel-1-Teams ab 2016 Weitere Formel-1-Videos

Frage: "Wo wird das Auto letztendlich gebaut? In Kannapolis?"

Haas: "Wir haben unsere eigenen Ingenieure für die CAD/CAM- und CFD-Arbeit. Vieles davon wird standardmäßig in Kannapolis gemacht werden. Weil wir am Anfang keine eigene Kohlefaser-Produktion haben, werden wir zum Großteil auf Zulieferer setzen müssen. Aber es gibt viele gute Leute dafür."

Frage: "Ihr Partner Günther Steiner hat doch eine genau darauf spezialisierte Firma."

Haas: "Ja. Irgendwann werden wir auch damit anfangen, Karbonfaser-Teile selbst zu bauen. Eine große Aufgabe für die Fabrik wird dann sein, Modelle für den Windkanal zu bauen. Auch da wollen wir dorthin gehen, dass wir unseren eigenen Windkanal dafür nutzen."

Frage: "Was haben Sie sich für die ersten Jahre für Ziele gesetzt?"

Haas: "Zu sagen, dass man im zweiten oder dritten Jahr Rennen gewinnen wird, ist ziemlich einfältig. Wenn wir auch nur ein Rennen innerhalb von fünf Jahren gewinnen könnten, wäre das der absolute Hammer! Im ersten Jahr geht es vermutlich nur um Logistik und Zuverlässigkeit. Man muss herausfinden, wie alles funktioniert, man muss zu den Rennen auftauchen und sicherstellen, dass keine Teile von den Autos fallen. Über das zweite Jahr denke ich noch gar nicht nach."

Fahrerfrage stellt sich in spätestens einem Jahr

Frage: "Und wie sehen die Pläne für das kommende Jahr aus?"

Haas: "Wir werden unsere Gebäude zum Laufen bringen, wir werden viel über die Arbeit mit unserem Partner Ferrari lernen - und zu diesem Zeitpunkt im nächsten Jahr sollten wir vielleicht auch schon auf unsere Fahrerpaarung schauen."

Frage: "Sind Sie mit dem, was Sie bislang erreicht haben, im Soll?"

Haas: "Ja, aber der Großteil liegt noch vor uns. Bislang haben wir im Grunde den Spielplan erstellt. Vor einem Jahr haben wir mit dem Bau unseres Gebäudes begonnen. Seitdem steht unser Konzept. Vielleicht ein oder zwei Monate später ging es dann richtig los. Unsere ursprüngliche Vision war, eine Fabrik zu bauen, in der wir alles selbst machen können, außer den Antriebsstrang von Ferrari. Aber nach ein paar Monaten war klar, dass das nicht funktioniert. Also muss man flexibel sein und sich ändern können."

Frage: "In den vergangenen Wochen gab es viele Diskussionen über die Zukunft der Formel 1. Von drei Autos bis zu Kundenteams war alles dabei. Inwiefern hat Sie das beeinflusst?"

Haas: "Es hatte überhaupt keine Auswirkungen. Die Teams im Hinterfeld haben immer Probleme. So ist es nun einmal. In jeder Serie kommen und gehen die hinteren Teams. In der NASCAR haben wir das ebenfalls, dort bekannt als 'start and park'. Aber dass Teams am hinteren Ende Probleme haben, sich aus dem Geschäft zurückziehen und dann neue Teams kommen, kommt im Motorsport ziemlich häufig vor."


Günther Steiner im Interview

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Technikchef Günther Steiner spricht über seine Pläne für die Gründung eines amerikanischen Formel-1-Teams ab 2016 Weitere Formel-1-Videos

Frage: "Finden Sie die Verteilung der Einnahmen unter den Teams ungerecht? In der NASCAR bekommt jedes Team für einen zehnten Platz das Preisgeld für den zehnten Platz. In der Formel 1 bekommt Ferrari für einen zehnten Platz mehr Geld, als jedes andere Team bekommen würde."

Haas: "Jetzt wird's aber politisch! Wir sind die Neulinge hier, von daher kann ich gar nicht so viel darüber sagen. Wir kennen die Regeln, wir haben sie akzeptiert und wir werden darunter fahren."

"Ich denke, dass wir uns besser anstellen können. Viele neue Teams waren im Grunde einfach Milliardärs-Spielzeuge, mit denen Schindluder getrieben wurde, weil man Vorteile daraus ziehen kann, in dieses Geschäft zu kommen. Wir machen so etwas aber nicht. Wir springen nicht in die Löwengrube und sagen, dass wir mal dort 100 Millionen hier und mal dort 100 Millionen dort ausgeben. Ich denke, wir können das mit einem vernünftigen Budget regeln."

Ken Anderson war keine Lachnummer

Frage: "Ken Anderson, der Gründer von US F1, war kein Milliardär."

Haas: "Ken Anderson hatte Träume. Ich war von seinen Plänen ehrlich beeindruckt. Man konnte sehen, dass er es wirklich versuchen wollte. Vielleicht hat er darauf gehofft, dass irgendwo eine Tür aufgeht, die dann nicht aufgegangen ist. Darauf warten wir nicht, sondern wir öffnen uns die Türen selbst. Und wir werden sicher kein unlimitiertes Budget haben."

Frage: "Was für ein Budget streben Sie denn an?"

Haas: "Ich möchte das nicht verraten, denn wenn ich es Ihnen erzählen würde, würde uns jeder auslachen. Unser Modell sieht vor, dass wir das notwendige Geld zum Rennfahren ausgeben werden. Wir werden aber kein Geld verschwenden!"

Foto zur News: Haas: "Über das zweite Jahr denke ich gar nicht nach"

Günther Steiner hat in der Formel 1 schon für Jaguar und Red Bull gearbeitet Zoom Download

Frage: "Nur eine ungefähre Angabe?"

Haas: "Rund 120 Millionen Dollar."

Frage: "Das liegt im Bereich von Williams, und die sind WM-Dritter."

Haas: "Wirklich? Es ist ja ganz einfach, wenn man nur die Zahlen zusammenzählt. Die Motorenrechnung beträgt ungefähr 25 Millionen Euro. Der Reifenvertrag kostet eineinhalb Millionen pro Jahr. Dann hat man Transportkosten für die Crew und Gehalt. Man kann locker 60 Millionen Dollar nur für die Grundlagen ausgeben. Wir müssen keinen Windkanal kaufen, weil wir bereits einen besitzen, und wir haben eine Fabrik in North Carolina. Wir haben also ein paar Vorteile, aber es gibt auch ein paar Fixkosten."

Frage: "120 Millionen Dollar sind wahrscheinlich nicht genug, um Weltmeister zu werden, aber richtig ausgegeben müsste es reichen, um in die Punkteränge zu fahren."

Haas: "Wir werden sehen. Ich habe ja gar nicht gesagt, dass wir das tatsächlich ausgeben werden, aber wir rechnen damit. Mal sehen, ob wir drunter bleiben oder drüber kommen. Es ist nicht so, dass ich sage: 'Hier sind 120 Millionen Dollar. Jetzt geht Rennen fahren.' Ich schätze lediglich, dass es so viel kosten wird. Aber wir wollen sicherstellen, dass es auch gut genutzt wird."

Sponsoren und FOM primäre Einnahmequellen

Frage: "Wer stellt das Geld zur Verfügung? Nur Sie?"

Haas: "Wir werden Geld von überall her nehmen. Wenn Sie dazu beitragen möchten, dann nehmen wir auch Ihr Geld! Offensichtliche Einnahmequellen sind Sponsoren und das Geld der FOM. Wenn wir uns in zehn Jahren gut schlagen, könnten wir vielleicht sogar Geld verdienen, wer weiß? Die Formel 1 hat großes Potenzial, noch mehr Einnahmen zu generieren - besonders wenn man ein Publikum wie in den USA finden kann. NBC ist sehr zuversichtlich, dass die Formel 1 gute Einnahmen bringen wird. Wenn Bernie noch mehr Geld erwirtschaftet, wird er uns vielleicht ein paar Pennys abgeben."

Frage: "Sind Sie besorgt über den derzeit so schlechten Ruf der Formel 1?"

Haas: "Vielleicht macht es den Sport besser, weil die Leute die Angewohnheit haben, zu schauen, was vor sich geht. Wenn es nichts gibt, worüber man reden kann, dann wird auch nicht über dich gesprochen."


Bau der Haas-Formel-1-Fabrik im Zeitraffer

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  Weitere Formel-1-Videos

Frage: "Auch schlechte Publicity ist Publicity."

Haas: "Da ist was Wahres dran. Warum gibt es so viel Medienaufruhr über zwei Teams in finanziellen Problemen? Eines hat doch immer Probleme. Und ich sage voraus, dass Marussia zurückkehren wird."

Frage: "Ihre Nennung wurde von der FIA bereits akzeptiert. Aber haben Sie schon einen Deal mit dem Inhaber der kommerziellen Rechte?"

Günther Steiner: "Wir haben noch keinen Deal."

Frage: "Denn Marussia hatte ein Jahr lang keinen Vertrag und hat in dieser Zeit keinen Cent gesehen."

Haas: "Wir erwarten gar kein Geld, wenn wir eine schlechte Leistung abliefern. Wir wollen es uns verdienen - und das werden wir tun. Aber vielleicht hat das ganze Tohuwabohu um die kleineren Teams etwas Gutes und es wird mehr an eine gerechte Verteilung der Einnahmen gedacht. Du musst Hotelzimmer bezahlen, Mietautos, Flugtickets."

Lieber neues Material als Gebrauchtwaren

"Ich denke, die Formel 1 will mindestens zehn professionelle Teams, die Woche für Woche fahren und eine gute Show abliefern. Wenn wir schlecht fahren, verdienen wir es auch nicht, hier zu sein."

Frage: "Haben Sie schon einmal daran gedacht, Material oder Standorte von einem der Teams in finanziellen Schwierigkeiten zu erwerben?"

Haas: "Nein. Nehmen wir als Beispiel die LKWs. Die sind alle fünf Jahre alt. Wenn wir einmal zehn Jahre im Geschäft sind, haben wir lieber zehn Jahre unser brandneues Material genutzt und werfen es dann weg."

"Ich weiß nicht, warum alle etwas Gebrauchtes kaufen müssen."Gene Haas
"Man muss auch bedenken: Man kauft etwas Gebrauchtes, aber wenn man vom Hersteller mal etwas will, stößt man auf taube Ohren. Da geht man doch lieber zu dem Typ, der es neu herstellt, und schlägt einen guten Deal heraus. Ich verkaufe Werkzeugmaschinen. Ich weiß nicht, warum alle etwas Gebrauchtes kaufen müssen. Denn alles, was man bekommt, ist eine verbleibende Lebenszeit von irgendetwas. Wenn man es neu kauft, bekommt man ein viel besseres Produkt auf dem aktuellen Stand der Technik."

Frage: "Was ist mit der Marussia-Fabrik in Banbury, wäre die nicht interessant?"

Haas: "Wollen das nicht irgendwelche indischen Engländer kaufen? Das Problem ist, dass man mit so etwas immer irgendwelche Altlasten übernimmt und erst rechtliche Probleme ausgeräumt werden müssen. Was ich nicht verstehe ist, warum Multimilliardäre ihre Mitarbeiter nicht mehr zahlen können. Das leuchtet mir einfach nicht ein. Wenn es nicht mehr geht, dann musst du halt rechtzeitig zusperren."

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