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Bottas im Interview: "Zeige bei Williams jetzt mehr Autorität"
Williams-Aufsteiger Valtteri Bottas im Interview: In welchem Bereich er sich am meisten entwickelte, was zum Sieg fehlt und wieso er für eine Führungsrolle bereit ist
(Motorsport-Total.com) - Im Vorjahr kam Valtteri Bottas in seiner Formel-1-Debütsaison nicht über Platz 17 hinaus, dieses Jahr kämpft er plötzlich in der absoluten Weltspitze um Podestplätze. Der 25-jährige Finne ist die Symbolfigur des Williams-Aufstiegs und hat mit Teamkollege Felipe Massa den Vizeweltmeister von 2008 im Griff. Wie er vom Statisten zum begehrten Mann der Zukunft wurde, wer der Hauptverantwortliche für das Williams-Comeback ist und in welchem Bereich er im Vergleich zu 2014 die größten Fortschritte gemacht hat, verrät er im 'Motorsport-Total.com'-Interview.
Frage: "Valtteri, du erlebst gerade eine tolle Saison. Hättest du vor einem Jahr damit gerechnet, dass es so laufen würde?"
Valtteri Bottas: "Nun ja, wir wussten alle, dass wir uns verbessern können. Und im Winter waren wir sehr zuversichtlich, dass uns die Reglementänderungen dafür die Gelegenheit geben würden. Dass der Schritt aber so groß sein würde, das war eine positive Überraschung. Beim Testen haben wir gesehen, dass wir schnell sind, aber Tests sind Tests. In Melbourne haben wir dann unter Rennbedingungen gesehen, wie schnell unser Auto ist. Das war ein sehr gutes Gefühl, denn wir hatten eine gute Ausgangssituation. Wir wussten, dass die Saison lang ist und da noch viel kommen kann."
Frage: "Jeder Rennfahrer hat als Kind Träume. Irgendwann träumt man von der Formel 1, dann vom Podestplatz, vom Sieg, vom WM-Titel. Hättest du dir vor einem Jahr gedacht, dass du ein regelmäßiger Podest- und Pole-Position-Kandidat sein könntest?
Bottas: "Im Vorjahr war das kaum vorstellbar, das stimmt. Wir waren ungefähr dort, wo jetzt Sauber ist. Eigentlich noch schlechter - zwischen dem Mittelfeld und Caterham und Marussia. In Melbourne wusste ich aber, dass es möglich ist. Die Saison ist viel kurzweiliger als im Vorjahr."
Frage: "Wenn wir bei den Träumen bleiben: Ist es realistisch, jetzt von Siegen zu träumen?"
Bottas: "Hmm... (überlegt) Ich würde sagen, dass es dieses Jahr mit Glück zugehen müsste, denn unser Tempo ist noch nicht gut genug. Man weiß aber nie, was passiert, also können wir davon träumen. Wir wollen aber dafür sorgen, dass das nächstes Jahr realistischer sein wird."
Frage: "Du meinst damit: Ein Sieg wäre möglich, wenn bei den anderen etwas schief läuft?"
Bottas: "Ja."
Frage: "Aber nächstes Jahr wollt ihr euch Siege verdienen..."
Bottas: "Exakt."
Frage: "Was weißt du bereits über das nächstjährige Auto?"
Bottas: "Es wird nicht viele Änderungen beim Reglement geben - nur Kleinigkeiten. Demnach zu urteilen, was ich in Hinblick auf die Weiterentwicklung gesehen habe, wollen wir einen Schritt nach vorne machen. So ein großer Schritt wie von 2013 auf 2014 wird schwierig, aber hoffentlich kommen wir näher an die großen Teams heran und können mit ihnen um Siege kämpfen."
Frage: "Du spielst eine große Rolle in der Auferstehung von Williams, aber es gibt auch andere Elemente wie Pat Symonds, etc. Was war der Hauptgrund für den Aufschwung?"
Bottas: "Es gibt viele Gründe. Wenn ich einen nennen müsste, dann wäre es Pat. Er hat viele Leute teamintern in andere Positionen gebracht. Wir arbeiten in der Fabrik jetzt viel effizienter, und er hat dafür gesorgt, dass Rob (Smedley, Anm. d. Red.) zu uns gestoßen ist, hat neue Leute geholt und ihnen die richtigen Aufgaben gegeben. Alles läuft jetzt viel effizienter als früher."
Frage: "Du bist in der Formel 1 mit Williams aufgewachsen. Deine Herangehensweise baut also auf dem auf, was du vergangenes Jahr erlebt hast. Felipe hat klarerweise viel mehr Erfahrungswerte von unterschiedlichen Teams. Hat es dir die Augen geöffnet, wie das Team nun verglichen mit dem Vorjahr arbeitet?"
Bottas: "Ja. Wir wussten natürlich, dass wir uns in vielen Bereichen verbessern mussten - wie die Mechaniker arbeiten, bei der Strategie, wer die Anweisung zum Boxenstopp gibt, wie die Stopps durchgeführt werden, so viele Dinge. Alles ist nun auf einem besseren Niveau. Und selbst im Vergleich zum ersten Saisonrennen sind wir jetzt viel selbstbewusster und insgesamt als Team stärker. Im Vorjahr hatte ich meine erste Saison, und da wusste ich nicht, wie gut ein Team funktionieren kann."
Frage: "Konntest du im Vorjahr erkennen, dass es Probleme gab, obwohl du ja keine Erfahrungswerte hattest?"
Bottas: "Ja, wir haben gesehen, dass es Probleme gibt. Ein Beispiel war die Herangehensweise in der Fabrik, denn ein großer Unterschied zum Vorjahr sind die Updates. Wir haben im Vorjahr so viele Teile in kurzer Zeit gebracht, aber 50 Prozent davon haben nicht funktioniert. Jetzt wird alles viel besser geplant, und alles, was wir beim Auto verwenden, macht, was es machen sollte."
Frage: "Bist du erfahren genug, um zu erkennen, wo sich das Team verbessern muss?"
Bottas: "Nun ja - wenn ich dieses Jahr mit dem Vorjahr vergleiche, dann ist mir klar, dass man immer viel verbessern kann. Es gibt kein Limit. Speziell bei der Aerodynamik haben wir als Team noch viel Arbeit vor uns. Red Bull ist ein gutes Beispiel: Wir haben diesen Motorenvorteil, und trotzdem sind sie auf gewissen Strecken viel schneller als wir. Daher ist mir klar, dass wir da noch viel Luft nach oben haben."
Frage: "Wenn ich dich heute mit dem Valtteri Bottas von Februar 2013 vergleiche, dann fällt mir auf, dass du unglaublich gereift bist. Wenn Felipe morgen sagen würde, dass er zurücktritt, wärst du bereit, das Team zu führen?"
Bottas: "Ja. Aber ich glaube nicht, dass Felipe irgendwohin gehen wird. Ich würde nicht sagen, dass derzeit einer das Team führt."
Frage: "Sollte das der Fall sein?"
Bottas: "Ich weiß nicht. Wenn es so wäre, dann wäre das okay für mich."
Frage: "Normalerweise gibt es in einem Team eine Führungsfigur. Man muss sich nur Ferrari ansehen. Und auch in der Williams-Geschichte war es so - mit Nigel Mansell oder Ayrton Senna. Wärst du bereit, diese Position einzunehmen?"
Bottas: "Warum nicht? Klar - auf jeden Fall."
Frage: "Und wie willst du das erreichen?"
Bottas: "Indem ich das tue, was ich gerade mache: alles aus dem Auto herausholen, und ein so klares Feedback zu geben, wie nur möglich. Und auch eine gewisse Strenge und Geradlinigkeit mit dem Team ist wichtig: Ich sage, was meiner Meinung nach wirklich verbessert werden muss, und gebe mein Bestes."
Frage: "Du zeigst deine Autorität."
Bottas: "Ja. Ich glaube, dass ich mich diesbezüglich im Vergleich zum Vorjahr wirklich verbessert habe. Gut, das war mein erstes Jahr, da habe ich viel gelernt. Natürlich lerne ich auch jetzt noch, aber jetzt kann ich direkter sagen, was wir meiner Meinung nach beim Setup machen müssen, was meiner Meinung nach das Beste ist. Ich werde da selbstbewusster, sammle Erfahrung, und dadurch fühlt es sich natürlicher an."